ENGINEERING ELVIS
Tech-Talk mit Elvis' Bühnentoningenieur der 70er Jahre
Detailierte technische Info und menschliche Hintergründe zum Konzertjahrzehnt!
Von Peter Schittler
Dieser Artikel erschien erstmals im mittlerweile vergriffenen BIB #2 im August 1992.
Bill Porter, der 1959 begonnen hatte, für RCA zu arbeiten, war das erste Mal bei der März Session im Jahr 1960 für Elvis tätig. Bill erinnert sich, daß Elvis die meisten Songs sehr rasch eingespielt hatte und in der Regel nur 4 oder 5 warm-ups und 2 oder 3 komplette Takes pro Lied benötigte. Die Ausnahme dabei war It's Now Or Never: "Elvis hat mir nicht erlaubt, ein Master zu-sammenzu-schneiden und wir haben acht oder neun vollständige Versuche eingespielt." Anzumerken bliebe noch, daß Elvis niemals Bänder der Sessions mit nach Hause nahm, weil RCA sehr mißtrauisch war und das nicht gerne sah. Was haben die Intelligenzbolzen erwartet? Daß Elvis selbst Bootlegs produziert?
Bill Porter war nur an einem einzigen Film-Soundtrack - Follow That Dream - beteiligt - darauf ist er heute nicht unbedingt stolz, kann aber gerade deshalb das Jahrzehnte alte Rätsel um die fürchterliche Tonqualität aufklären: Bill gibt zu, die Aufnahmen absichtlich verpatzt zu haben - er sei damals noch sehr jung und jähzornig gewesen und die Produzenten des Filmes seien nicht unbedingt freundlich oder kooperativ gewesen, worauf er aus lauter Ärger über diese Behandlung alles in Mono und nachlässig aufgezeichnet habe. Bill Porter merkt an, daß Filmproduzenten eine für Hifi-Freaks extrem ungünstige Vorstellung bezüglich der Darstellung von Musik im Film generell hatten, was sich erst im Laufe der letzten Jahre gebessert habe. Über die Hollywoodjahre hinweg verlor Bill den Kontakt zu Elvis. Er arbeitete erst 1969 wieder für Elvis und war mitverantwortlich für den Sound der Memphis-Sessions in den American Studios bei Chips Moman. Bill Porter ist es auch, der das heute schon zur Geschichte gewordene fade-in und fade-out bei Suspicious Minds und auch die beiden verschiedenen Versionen (Single und LP) zu erklären vermag!
Die Aus- und Wieder-Einblendung war eine Idee von Felton Jarvis: "Felton wollte, salopp gesagt, den Disc Jockey's, die es gewohnt waren, in das Ende von Liedern hineinzusprechen, ein Ei legen - es war ein Gag! Wir hatten in Memphis ein 8-Spur-Band aufgenommen. Felton brachte es mit nach Vegas und kam damit in mein Studio, weil er die Bläser-Overdubs erledigen wollte. Ich sagte, wir können Overdubs und Mixing in einem Aufwaschen machen, Felton sagte, daß wir das nicht können. Jedenfalls endete die ganze Sache schließlich so, daß wir zwei Abmischungen, eine für Stereo und eine für Mono, gesondert anfertigten."
Felton Jarvis, der Elvis zu jedem Konzert begleitete, war im Grunde genommen sein Record Producer und ziemlich arbeitslos auf den Tourneen. Elvis benötigte einfach jemanden, der den Kontakt zu den verschiedenen Mitgliedern seines Teams aufrecht hielt und der die Zeit hatte, mit ihm zu plaudern (und, wie wir alle seit der 8-LP-Box ELVIS ARON PRESLEY wissen, Aufnahmen zu machen). Als Produzent wird Felton von allen Seiten höchstes Lob ausgestellt - künstlerisch war er nicht unbedingt ein Maßstab, seinen Job als Organisator versah er jedoch bestens und er verstand es prächtig, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute zusammenzutrommeln. Seine liebe Not hatte Felton ausschließlich mit Elvis, der bei den Aufnahmen im Studio spazierenging und es auch mit dem Mikrofon nicht allzu genau nahm. Aus tontechnischer Hinsicht entwickelten sich etliche der Aufnahmen der letzten Jahre zu wahren Katastrophen und Felton übergab die Bänder an Brent Maher, einen RCA Mann aus Nashville, der versuchen sollte, einige der Aufnahmen zu retten. Tatsächlich hat dieser, ohne jemals in irgendeiner Art und Weise auf LP's oder auch nur RCA-In-House-Notizen vermerkt worden zu sein, eine größere Anzahl Elvis-Originalbänder der 70er Jahre abgemischt, befand sich schließlich auch im Jänner 1977 im Studio in Nashville und wartete auf Elvis. Bill Porter war damals nicht anwesend und kann sich nur auf die Aussage von Brent Maher verlassen, der ihm gesagt hat, daß aus dieser Session nichts wurde.
Nach Memphis 69 kam gleich die nächste Herausforderung an den Sound-Wizard Porter: Das International. Elvis hatte Bill angerufen und gefragt, ob er nicht beim Sound helfen könne. Porter stand der Sache eher zweifelnd gegenüber und veranschaulichte Elvis in relativ deftigen Worten, daß er absolut nichts von Live-Sound verstehe. "Ich kann dir versichern, du weißt mehr als die Leute hier!" war Elvis' letztes Wort und damit war die Entscheidung gefallen. Bill eilte nach Vegas und stellte im Showroom des International Hotel fest, daß das Equipment ziemlich veraltet war. Von den mageren drei Alta Monitoren, die hoch über der Bühne hingen, funktionierte nur noch einer und die Boxen waren auch nicht unbedingt erste Wahl. Bill baute seine eigenen an der Seite der Bühne auf. Er brachte seinen Shure Vocal Master mit, verband Elvis' Mikro damit und fütterte so das Haussystem. Elvis war überwältigt:"God, I can hear!"
Bill kümmerte sich auch um sämtliche anderen Mikrofone auf der Bühne (etwa 40 bis 45 Stück) selbst und die Resultate mußten Elvis schwer beeindruckt haben, denn er teilte ihm mit, daß er ihn von nun an bei jeder Show dabei haben wollte. So war es auch selbstverständlich, daß er während der Dreharbeiten zu That's The Way It Is Elvis' Toningenieur war. Während Elvis mit Bill Porter's Arbeit hochzufrieden war, ärgerte er sich maßlos über den Ton im Film - der, wie Elvis kurz und bündig sagte, einfach lausig war und manchmal mit Bill darüber sprach, wie unfähig die Leute von MGM waren, den fantastischen Output des Elvis-eigenen House-Systems für die Kinofassung zu nutzen. Trotzdem hat der Film ein einmaliges Erlebnis technischer Hinsicht festgehalten: Ein kabelloses Mikrofon im Jahre 1970 - es war ein Gerät der Marke Edcor aus Salt Lake City und Elvis benutzte es nur in einer einzigen Show! Das Problem lag damals in der Lebensdauer der Batterie.
Als Denis Sanders am 9.September 1970 mit MGM nach Phoenix, Arizona, kam, um das erste Konzert der ersten Elvis-Tournee der Siebziger Jahre zu filmen, war auch Bill Porter zu Stelle. Er war hocherfreut über Elvis' Mannschaft:"Es war alles minutiös geplant und lief wie am Schnürchen. Sicherheit war groß geschrieben und sämtliche Vorkehrungen funktionierten einwandfrei. Es war eine wirklich unübliche Gruppe. Sie konnten locker und ausgelassen sein, aber wenn's drauf ankam, arbeitete jeder einzelne hart und präzise, eine höchst effektive, professionelle Mannschaft, Erste-Klasse-Leute - kein und, kein wenn, kein aber."
Elvis plauderte viel mit Bill vor, nach und während den Shows. Er interessierte sich auch für Bill's Arbeit und diskutierte vor jeder einzelnen Show die örtlichen Gegebenheiten durch. Porter kann sich auch an die zahlreichen Fans erinnern, die mit Klein- und Kleinst-Geräten versuchten, die Shows auf Audio und Video zu bannen. Sein eigenes Equipment auf den Tourneen ist ihm nur mehr teilweise im Gedächtnis. Er verwendete ein Sound Board mit 4-Kanal-Output. Der Input kam über 24 Kanäle mit 4 Untergruppen. Bill legte die Background-Sänger auf einen Kanal, das Schlagzeug auf einen weiteren, die restliche Band auf den dritten und auf den vierten nur Elvis' Stimme. Welche Monitore verwendet wurden, lag in der Verantwortung des Australiers Bruce Jackson, der für Elvis ein System aufgebaut hatte, which nearly knocked him down on stage.
Porter war es auch, der für die Akustik der Aloha From Hawaii Show verantwortlich zeichnete. Er probte mit Band und Orchester Mittwoch und Donnerstag, Elvis kam Freitag an, dann fand die mittlerweile von Aloha Rehearsel in Alternate Aloha umgetaufte Generalprobe und Sonntag das eigentliche Special statt. Eine weitere Probe seines Könnens mußte er am 31.12.1975 in Pontiac, Michigan, ablegen. Bruce Jackson war wieder mit dabei und das Lautsprechersystem wurde von Claire Brothers Audio konfiguriert. Porter's Platz befand sich ganz hinten und er und die Crew benötigten eine komplette Woche, um das Sound-System für den riesigen Platz vorzubereiten. Außerdem kann er sich noch genau erinnern, daß Ronnie Tutt es nicht leiden konnte, in großen Stadien zu spielen, obwohl der Sound schließ´lich so perfekt wie immer war.
Bill Porter war kein Freund von Colonel Parker - dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Er war einer von denjenigen, die Parker nicht einfach einkaufen konnte, weshalb dieser versuchte, ihn von Elvis fernzuhalten. Für die April 72 Tournee während der Dreharbeiten zu Elvis On Tour gelang es dem Colonel auch tatsächlich, jemanden von RCA zu verpflichten, der mit Clair Brothers Audio für den Sound verantwortlich war; Bill Porter wurde erst gar nicht verständigt und so ist ein Teil dieser Tour der einzige Zeitraum, in dem er nicht mit Elvis on the road war. Porter befand sich gerade in Las Vegas und hatte Bill Cosby in seinem Studio, als Joe Esposito anrief. Bill schildert das Telefonat und die folgenden Ereignisse:
"Es gab jede Menge Probleme. Der Typ von RCA konnte vor allem das unangenehme Feedback nicht beseitigen - und wenn Elvis etwas auf der Bühne haßt, dann ist es Feedback... Elvis sagte, holt Bill her, und Joe entgegnete ihm: "Der ist nicht da!" Elvis wurde daraufhin hellhörig:"Was meinst du damit - er ist nicht da?"
"Nicht engagiert!" erklärte Joe:"Der Colonel hat einen Burschen von RCA verpflichtet, der mit der Hardware von Clair Brothers Audio nicht zurecht kommt."
Dann meinte Joe, Elvis habe darauf gesagt, "Ich will ihn! Punkt! Aus!"
Schließlich reichte Joe den Hörer weiter und Elvis war am Apparat; er sagte, er würde mich persönlich bezahlen. Ich entgegnete, das wäre o.k., aber was wird der Colonel sagen? Später hat Elvis Parker angerufen, ihn kräftig in den Arsch getreten (Originalzitat) und gesagt, "Wenn du jemals wieder mit irgendjemanden von meiner Crew Mist baust, kriegen wir beide ernste Probleme!"
Als ich dann wieder zu Elvis' Tour-Mannschaft stieß, war Tom Diskin gerade hektisch beschäftigt, die Wogen zu glätten..."
Bill weiß auch noch, daß der Colonel, der sowieso jeden Cent umdrehte und die Versicherungskosten, die ihm von Tom Hulett im Auftrag von Concert West angelastet wurden, mit Argusaugen kontrollierte, einer Herzattacke nahe war, als der Fahrer der Clair Brothers eines Nachts auf dem Weg von Macon nach Thomasville am Steuer einschlief und das gesamte Equipment mit dem Truck umstürzte. Doch auch Bill Porter hatte eine ziemlich hektische Zeit, in aller Eile ein System zusammenzubasteln, das eigentlich nur für eine Arena mit 12000 Leuten ausreichte, aber schließlich für 18000 Fans herhalten mußte...
Auch die extrem schlanken Mikrofone, die Elvis hauptsächlich ab etwa 1976 benutzte, kann Bill Porter erklären. Die Stamps hatten einige der ersten Kondensator Mikrofone, die in den Vereinigten Staaten hergestellt wurden, mitgebracht. Der Hersteller war eine Firma namens Syncron. Diese Geräte hatten vor allem im Low-End-Bereich ein erweitertes Frequenz-spektrum. Elvis hatte Bill sehr oft gesagt, wie gerne er Baß singen würde. Er liebte er diese Mikrofone wegen ihrer Baß-Unterstützung. Das Problem war nur, daß keine zwei gleich waren und daß sie vor allem für Feedback sehr anfällig waren. Als endlich ein neues EV Condenser Mic auf den Markt kam, das CS15, welches auch heute noch häufig eingesetzt wird, war Elvis überglücklich. Bill Porter erklärt: "Das CS15 hatte einen extrem erweiterten Bereich in den unteren Frequenzen - 50 Hertz werden hochgepusht mit 15DB. So kann z.B. J.D. zwei Noten unterm Klavier singen. Ich selbst hatte sie bei Elvis über das Mischpult bei diesem Frequenzgang dann auf 25DB geführt, denk mal über den Effekt nach! Grundsätzlich sollten Lautsprecher bei Konzerten immer am Saalboden oder auf der Bühne stehen, um den Baß gut rüberzubringen, wir jedoch hatten sie hängend, wir "flogen" sie, wie man sagt. Wir hatten also ein "fliegendes" System und trotzdem konnten wir die Stühle von der Halle wegblasen - Elvis liebte dies über alles, es war wie ein Erdbeben."
Auch über das CBS TV Special von 1977 kann Bill Porter einiges berichten. Er und die gesamte Crew erfuhren allerdings erst zu Beginn von Elvis' letzter Tournee davon. Elvis sprach nicht viel darüber, legte seine Einstellung dazu Bill gegenüber nicht offen - ein paar Scherze über die TV-Leute, und das war's. Bill vermutet, daß die Rekorde, die Elvis überall brach, ein Grund dafür waren; der "Erfolg" eines Konzertes muß in kommerzieller Hinsicht nicht die Anzahl der Besucher messen, sondern die Auslastung der Halle - was nützt es, 35 000 Besucher zu haben, wenn das Konzert in einem Stadion für 70 000 stattfindet und das Tourneemanagement natür-lich die Miete für das gesamte Stadion, d.h., bildlich gesprochen, auch für die leeren Sitze, bezahlen muß? Elvis spielte damals ununterbrochen mit 100 Prozent Auslastung in Hallen, die in den 90er Jahren von Leuten wie den Rolling Stones, Madonna oder Paul McCartney zu maximal 70 Prozent gefüllt werden konnten. Aber weder zu Elvis' Zeiten noch vorher gab es jemanden, der derartige Massen anziehen konnte und dies war einer der Gründe für das Special aus Bill Porter's Sicht.
Ein weiterer Grund war Dr. Nick, der laut Bill's Aussage Elvis in der ersten Hälfte des Jahres 1977 immer heftiger dazu drängte, seine Tourneeaktivität einzustellen; auch CBS war angeblich darüber informiert und wollte noch rasch ein Special vor der von Dr. Nick gewünschten Langzeitpause drehen.
Bill Porter hat auch den 26.Juni 1977 im Gedächtnis: "Nach den abgesagten Terminen und der gekürzten März-Tour ging es bergab. Wir alle wußten nicht, wie es weitergehen würde. Wir hatten am 26.Juni noch keinen Termin für die nächste Show, was äußerst ungewöhnlich war. Normalerweise war am Ende einer Tour die nächste bereits gebucht und ich konnte mich einrichten, eventuell besonders schwierige Hallen durchchecken, um vorbereitet zu sein. Nichts war gebucht. Es hieß, wir würden eine Weile Pause machen, damit Elvis sich erholen könne.
Hinter der Bühne sprach ich am 26.Juni mit ihm. Gewöhnlich sagte er zum Schluß, "Okay, wir sehen uns in zwei Wochen in Louisville!", oder eben irgendeine andere Stadt. Ich weiß noch genau, was er damals sagte, als ich mich fertig machte, zu gehen:"Bill, ich sehe dich..." -und er machte eine Pause und schien für einen Moment nachzudenken- "Ich sehe dich wann auch immer, glaube ich." Das ist wörtlich das, was er sagte, und es war das letzte, was ich je von ihm gehört habe."
Am 16.August 1977 war Bill Porter eben im Begriff, in das Flugzeug nach Portland umzusteigen, als er zum Informationsschalter gerufen wurde. Die Nachricht war die Telefonnummer seines schwerhörigen Vaters, der ihm mitteilte:"Ich glaube, die wollen dir sagen, daß Elvis Presley gestorben ist."
Bill dachte, er hätte sich verhört und es sei Vernon gemeint, aber er wiederholte sich:"Nein, Elvis ist gestorben."
Bill Porter legte den Hörer auf und wandte sich zur Angestellten des Info-Schalters. "Ich weiß, worum es gegangen ist, aber ich durfte es ihnen nicht sagen!" meinte sie leise. "Was möchten sie jetzt tun?" fragte sie und Bill antwortete, er wolle dennoch nach Portland weiterfliegen: "Sie setzte mich in die erste Klasse, wies alle Leute an Bord an, mir jeden Wunsch zu erfüllen und so saß ich dann auf dem Weg nach Portland und hatte eine Stunde Zeit, meine Gedanken zu sammeln. Ich habe eigentlich niemals wirklich darüber nachgedacht, was unser letztes Gespräch in Indianapolis am 26.Juni zu bedeuten hatte. Er hatte immer schon gesagt, nicht älter als seine Mutter zu werden, und ich fragte niemals nach Hintergründen. Er hatte eine ziemliche Wandlung durchgemacht und eine drastische Änderung seiner Anschauungen und wurde schon beinahe paranoid - jede Frage in diese Richtung löste einen ellenlangen Monolog seinerseits aus."
Ohne Elvis "verteidigen" zu wollen, muß man sich an dieser Stelle wohl eingestehen, daß niemand - außer Larry Geller - Elvis' spirituelle Neigung ernstgenommen hat. Seine Monologe über Gott und die Welt, Glauben und Religion erscheinen den einen als Unsinn, den anderen waren sie unangenehm und lästig. Für Elvis selbst muß diese gerade in den letzten Lebensjahren geradezu fanatische Hinwendung zur Spiritualität und zum Jenseits die Suche nach etwas bedeutet haben, was er in dieser Welt offensichtlich nicht finden konnte...
Bill Porter war es auch, der Elvis' Begräbnis auf Audio bannte. Auf Wunsch von Vernon Presley war Felton Jarvis an Bill herangetreten. Es war keine leichte Aufgabe, weil es sehr diskret geschehen sollte und keine Geräte zur Verfügung standen. Zum Glück fand sich ein Zwei-Spur-Recorder und eine Handvoll Mikrofone. Bill stellte ein Mikro im Hintergrund und eines direkt beim Sarg auf. Er hat ein paar Tage später versucht, eine Kopie davon zu bekommen, aber niemand getraute sich auch nur davon zu reden - Vernon hatte allen gesagt:"Wenn das Band an die Öffentlichkeit kommt, bringe ich den Verantwortlichen um!" Die Cassette blieb in Vernon's Besitz und ist bis zum heutigen Tag verschollen. An dieser Stelle ist es interessant, einen Teil der angeblich verschwundenen persönlichen Besitztümer von Elvis anzusprechen: Es existieren tatsächlich Hinweise darauf, daß Elvis in den letzten Wochen seines Lebens beschlossen hatte, gewissermaßen als Antwort auf das Skandalbuch Elvis - What Happened?, seine eigene Biografie zu schreiben, und aus diesem Grund Dutzende Tonbänder mit Geschichten aus seinem Leben besprochen habe. Auch diese Bänder sind bis dato nicht aufgetaucht. Solche Hinweise auf verschwundene Besitztümer finden sich überdies auch in Aussagen von Joe Esposito, Red West und Priscilla. Praktisch das gesamte persönliche Hab und Gut von Elvis (darunter zum Beispiel seine eigene umfangreiche Schallplattensammlung oder sein privates Fotoarchiv) ist mit Ausnahme der in Graceland ausgestellten Stücke angeblich unauffindbar, was bereits seit Jahren Anlaß zu wilden Spekulationen gibt.
Was wäre ein Feature über die Tontechnik, mit sovielen Zitaten aus dem Munde von Bill Porter, ohne seine Darstellung der Live-Mitschnitte. Natürlich wußte Bill, daß bei jedem Konzert Fans scharenweise versuchten, die Show mitzuschneiden. Laut seiner Aussage war RCA bei den Las Vegas Shows sehr oft anwesend und kam auf die Tourneen weniger häufig mit. Don Wardell's Aussage, daß RCA-BMG den Privataufnahmen von Fans nicht allzu viel Bedeutung schenke, weil RCA dies ohnehin alles selbst besitzt, paßt hier nur zum Teil dazu. Bill Porter selbst hat über sein Mischpult gezählte acht Shows mitgeschnitten. Was er jedoch mit Sicherheit weiß und auch in persönlichen Gesprächen mit den betreffenden Personen überprüft hat, ist der Umstand, daß Sound-Firmen wie Clair Brothers Audio oder ShowCo Sound Unmengen Konzerte direkt aufgenommen haben:"Ich habe zum Beispiel Gene Clair gefragt. Die haben jede Menge Shows direkt von der Konsole genommen. Technisch gesehen sind diese Aufnahmen einwandfrei, der einzige Nachteil ist dabei nur, daß eben keine high-tech Bänder verwendet wurden und natürlich der rohe Output auf's Band kam."
[Bill Porter war viele Jahre in Elvis' Diensten. Aber auch seine sonstigen Arbeiten haben den Klang der Elvis-Karriere nachhaltig beeinflußt, da er an der Entwicklung von Living Stereo mitbeteiligt war. Er kann auf 35 Jahre Erfahrung und 322 bearbeitete Hitparaden-Songs zurückblicken. Seine Erfahrungen aus einer vierstelligen Anzahl von Konzerten mit Elvis kommen heute tausenden Interpreten zugute, da er die bei Elvis verwendeten Systeme an alles, was im Show-Biz Rang und Namen hat, verkauft. Seit Elvis' letzter Tour hat er jedes Angebot, wieder live zu arbeiten abgelehnt und streicht auch deutlich heraus, daß er dies nie wieder tun wird. Elvis ist für ihn der Abschluß einer glänzenden Karriere als Show-Tontechniker.
Tech-Talk mit Elvis' Bühnentoningenieur der 70er Jahre
Detailierte technische Info und menschliche Hintergründe zum Konzertjahrzehnt!
Von Peter Schittler
Dieser Artikel erschien erstmals im mittlerweile vergriffenen BIB #2 im August 1992.
Bill Porter, der 1959 begonnen hatte, für RCA zu arbeiten, war das erste Mal bei der März Session im Jahr 1960 für Elvis tätig. Bill erinnert sich, daß Elvis die meisten Songs sehr rasch eingespielt hatte und in der Regel nur 4 oder 5 warm-ups und 2 oder 3 komplette Takes pro Lied benötigte. Die Ausnahme dabei war It's Now Or Never: "Elvis hat mir nicht erlaubt, ein Master zu-sammenzu-schneiden und wir haben acht oder neun vollständige Versuche eingespielt." Anzumerken bliebe noch, daß Elvis niemals Bänder der Sessions mit nach Hause nahm, weil RCA sehr mißtrauisch war und das nicht gerne sah. Was haben die Intelligenzbolzen erwartet? Daß Elvis selbst Bootlegs produziert?
Bill Porter war nur an einem einzigen Film-Soundtrack - Follow That Dream - beteiligt - darauf ist er heute nicht unbedingt stolz, kann aber gerade deshalb das Jahrzehnte alte Rätsel um die fürchterliche Tonqualität aufklären: Bill gibt zu, die Aufnahmen absichtlich verpatzt zu haben - er sei damals noch sehr jung und jähzornig gewesen und die Produzenten des Filmes seien nicht unbedingt freundlich oder kooperativ gewesen, worauf er aus lauter Ärger über diese Behandlung alles in Mono und nachlässig aufgezeichnet habe. Bill Porter merkt an, daß Filmproduzenten eine für Hifi-Freaks extrem ungünstige Vorstellung bezüglich der Darstellung von Musik im Film generell hatten, was sich erst im Laufe der letzten Jahre gebessert habe. Über die Hollywoodjahre hinweg verlor Bill den Kontakt zu Elvis. Er arbeitete erst 1969 wieder für Elvis und war mitverantwortlich für den Sound der Memphis-Sessions in den American Studios bei Chips Moman. Bill Porter ist es auch, der das heute schon zur Geschichte gewordene fade-in und fade-out bei Suspicious Minds und auch die beiden verschiedenen Versionen (Single und LP) zu erklären vermag!
Die Aus- und Wieder-Einblendung war eine Idee von Felton Jarvis: "Felton wollte, salopp gesagt, den Disc Jockey's, die es gewohnt waren, in das Ende von Liedern hineinzusprechen, ein Ei legen - es war ein Gag! Wir hatten in Memphis ein 8-Spur-Band aufgenommen. Felton brachte es mit nach Vegas und kam damit in mein Studio, weil er die Bläser-Overdubs erledigen wollte. Ich sagte, wir können Overdubs und Mixing in einem Aufwaschen machen, Felton sagte, daß wir das nicht können. Jedenfalls endete die ganze Sache schließlich so, daß wir zwei Abmischungen, eine für Stereo und eine für Mono, gesondert anfertigten."
Felton Jarvis, der Elvis zu jedem Konzert begleitete, war im Grunde genommen sein Record Producer und ziemlich arbeitslos auf den Tourneen. Elvis benötigte einfach jemanden, der den Kontakt zu den verschiedenen Mitgliedern seines Teams aufrecht hielt und der die Zeit hatte, mit ihm zu plaudern (und, wie wir alle seit der 8-LP-Box ELVIS ARON PRESLEY wissen, Aufnahmen zu machen). Als Produzent wird Felton von allen Seiten höchstes Lob ausgestellt - künstlerisch war er nicht unbedingt ein Maßstab, seinen Job als Organisator versah er jedoch bestens und er verstand es prächtig, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute zusammenzutrommeln. Seine liebe Not hatte Felton ausschließlich mit Elvis, der bei den Aufnahmen im Studio spazierenging und es auch mit dem Mikrofon nicht allzu genau nahm. Aus tontechnischer Hinsicht entwickelten sich etliche der Aufnahmen der letzten Jahre zu wahren Katastrophen und Felton übergab die Bänder an Brent Maher, einen RCA Mann aus Nashville, der versuchen sollte, einige der Aufnahmen zu retten. Tatsächlich hat dieser, ohne jemals in irgendeiner Art und Weise auf LP's oder auch nur RCA-In-House-Notizen vermerkt worden zu sein, eine größere Anzahl Elvis-Originalbänder der 70er Jahre abgemischt, befand sich schließlich auch im Jänner 1977 im Studio in Nashville und wartete auf Elvis. Bill Porter war damals nicht anwesend und kann sich nur auf die Aussage von Brent Maher verlassen, der ihm gesagt hat, daß aus dieser Session nichts wurde.
Nach Memphis 69 kam gleich die nächste Herausforderung an den Sound-Wizard Porter: Das International. Elvis hatte Bill angerufen und gefragt, ob er nicht beim Sound helfen könne. Porter stand der Sache eher zweifelnd gegenüber und veranschaulichte Elvis in relativ deftigen Worten, daß er absolut nichts von Live-Sound verstehe. "Ich kann dir versichern, du weißt mehr als die Leute hier!" war Elvis' letztes Wort und damit war die Entscheidung gefallen. Bill eilte nach Vegas und stellte im Showroom des International Hotel fest, daß das Equipment ziemlich veraltet war. Von den mageren drei Alta Monitoren, die hoch über der Bühne hingen, funktionierte nur noch einer und die Boxen waren auch nicht unbedingt erste Wahl. Bill baute seine eigenen an der Seite der Bühne auf. Er brachte seinen Shure Vocal Master mit, verband Elvis' Mikro damit und fütterte so das Haussystem. Elvis war überwältigt:"God, I can hear!"
Bill kümmerte sich auch um sämtliche anderen Mikrofone auf der Bühne (etwa 40 bis 45 Stück) selbst und die Resultate mußten Elvis schwer beeindruckt haben, denn er teilte ihm mit, daß er ihn von nun an bei jeder Show dabei haben wollte. So war es auch selbstverständlich, daß er während der Dreharbeiten zu That's The Way It Is Elvis' Toningenieur war. Während Elvis mit Bill Porter's Arbeit hochzufrieden war, ärgerte er sich maßlos über den Ton im Film - der, wie Elvis kurz und bündig sagte, einfach lausig war und manchmal mit Bill darüber sprach, wie unfähig die Leute von MGM waren, den fantastischen Output des Elvis-eigenen House-Systems für die Kinofassung zu nutzen. Trotzdem hat der Film ein einmaliges Erlebnis technischer Hinsicht festgehalten: Ein kabelloses Mikrofon im Jahre 1970 - es war ein Gerät der Marke Edcor aus Salt Lake City und Elvis benutzte es nur in einer einzigen Show! Das Problem lag damals in der Lebensdauer der Batterie.
Als Denis Sanders am 9.September 1970 mit MGM nach Phoenix, Arizona, kam, um das erste Konzert der ersten Elvis-Tournee der Siebziger Jahre zu filmen, war auch Bill Porter zu Stelle. Er war hocherfreut über Elvis' Mannschaft:"Es war alles minutiös geplant und lief wie am Schnürchen. Sicherheit war groß geschrieben und sämtliche Vorkehrungen funktionierten einwandfrei. Es war eine wirklich unübliche Gruppe. Sie konnten locker und ausgelassen sein, aber wenn's drauf ankam, arbeitete jeder einzelne hart und präzise, eine höchst effektive, professionelle Mannschaft, Erste-Klasse-Leute - kein und, kein wenn, kein aber."
Elvis plauderte viel mit Bill vor, nach und während den Shows. Er interessierte sich auch für Bill's Arbeit und diskutierte vor jeder einzelnen Show die örtlichen Gegebenheiten durch. Porter kann sich auch an die zahlreichen Fans erinnern, die mit Klein- und Kleinst-Geräten versuchten, die Shows auf Audio und Video zu bannen. Sein eigenes Equipment auf den Tourneen ist ihm nur mehr teilweise im Gedächtnis. Er verwendete ein Sound Board mit 4-Kanal-Output. Der Input kam über 24 Kanäle mit 4 Untergruppen. Bill legte die Background-Sänger auf einen Kanal, das Schlagzeug auf einen weiteren, die restliche Band auf den dritten und auf den vierten nur Elvis' Stimme. Welche Monitore verwendet wurden, lag in der Verantwortung des Australiers Bruce Jackson, der für Elvis ein System aufgebaut hatte, which nearly knocked him down on stage.
Porter war es auch, der für die Akustik der Aloha From Hawaii Show verantwortlich zeichnete. Er probte mit Band und Orchester Mittwoch und Donnerstag, Elvis kam Freitag an, dann fand die mittlerweile von Aloha Rehearsel in Alternate Aloha umgetaufte Generalprobe und Sonntag das eigentliche Special statt. Eine weitere Probe seines Könnens mußte er am 31.12.1975 in Pontiac, Michigan, ablegen. Bruce Jackson war wieder mit dabei und das Lautsprechersystem wurde von Claire Brothers Audio konfiguriert. Porter's Platz befand sich ganz hinten und er und die Crew benötigten eine komplette Woche, um das Sound-System für den riesigen Platz vorzubereiten. Außerdem kann er sich noch genau erinnern, daß Ronnie Tutt es nicht leiden konnte, in großen Stadien zu spielen, obwohl der Sound schließ´lich so perfekt wie immer war.
Bill Porter war kein Freund von Colonel Parker - dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Er war einer von denjenigen, die Parker nicht einfach einkaufen konnte, weshalb dieser versuchte, ihn von Elvis fernzuhalten. Für die April 72 Tournee während der Dreharbeiten zu Elvis On Tour gelang es dem Colonel auch tatsächlich, jemanden von RCA zu verpflichten, der mit Clair Brothers Audio für den Sound verantwortlich war; Bill Porter wurde erst gar nicht verständigt und so ist ein Teil dieser Tour der einzige Zeitraum, in dem er nicht mit Elvis on the road war. Porter befand sich gerade in Las Vegas und hatte Bill Cosby in seinem Studio, als Joe Esposito anrief. Bill schildert das Telefonat und die folgenden Ereignisse:
"Es gab jede Menge Probleme. Der Typ von RCA konnte vor allem das unangenehme Feedback nicht beseitigen - und wenn Elvis etwas auf der Bühne haßt, dann ist es Feedback... Elvis sagte, holt Bill her, und Joe entgegnete ihm: "Der ist nicht da!" Elvis wurde daraufhin hellhörig:"Was meinst du damit - er ist nicht da?"
"Nicht engagiert!" erklärte Joe:"Der Colonel hat einen Burschen von RCA verpflichtet, der mit der Hardware von Clair Brothers Audio nicht zurecht kommt."
Dann meinte Joe, Elvis habe darauf gesagt, "Ich will ihn! Punkt! Aus!"
Schließlich reichte Joe den Hörer weiter und Elvis war am Apparat; er sagte, er würde mich persönlich bezahlen. Ich entgegnete, das wäre o.k., aber was wird der Colonel sagen? Später hat Elvis Parker angerufen, ihn kräftig in den Arsch getreten (Originalzitat) und gesagt, "Wenn du jemals wieder mit irgendjemanden von meiner Crew Mist baust, kriegen wir beide ernste Probleme!"
Als ich dann wieder zu Elvis' Tour-Mannschaft stieß, war Tom Diskin gerade hektisch beschäftigt, die Wogen zu glätten..."
Bill weiß auch noch, daß der Colonel, der sowieso jeden Cent umdrehte und die Versicherungskosten, die ihm von Tom Hulett im Auftrag von Concert West angelastet wurden, mit Argusaugen kontrollierte, einer Herzattacke nahe war, als der Fahrer der Clair Brothers eines Nachts auf dem Weg von Macon nach Thomasville am Steuer einschlief und das gesamte Equipment mit dem Truck umstürzte. Doch auch Bill Porter hatte eine ziemlich hektische Zeit, in aller Eile ein System zusammenzubasteln, das eigentlich nur für eine Arena mit 12000 Leuten ausreichte, aber schließlich für 18000 Fans herhalten mußte...
Auch die extrem schlanken Mikrofone, die Elvis hauptsächlich ab etwa 1976 benutzte, kann Bill Porter erklären. Die Stamps hatten einige der ersten Kondensator Mikrofone, die in den Vereinigten Staaten hergestellt wurden, mitgebracht. Der Hersteller war eine Firma namens Syncron. Diese Geräte hatten vor allem im Low-End-Bereich ein erweitertes Frequenz-spektrum. Elvis hatte Bill sehr oft gesagt, wie gerne er Baß singen würde. Er liebte er diese Mikrofone wegen ihrer Baß-Unterstützung. Das Problem war nur, daß keine zwei gleich waren und daß sie vor allem für Feedback sehr anfällig waren. Als endlich ein neues EV Condenser Mic auf den Markt kam, das CS15, welches auch heute noch häufig eingesetzt wird, war Elvis überglücklich. Bill Porter erklärt: "Das CS15 hatte einen extrem erweiterten Bereich in den unteren Frequenzen - 50 Hertz werden hochgepusht mit 15DB. So kann z.B. J.D. zwei Noten unterm Klavier singen. Ich selbst hatte sie bei Elvis über das Mischpult bei diesem Frequenzgang dann auf 25DB geführt, denk mal über den Effekt nach! Grundsätzlich sollten Lautsprecher bei Konzerten immer am Saalboden oder auf der Bühne stehen, um den Baß gut rüberzubringen, wir jedoch hatten sie hängend, wir "flogen" sie, wie man sagt. Wir hatten also ein "fliegendes" System und trotzdem konnten wir die Stühle von der Halle wegblasen - Elvis liebte dies über alles, es war wie ein Erdbeben."
Auch über das CBS TV Special von 1977 kann Bill Porter einiges berichten. Er und die gesamte Crew erfuhren allerdings erst zu Beginn von Elvis' letzter Tournee davon. Elvis sprach nicht viel darüber, legte seine Einstellung dazu Bill gegenüber nicht offen - ein paar Scherze über die TV-Leute, und das war's. Bill vermutet, daß die Rekorde, die Elvis überall brach, ein Grund dafür waren; der "Erfolg" eines Konzertes muß in kommerzieller Hinsicht nicht die Anzahl der Besucher messen, sondern die Auslastung der Halle - was nützt es, 35 000 Besucher zu haben, wenn das Konzert in einem Stadion für 70 000 stattfindet und das Tourneemanagement natür-lich die Miete für das gesamte Stadion, d.h., bildlich gesprochen, auch für die leeren Sitze, bezahlen muß? Elvis spielte damals ununterbrochen mit 100 Prozent Auslastung in Hallen, die in den 90er Jahren von Leuten wie den Rolling Stones, Madonna oder Paul McCartney zu maximal 70 Prozent gefüllt werden konnten. Aber weder zu Elvis' Zeiten noch vorher gab es jemanden, der derartige Massen anziehen konnte und dies war einer der Gründe für das Special aus Bill Porter's Sicht.
Ein weiterer Grund war Dr. Nick, der laut Bill's Aussage Elvis in der ersten Hälfte des Jahres 1977 immer heftiger dazu drängte, seine Tourneeaktivität einzustellen; auch CBS war angeblich darüber informiert und wollte noch rasch ein Special vor der von Dr. Nick gewünschten Langzeitpause drehen.
Bill Porter hat auch den 26.Juni 1977 im Gedächtnis: "Nach den abgesagten Terminen und der gekürzten März-Tour ging es bergab. Wir alle wußten nicht, wie es weitergehen würde. Wir hatten am 26.Juni noch keinen Termin für die nächste Show, was äußerst ungewöhnlich war. Normalerweise war am Ende einer Tour die nächste bereits gebucht und ich konnte mich einrichten, eventuell besonders schwierige Hallen durchchecken, um vorbereitet zu sein. Nichts war gebucht. Es hieß, wir würden eine Weile Pause machen, damit Elvis sich erholen könne.
Hinter der Bühne sprach ich am 26.Juni mit ihm. Gewöhnlich sagte er zum Schluß, "Okay, wir sehen uns in zwei Wochen in Louisville!", oder eben irgendeine andere Stadt. Ich weiß noch genau, was er damals sagte, als ich mich fertig machte, zu gehen:"Bill, ich sehe dich..." -und er machte eine Pause und schien für einen Moment nachzudenken- "Ich sehe dich wann auch immer, glaube ich." Das ist wörtlich das, was er sagte, und es war das letzte, was ich je von ihm gehört habe."
Am 16.August 1977 war Bill Porter eben im Begriff, in das Flugzeug nach Portland umzusteigen, als er zum Informationsschalter gerufen wurde. Die Nachricht war die Telefonnummer seines schwerhörigen Vaters, der ihm mitteilte:"Ich glaube, die wollen dir sagen, daß Elvis Presley gestorben ist."
Bill dachte, er hätte sich verhört und es sei Vernon gemeint, aber er wiederholte sich:"Nein, Elvis ist gestorben."
Bill Porter legte den Hörer auf und wandte sich zur Angestellten des Info-Schalters. "Ich weiß, worum es gegangen ist, aber ich durfte es ihnen nicht sagen!" meinte sie leise. "Was möchten sie jetzt tun?" fragte sie und Bill antwortete, er wolle dennoch nach Portland weiterfliegen: "Sie setzte mich in die erste Klasse, wies alle Leute an Bord an, mir jeden Wunsch zu erfüllen und so saß ich dann auf dem Weg nach Portland und hatte eine Stunde Zeit, meine Gedanken zu sammeln. Ich habe eigentlich niemals wirklich darüber nachgedacht, was unser letztes Gespräch in Indianapolis am 26.Juni zu bedeuten hatte. Er hatte immer schon gesagt, nicht älter als seine Mutter zu werden, und ich fragte niemals nach Hintergründen. Er hatte eine ziemliche Wandlung durchgemacht und eine drastische Änderung seiner Anschauungen und wurde schon beinahe paranoid - jede Frage in diese Richtung löste einen ellenlangen Monolog seinerseits aus."
Ohne Elvis "verteidigen" zu wollen, muß man sich an dieser Stelle wohl eingestehen, daß niemand - außer Larry Geller - Elvis' spirituelle Neigung ernstgenommen hat. Seine Monologe über Gott und die Welt, Glauben und Religion erscheinen den einen als Unsinn, den anderen waren sie unangenehm und lästig. Für Elvis selbst muß diese gerade in den letzten Lebensjahren geradezu fanatische Hinwendung zur Spiritualität und zum Jenseits die Suche nach etwas bedeutet haben, was er in dieser Welt offensichtlich nicht finden konnte...
Bill Porter war es auch, der Elvis' Begräbnis auf Audio bannte. Auf Wunsch von Vernon Presley war Felton Jarvis an Bill herangetreten. Es war keine leichte Aufgabe, weil es sehr diskret geschehen sollte und keine Geräte zur Verfügung standen. Zum Glück fand sich ein Zwei-Spur-Recorder und eine Handvoll Mikrofone. Bill stellte ein Mikro im Hintergrund und eines direkt beim Sarg auf. Er hat ein paar Tage später versucht, eine Kopie davon zu bekommen, aber niemand getraute sich auch nur davon zu reden - Vernon hatte allen gesagt:"Wenn das Band an die Öffentlichkeit kommt, bringe ich den Verantwortlichen um!" Die Cassette blieb in Vernon's Besitz und ist bis zum heutigen Tag verschollen. An dieser Stelle ist es interessant, einen Teil der angeblich verschwundenen persönlichen Besitztümer von Elvis anzusprechen: Es existieren tatsächlich Hinweise darauf, daß Elvis in den letzten Wochen seines Lebens beschlossen hatte, gewissermaßen als Antwort auf das Skandalbuch Elvis - What Happened?, seine eigene Biografie zu schreiben, und aus diesem Grund Dutzende Tonbänder mit Geschichten aus seinem Leben besprochen habe. Auch diese Bänder sind bis dato nicht aufgetaucht. Solche Hinweise auf verschwundene Besitztümer finden sich überdies auch in Aussagen von Joe Esposito, Red West und Priscilla. Praktisch das gesamte persönliche Hab und Gut von Elvis (darunter zum Beispiel seine eigene umfangreiche Schallplattensammlung oder sein privates Fotoarchiv) ist mit Ausnahme der in Graceland ausgestellten Stücke angeblich unauffindbar, was bereits seit Jahren Anlaß zu wilden Spekulationen gibt.
Was wäre ein Feature über die Tontechnik, mit sovielen Zitaten aus dem Munde von Bill Porter, ohne seine Darstellung der Live-Mitschnitte. Natürlich wußte Bill, daß bei jedem Konzert Fans scharenweise versuchten, die Show mitzuschneiden. Laut seiner Aussage war RCA bei den Las Vegas Shows sehr oft anwesend und kam auf die Tourneen weniger häufig mit. Don Wardell's Aussage, daß RCA-BMG den Privataufnahmen von Fans nicht allzu viel Bedeutung schenke, weil RCA dies ohnehin alles selbst besitzt, paßt hier nur zum Teil dazu. Bill Porter selbst hat über sein Mischpult gezählte acht Shows mitgeschnitten. Was er jedoch mit Sicherheit weiß und auch in persönlichen Gesprächen mit den betreffenden Personen überprüft hat, ist der Umstand, daß Sound-Firmen wie Clair Brothers Audio oder ShowCo Sound Unmengen Konzerte direkt aufgenommen haben:"Ich habe zum Beispiel Gene Clair gefragt. Die haben jede Menge Shows direkt von der Konsole genommen. Technisch gesehen sind diese Aufnahmen einwandfrei, der einzige Nachteil ist dabei nur, daß eben keine high-tech Bänder verwendet wurden und natürlich der rohe Output auf's Band kam."
[Bill Porter war viele Jahre in Elvis' Diensten. Aber auch seine sonstigen Arbeiten haben den Klang der Elvis-Karriere nachhaltig beeinflußt, da er an der Entwicklung von Living Stereo mitbeteiligt war. Er kann auf 35 Jahre Erfahrung und 322 bearbeitete Hitparaden-Songs zurückblicken. Seine Erfahrungen aus einer vierstelligen Anzahl von Konzerten mit Elvis kommen heute tausenden Interpreten zugute, da er die bei Elvis verwendeten Systeme an alles, was im Show-Biz Rang und Namen hat, verkauft. Seit Elvis' letzter Tour hat er jedes Angebot, wieder live zu arbeiten abgelehnt und streicht auch deutlich heraus, daß er dies nie wieder tun wird. Elvis ist für ihn der Abschluß einer glänzenden Karriere als Show-Tontechniker.
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