Miami/Florida, 12. September 1970

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    • 24.09.2003
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    Miami/Florida, 12. September 1970

    Miami/Florida, 12. September 1970
    Miami Beach Convention Center


    Aus Graceland Nr. 70/1990 von Adreas Warmuth

    Das NBC-Special schlug in Amerika ein wie eine Bombe. Alle Zeitungen berichteten von diesem Ereignis und für Elvis stand fest: Er würde wieder auf Tournee gehen. Doch bis zur ersten richtigen Tour sollten noch einige Monate vergehen. Erst einmal stand vom 31. Juli bis zum 28. August 1969 ein Engagement im Las Vegas-International Hotel auf dem Programm. In den 57 Shows dieses Engagements zeigte Elvis, wieviel Energie er in den öden Hollywoodjahren gesammelt hatte. Später sollten zwei LPs erscheinen, die u.a. Material aus diesen Shows enthalten sollten: FROM MEMPHIS TO VEGAS und ON STAGE-FEBRUARY (?) 1970. Das Engagement übertraf alle Erwartungen. Elvis feierte Erfolge ungeahnter Größenordnung. Aber es wurde weitergearbeitet, verbessert, umarrangiert. Das Ergebnis war dann ab 26. Januar 1970 zu sehen. Elvis startete an diesem Tag nämlich sein zweites Las Vegas-Engagement. Wieder waren es 57 Shows, die er bis zum 23. Februar 1970 geben sollte. Das ON STAGE-Album gibt nur einen geringen Eindruck über die phantastische Stimmung, die damals bei Elvis, seiner Band und dem Publikum herrschte. Kaum war am 23. 2. der Vorhang im International-Hotel gefallen, da waren Elvis und der Colonel schon auf dem Weg nach Houston. Im Astrodome sollten sechs Shows in drei Tagen gegeben werden. Mehr als 200.000 Menschen wohnten diesen Shows am 27:/28.2. und am 1. 3. 1970 bei. Weitere Proben, Pressekonferenzen vor und nach jedem Konzert.

    4. bis 8. Juni: Eine unvorstellbare Mammut-Session in den RCA-Studios von Nashville stand auf dem Programm. Während dieser Session entstanden die Songs für sage und schreibe drei Alben: LOVE LETTERS, THAT'S THE WAY IT IS und ELVIS COUNTRY. Mittlerweile standen die Pläne für die erste Tournee. Aber erst einmal gibt es eine weitere Las Vegas-Auftrittsreihe, die das Material für den Dokumentarfilm THAT'S THE WAY IST IS liefern soll. Dieses dritte Vegas-Engagement dauerte vom 10. 8. bis zum 7. 9. 1970 (58 Shows). Nach der Closing Show gab das Hotel zu Ehren von Elvis eine Party. Bei diesem Anlass traf Elvis auch seine alten Freunde Nancy Sinatra und Tom Jones wieder. Nancy hielt sich im Hotel auf, weil sie am nächsten Tag, dem 8. 9. hier ihr Opening-Show gab. Elvis besuchte diese Show und machte sich dann auf den Weg nach Phönix, denn hier im Veteran's Memorial Coliseum würde der "On Tour-Elvis", den es seit 1958 nicht mehr gegeben hatte, wie Phönix aus der Asche wieder auferstehen. Die Befürchtung, dass bei seiner ersten Tour eventuell das Publikum ausbleiben könnte, riefen bei Elvis und Co. nur ein müdes Schmunzeln hervor. Aber was wäre, wenn die Organisation versagte; die Instrumente nicht rechtzeitig in der nächsten Stadt ankämen? Aber es lief alles wie geplant, wenn nicht sogar noch besser. Nach der Eröffnung in Phönix ging es weiter nach St. Louis (10. 9.), Detroit (11. 9.), 2 Shows am 12. 9. in Miami und 2 in Tampa (13. 9.). Am 14. 9. 1970 endete das Ganze mit einer Show in Mobile. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, welche ungeheuren Entfernungen Elvis bei dieser Tour quer durch Amerika zurück legte. Die Abend-Show aus Miami am 12. 9. habe ich für diesen Bericht ausgesucht.

    Wie seine Karriere, so beginnt Elvis auch die meisten Konzerte des Jahres 1970 mit "That's All Right". Sein Vortrag heute ist fast identisch mit dem von der Opening-Show in Las Vegas vom 10. 8. 1970, den wir aus dem Film TTWII kennen. Als zweite Nummer dieser Show steht "I Got A Woman" auf dem Programm. Elvis experimentierte in dieser Zeit noch etwas mit diesem Lied. Er wollte es zu einem Medley ausbauen, wusste aber noch nicht so genau, wie er das anstellen sollte. Songs wie "Ave Maria", "By The Time I Get To Phoenix", "You Don't Know Me" und "Amen" mussten als Versuchtskaninchen herhalten. Aber letztendlich - jeder Elvis-Fan weiß es - entschied er sich dann doch dafür "Amen" als weiteren Bestandteil seines Medleys zu benutzen. Auch heute war dem wieder so. Die Musiker hatten es bei der Sache besonders schwer, denn Elvis schien sich immer erst in letzter Minute zu entscheiden, welches Lied er nimmt. Und so fällt der Übergang zu "Amen" heute etwas kläglich aus, denn es dauert ein wenig, bis die Band herausbekommt, was heute gespielt wird. Während "Amen" gibt Elvis den Kommentar: "Wie in der Kirche", und beendet dann in gewohnt bluesiger Art das Medley, um sich dann vorzustellen: "Vielen Dank, Guten Abend Ladies & Gentlemen. Mein Name ist....".
    Das schrille Pfeifen seines übersteuerten Mikorofons unterbricht ihn kurz, aber die Toningenieure haben das sofort im Griff, so dass Elvis weitersprechen kann: "Mein Name ist Johnny Cash". In seiner Las Vegas-Show vom 14. 8. 1970 nahm Elvis diesen Scherz zum Anlass, ein Medley aus den Cash-Hits "I Walk The Line" und "Folsom Prison Blues" zu singen und auch heute lässt er es sich nicht nehmen, zumindest die erste Zeile von "I Walk The Line" zu singen (ca. 6 Sek.). Doch schon bald bricht er ab, um seine Begrüßung fortzusetzen: "Ich möchte euch sagen, dass es eine Freude ist, hier zu sein in Fort Lauderdale". Er erzählt weiter, dass er schon als Baby in Florida aufgetreten sei. Zu einer Zeit, in der Tom Jones noch gar nicht wusste, wie man das macht. Damals habe er noch Windeln angehabt, führt er aus und versucht nachzumachen, wie er wohl ausgesehen hätte, wenn er wirklich schon als Baby aufgetreten wäre, indem er seine Backen aufbläst und unbeholfene Bewegungen macht, vorüber sich das Publikum köstlich amüsiert. "In meinem ersten Film war ein Lied und das ging so...", sagt er dann "Love Me Tender" an.
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    #2
    Oft war der Song ja fast zum Instrumentalstück geworden, da Elvis ständig Küsse während des Liedes verteilt hatte, aber heute singt er fast ohne Unterbrechung durch. "Und dann habe ich einen neuen Song "I've Lost You" leitete er kurz und sachlich den nächsten Programmpunkt ein. "I've Lost You" war zu dieser Zeit gerade neu auf Single erschienen. Diese Single enthielt die Studioversion dieses Songs, den Elvis am 4. Juni 1970 während der Mammut-Session in Nashville aufnahm. Es ist schade, dass gerade diese Studioversion - zumindest bei RCA Hamburg - schon längst nicht mehr erhältlich ist. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kann man da nur sagen: Es gibt ja noch Bootlegs, die diese phantastische Studiofassung, die zum Teil einen ganz anderen Text als die Liveversionen aufweist, beinhalten ("Rock My Soul" oder "For Elvis Fans Only"). In dem Film TTWII ist übrigens die Liveaufnahme vom 13. 8. 1970 in Las VEgas zu sehen. Auf dem Soundtrack-Album zum Film war dann aber plötzlich die vom 14. 8. 1970.
    "You've Lost That Lovin' Feeling" folgt als nächstes. Ein nahezu perfekter Vortrag, der durchaus mit dem auf dem TTWII-Album mithalten kann. Einer der vielen Höhepunkte dieser Show steht an mit "Polk Salad Annie". Elvis beginnt das Lied wie immer mit dem Satz: "Viele von euch waren sicher noch nicht unten im Süden. Ich möchte euch daher eine kleine Geschichte erzählen...". Doch plötzlich ergänzt er: "Wir sind doch hier im Süden, was rede ich also solchen Blödsinn". Fast vier Minuten dauert die heutige Version, die er wie gewohnt mit viel Action und aggressivem Vortrag garniert. Zwischen zwei Strophen versucht er mimisch darzustellen, wie Tom Jones, Engelbert Humperdinck und Glen Campbel diesen Titel vortragen würden, wobei ihm bei Engelbert ein leises: Hmm release me and let me go... herausruscht. Wie immer nach "Polk Salad Annie" ist jetzt wieder an der Zeit, die Band vorzustellen. Highlight dieser Bandvorstellung ist eine Superversion von "Johnny B. Goode", bei der Elvis in Begleitung von James Burtons Gitarre richtig loslegt. Charlie Hodge stellt er dann als "Big Mama Thornton" (Schwarze Sängerin. Bei uns vielleicht bekannt als Originalinerpretin von "Hound Dog") vor, was Charlie aber mit Humor nimmt.
    Ich habe Anfang des Jahres einen großen Hit herausgebracht", stellt Elvis sein nächstes Lied "The Wonder Of You" vor und ironisch fügt er an: "Er war ca. so groß", wobei er mit den Händen die Größe einer Single andeutet. Leider fehlt auch heute wieder das Instrumentalintro des Songs und auch die Betonung der einzelnen Passagen sind stellenweise nicht so gut wie auf der Platte. "In 1956 machte ich einen Song mit dem Titel "Heartbreak Hotel"

    Damals war ich noch ein Kleinkind und das hörte sich so an..." Mit einem langgezogenen "Well" setzt er dann an, aber als er merkt, wie die Fans außer sich geraten, bricht er das ganze ab und sagt: "Wartet mal. Ihr wisst doch noch gar nicht, was ich jetzt mache. Ich habe schon 400 Songs gemacht, die mit "Well" anfangen könnten. Ich könnte sogar das "Ave Maria" damit beginnen. So ist das immer. Einer sagt: 'Elvis hat eine Gitarre um' und schon sagen alle 'Was macht er, was macht er'."
    Die Liveversionen dieses Titels aus den 70ern haben natürlich auch ihren Reiz, aber für mich sind und bleiben sie halt nur eine Kopie der unschlagbaren Originalversion. Ohne Kommentar geht es weiter mit einem seltenen Medley aus "Blue Suede Shoes" - "Whole Lotta Shakin' Going On" - "All Shook Up" - Blue Suede Shoes" - "Don't Be Cruel" - Blue Suede Shoes". Vor allen Dingen der Übergang von "Don't Be Cruel" zu "Blue Suede Shoes" wirkt ein wenig unglücklich, was selbst Elvis ein kurzes Lachen nicht unterdrücken lässt. Aber sonst eine nette Idee, diese "Klassiker" in ein Medley zu verpacken.

    Wie auf der Bootleg "WE'LL REMEMBER YOU", so dauert es auch heute wieder einige Zeit, bis Elvis den Motor für "Hound Dog" angekurbelt hat. Mit einigen Witzen und ständigen Youuuu-Versuchen probiert er verzweifelt die erste Zeile "You ain't nothing but a Hound Dog" hinzukriegen. Doch dann klappt es doch noch. Elvis und James' Gitarre lassen einen schnell vergessen, dass er immer nur dieselbe Strophe singt.
    "Ich möchte gerne einen seriösen Song bringen... warte mal einen Moment... er heißt "Bridge Over Trobuled Water". Wir haben ja die phantastische Studioversion dieses Songs vom 5. 6. 70 auf der TTWII-LP. Zum Glück hat irgendein kluger Kopf von RCA diese tolle Aufnahme am Ende mit künstlichem Applaus und Fan-Gejohle vermengt. Tja, was wäre Elvis' Musik ohne diese tollen Ideen der RCA-Pfuscher? Unnötig zu bemerken, dass die unverfälschte Originalversion auf Bootleg zu haben ist (LP THE LEGEND LIVES ON und CDE PURE DIAMANDS). Vielleicht sollten sich die Bootlegger und RCA mal an einen Tisch setzen, anstatt sich zu bekriegen. Der Mediengigant könnte von den Amateuren sicherlich einiges lernen.

    Doch zurück zur Show: 4 Min. 50 Sek. an "Action pur" stehen während "Suspicious MInds" bevor. Elvis hebt sich dieses Lied fast immer bis kurz vor Ende der Show auf, da er sich bei der manchmal doch recht wilden Bühnenshow, die er zu diesem Song bietet, oftmals sehr verausgabte. Sofort geht es dann weiter mit "Funny How Time Slips Away". Elvis sang diesen Titel in den 70er Jahren sehr oft, aber keiner dieser Live-Mitschnitte reicht meiner Meinung nach auch nur annährend an die Studioeinspielung heran.
    Und das war auch heute der Fall. "Lustig, wie schnell die Zeit vergeht", und das haben auch die 12.000 Menschen gedacht, die dieser Show im Convention Center beiwohnten, denn schon war Elvis dabei sich zu verabschieden: "Lasst mich einen Schluck Gator-Aid trinken", sagt Elvis und nach ein paar weiteren Scherzen über dieses in Amerika weit verbreiteten, angeblich kraftspendede Getränk beendet er die Show mit den Worten: "Ich möchte euch etwas sagen, dass ihr wie eine phantastische Familie ward, während ich hier war. Ich habe das wirklich genossen. Das ist ja das erste Mal, dass ich wieder Konzerte gebe." Und nach einem Scherz über seinen Anzug und seine Koteletten beginnt "Can't Help Falling In Love". Sekunden später verkündet ein Ansager dann: "Elvis has left the building."

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