Girlhappy
27.06.2005, 01:31
Indianapolis, Sonntag, 26. Juni 1977
Elvis letztes Konzert
Aus Graceland Nr. 146 von Stefan Juhrs
Nach dem vorletzten Konzert der aktuellen Tournee in Cincinnati fliegt Elvis direkt zurück nach Memphis. Elvis nutzt die seltende Gelegenheit, die Zeit zwischen zwei Konzerten in Memphis zu verweilen. Sicherlich eine Wohltat und um einiges angenehmer, als wieder einmal in einem fremden Hotelzimmer rumzuhängen. Elvis verbringt den Tag in Graceland und lässt sich am späten Nachmittag zum Flughafen bringen, um nach Indianapolis zu fliegen. Es ist der letzte Tag der Tournee, und Elvis freut sich sicherlich auf einige Wochen Urlaub, ohne Stress, keine beruflichen Aktivitäten. Nur noch wenige Stunden, und eine weitere ausverkaufte Tournee ist überstanden. Die Zeit vor dem Konzert verbleibt Elvis in seinem Privatjet, der Lisa Marie.
Zwischendurch kommt Elvis für etwa 20 Minuten aus dem Flugzeug, um einen Preis entgegenzunehmen und einen Preis zu überreichen. Die CBS-Crew ist dabei und filmt das Szenario für das geplante Herbst-TV-Special. Der Präsident des englischen Fan-Clubs, Todd Slaughter, überreicht Elvis Elvis eine Auszeichnung für die LP "Moody Blue". Das RCA-Presswerk in Indianapolis hat nämlich vor wenigen Tagen die zweimillardste Platte hergestellt, und das war eben die neue Elvis-LP, dafür bekommt er heute eine Auszeichnung. Elvis hingegen übergibt Tom Slaughter eine Auszeichnung für "zehn Jahre Präsident des englischen Fanclubs". Elvis wechselt ein paar Worte mit ihm, sagt auch, dass es an seinem Manager, Tom Parker, liege, dass er bisher noch nicht nach England kommen konnte.
Nach der Prozedur begibt sich Elvis zurück ins Flugszeug. Elvis tellt sich innerlich auf die Show ein. Erst kurz vor dem Auftritt wird Elvis zur Market-Square-Arena gefahren. Er mochte es überhaupt nicht, zu lange hinter der Bühne zu warten. Während Elvis noch im Flugzeug verweilt, läuft in der Halle das Vorprogramm. Das wird, wie seit Jahren bestritten vom Komiker Jackie Kahane, J.D. Sumner & The Stamps und den Sweet Inspirations. Eine Stunde dauert es etwa, bevor es eine weitere, letzte Pause von etwas mehr als 20 Minuten gibt. In der Ziet wird auf der Bühne alles vorbereitet für den King Of Entertainment. Das Mikro wird an seinen Platz gestellt, die Instrumente gestimmt. Die Musiker begeben sich auf die Bühne, und die Spannung unter den 16.500 Fans steigt ins Untermessliche. Wie historisch dieser Abend sein wird, kann noch keiner ahnen.
Und plötzlich wird es dunkel in der Halle, das Saallicht ist aus. Die Anspannung der wartenden Fans entlädt sich in einem einzigen lauten Schrei. Das Warten hat ein Ende. Es handelt sich nur noch um Sekunden, bis ein Traum Wirklichkeit wird. Ein ohrenbetäubender Lärm erfüllt die Arena. Die ersten Töne des 2001-Themas erklingen, und ein weiterer Aufschfrei ist die Folge. Es fährt jedem kalt den Rücken herunter. Die Zuschauer stehen größtenteils, obwohl alle Sitzplätze haben. Etwas über eine Minute steigert sich die Spannung immer weiter, bis dann Larrie Londin am Schlagzeug heftigst loslegt. Und ja, da kommt er auf die Bühne. Elvis trägt den Sundial-Suit, und er sieht keineswegs so schlecht aus wie in den Wochen und Tagen zuvor. Er lacht und läuft die gesamte Bühne auf und ab. Elvis lässt sich die Gitarre umhängen und geht zum Mikro. "Oh See, See See Rider...." Die Stimme ist sehr kraftvoll, der erste Eindruck könnte nicht besser sein. Vergessen sind die Bedenken, die viele Zuschauer vor dem Konzert hatten. Mit den ersten Sekunden der Show sind Ängste verflogen. Es waren wohl doch nur dumme Pressegerüchte, dass Elvis angeblich schwer krank sei und nicht mehr lange leben werde. Die Eröffnungsnummer ist jedenfalls perfekt, eine der besten Versionen der letzten Monate.
"Vielen Dank. Ich, wir..." Durch den Lärm der Zuschauer kommt er nicht dazu, Worte ans Publikum zu richten. Geht daher gleich über ins erste "well" des Abends. "Well, well, well, well." Ein Spielchen, das Elvis seit Jahren macht. Aber es klappt immer wieder, die Leute flippen aus, egal was Elvis auch macht. Es ist egal was er anstellt, Elvis hat gewonnen. Er geht in eine tolle flotte Fassung von "I Got A Woman", die Zuschauer klatschen im Takt mit. Es geht dann wie gewohnt über in Amen, aber erst zur ganz zaghaft, das erste Amen ist sehr langgezogen, als wenn Elvis noch überlegt, ob er es bringen soll oder nicht. Aber er macht und und fordert die Zuschauer zum Mitsingen auf. Es gibt zunächst leichte Temposchwierigkeiten, aber dann bekommen Elvis und seine Truppe es in den Griff. Der Sound in der Halle ist bombastisch, die Stimmung unbeschreiblich. Elvis beendet Amen dann, und es ist ganz kurz mal ruhig in der Halle. Aber nur solange, bis Elvis die Fans mit seinen Bewegungen provuziert. Erst den Kopf in die eine, dann in die andere Richtung. Dann geht's wilder zur Sache. Larry am Schlagzeug unterstützt ihn dabei. Die Fans rasten teilweise aus. J.D. Sumner's Part schließt sich an. Er hat eine solche Bass-Stimme, dass man wirklich denkt, ein Flugzeug fliegt durch die Arena. Dennoch ist Elvis unzufrieden. "J.D. hat die tiefste Bass-Stimme der Welt, das war zu einfach für ihn, er kann es besser." Also das Ganze noch einmal, schnell drei Zeilen von Amen und dann der Beweis. Elvis hat Recht. J.D. kann es tatsächlich noch besser. Kein Vergleich zum ersten Versuch, was mit starkem Beifall belohnt wird. Eine kurze Rückkehr zu I Got A Woman, die Gitarre wird zu Charlie Hodge geworfen, und Elvis bekommt nun sein Handmikro.
"Vielen Dank meine Damen und Herren. Ich möchte Ihnen sagen, dass es ein Vergnügen ist hier zu sein. Wir hoffen, wir können Sie heute Abend unterhalten. Was ist heute? Montag? Sonntag? Samstag? Wir bringen eine Menge Songs, alte und neue." Wer weiß, vielleicht singt er heute ja seine neue Single "Way Down". Schließlich ist das Lied ja seit dieser Woche in den Charts, und ein wenig Werbung schadet nie. "Unser Job ist es, Sie zu unterhalten, haben Sie einfach eine gute Zeit."
Weiter geht's im Programm mit Love Me. Das war zu erwarten, seit Jahren ist es immer das dritte Lied in einer Elvisshow. Elvis verteilt dabei wieder unzählige Schals und sucht den Kontakt zu den Fans. Es ist wieder eine der längeren Fassungen, ab 1975 sang er eine Strophe mehr, somit streckt sich das Lied auf knapp zweieinhalb Minuten. Musikalisch nicht unbedingt ein Highlight, eher Pflichterfüllung. "Das nächste Lied ist etwa wie die Geschichte meines Leben, ein Märchen/Fairytale." Seit 1975 sang Elvis dieses Pointer-Sister-Lied sehr oft und immer sehr gut. Das Tempo der Liveversionen war immer etwas schneller als seine Studioversion vom März 1975. Es zählt zu den weniger neueren Liedern einer Elvis-Show. Zwei Jahre alt, ist es auch nicht mehr ganz so frisch. Aber die Fans wollten sowieso immer nur die Oldies hören, wozu zuviele neue Lieder ins Programm einbauen? Die heutige Fassung ist sehr gut, Elvis singt sehr kraftvoll. Er ist tatsächlich außergewöhnlich gut drauf an diesem Abend. Wenn man das mit der Trauershow vom 19. 6. 1977 vergleicht, da liegen Welten dazwischen. Zu schade, dass CBS nicht diese Closingshow gefilmt hat, das wäre effektiver gewesen für das geplante TV-Special. Mit You Gave Me A Mountain geht es qualitativ sehr gut weiter. Das Lied ist seit Jahren ein Indikator dafür, wie Elvis tatsächlich drauf war. Wenn er eine tolle Fassung brachte, dann wusste man, ihm geht's recht gut, 1976 gab es einige schlechte Versionen, dementsprechend war das gesamte Konzert eher schlecht. Aber heute ist alles o.k., eine hervorragende Fassung. Der Tag in Graceland schien ihm gut getan zu haben.
Elvis letztes Konzert
Aus Graceland Nr. 146 von Stefan Juhrs
Nach dem vorletzten Konzert der aktuellen Tournee in Cincinnati fliegt Elvis direkt zurück nach Memphis. Elvis nutzt die seltende Gelegenheit, die Zeit zwischen zwei Konzerten in Memphis zu verweilen. Sicherlich eine Wohltat und um einiges angenehmer, als wieder einmal in einem fremden Hotelzimmer rumzuhängen. Elvis verbringt den Tag in Graceland und lässt sich am späten Nachmittag zum Flughafen bringen, um nach Indianapolis zu fliegen. Es ist der letzte Tag der Tournee, und Elvis freut sich sicherlich auf einige Wochen Urlaub, ohne Stress, keine beruflichen Aktivitäten. Nur noch wenige Stunden, und eine weitere ausverkaufte Tournee ist überstanden. Die Zeit vor dem Konzert verbleibt Elvis in seinem Privatjet, der Lisa Marie.
Zwischendurch kommt Elvis für etwa 20 Minuten aus dem Flugzeug, um einen Preis entgegenzunehmen und einen Preis zu überreichen. Die CBS-Crew ist dabei und filmt das Szenario für das geplante Herbst-TV-Special. Der Präsident des englischen Fan-Clubs, Todd Slaughter, überreicht Elvis Elvis eine Auszeichnung für die LP "Moody Blue". Das RCA-Presswerk in Indianapolis hat nämlich vor wenigen Tagen die zweimillardste Platte hergestellt, und das war eben die neue Elvis-LP, dafür bekommt er heute eine Auszeichnung. Elvis hingegen übergibt Tom Slaughter eine Auszeichnung für "zehn Jahre Präsident des englischen Fanclubs". Elvis wechselt ein paar Worte mit ihm, sagt auch, dass es an seinem Manager, Tom Parker, liege, dass er bisher noch nicht nach England kommen konnte.
Nach der Prozedur begibt sich Elvis zurück ins Flugszeug. Elvis tellt sich innerlich auf die Show ein. Erst kurz vor dem Auftritt wird Elvis zur Market-Square-Arena gefahren. Er mochte es überhaupt nicht, zu lange hinter der Bühne zu warten. Während Elvis noch im Flugzeug verweilt, läuft in der Halle das Vorprogramm. Das wird, wie seit Jahren bestritten vom Komiker Jackie Kahane, J.D. Sumner & The Stamps und den Sweet Inspirations. Eine Stunde dauert es etwa, bevor es eine weitere, letzte Pause von etwas mehr als 20 Minuten gibt. In der Ziet wird auf der Bühne alles vorbereitet für den King Of Entertainment. Das Mikro wird an seinen Platz gestellt, die Instrumente gestimmt. Die Musiker begeben sich auf die Bühne, und die Spannung unter den 16.500 Fans steigt ins Untermessliche. Wie historisch dieser Abend sein wird, kann noch keiner ahnen.
Und plötzlich wird es dunkel in der Halle, das Saallicht ist aus. Die Anspannung der wartenden Fans entlädt sich in einem einzigen lauten Schrei. Das Warten hat ein Ende. Es handelt sich nur noch um Sekunden, bis ein Traum Wirklichkeit wird. Ein ohrenbetäubender Lärm erfüllt die Arena. Die ersten Töne des 2001-Themas erklingen, und ein weiterer Aufschfrei ist die Folge. Es fährt jedem kalt den Rücken herunter. Die Zuschauer stehen größtenteils, obwohl alle Sitzplätze haben. Etwas über eine Minute steigert sich die Spannung immer weiter, bis dann Larrie Londin am Schlagzeug heftigst loslegt. Und ja, da kommt er auf die Bühne. Elvis trägt den Sundial-Suit, und er sieht keineswegs so schlecht aus wie in den Wochen und Tagen zuvor. Er lacht und läuft die gesamte Bühne auf und ab. Elvis lässt sich die Gitarre umhängen und geht zum Mikro. "Oh See, See See Rider...." Die Stimme ist sehr kraftvoll, der erste Eindruck könnte nicht besser sein. Vergessen sind die Bedenken, die viele Zuschauer vor dem Konzert hatten. Mit den ersten Sekunden der Show sind Ängste verflogen. Es waren wohl doch nur dumme Pressegerüchte, dass Elvis angeblich schwer krank sei und nicht mehr lange leben werde. Die Eröffnungsnummer ist jedenfalls perfekt, eine der besten Versionen der letzten Monate.
"Vielen Dank. Ich, wir..." Durch den Lärm der Zuschauer kommt er nicht dazu, Worte ans Publikum zu richten. Geht daher gleich über ins erste "well" des Abends. "Well, well, well, well." Ein Spielchen, das Elvis seit Jahren macht. Aber es klappt immer wieder, die Leute flippen aus, egal was Elvis auch macht. Es ist egal was er anstellt, Elvis hat gewonnen. Er geht in eine tolle flotte Fassung von "I Got A Woman", die Zuschauer klatschen im Takt mit. Es geht dann wie gewohnt über in Amen, aber erst zur ganz zaghaft, das erste Amen ist sehr langgezogen, als wenn Elvis noch überlegt, ob er es bringen soll oder nicht. Aber er macht und und fordert die Zuschauer zum Mitsingen auf. Es gibt zunächst leichte Temposchwierigkeiten, aber dann bekommen Elvis und seine Truppe es in den Griff. Der Sound in der Halle ist bombastisch, die Stimmung unbeschreiblich. Elvis beendet Amen dann, und es ist ganz kurz mal ruhig in der Halle. Aber nur solange, bis Elvis die Fans mit seinen Bewegungen provuziert. Erst den Kopf in die eine, dann in die andere Richtung. Dann geht's wilder zur Sache. Larry am Schlagzeug unterstützt ihn dabei. Die Fans rasten teilweise aus. J.D. Sumner's Part schließt sich an. Er hat eine solche Bass-Stimme, dass man wirklich denkt, ein Flugzeug fliegt durch die Arena. Dennoch ist Elvis unzufrieden. "J.D. hat die tiefste Bass-Stimme der Welt, das war zu einfach für ihn, er kann es besser." Also das Ganze noch einmal, schnell drei Zeilen von Amen und dann der Beweis. Elvis hat Recht. J.D. kann es tatsächlich noch besser. Kein Vergleich zum ersten Versuch, was mit starkem Beifall belohnt wird. Eine kurze Rückkehr zu I Got A Woman, die Gitarre wird zu Charlie Hodge geworfen, und Elvis bekommt nun sein Handmikro.
"Vielen Dank meine Damen und Herren. Ich möchte Ihnen sagen, dass es ein Vergnügen ist hier zu sein. Wir hoffen, wir können Sie heute Abend unterhalten. Was ist heute? Montag? Sonntag? Samstag? Wir bringen eine Menge Songs, alte und neue." Wer weiß, vielleicht singt er heute ja seine neue Single "Way Down". Schließlich ist das Lied ja seit dieser Woche in den Charts, und ein wenig Werbung schadet nie. "Unser Job ist es, Sie zu unterhalten, haben Sie einfach eine gute Zeit."
Weiter geht's im Programm mit Love Me. Das war zu erwarten, seit Jahren ist es immer das dritte Lied in einer Elvisshow. Elvis verteilt dabei wieder unzählige Schals und sucht den Kontakt zu den Fans. Es ist wieder eine der längeren Fassungen, ab 1975 sang er eine Strophe mehr, somit streckt sich das Lied auf knapp zweieinhalb Minuten. Musikalisch nicht unbedingt ein Highlight, eher Pflichterfüllung. "Das nächste Lied ist etwa wie die Geschichte meines Leben, ein Märchen/Fairytale." Seit 1975 sang Elvis dieses Pointer-Sister-Lied sehr oft und immer sehr gut. Das Tempo der Liveversionen war immer etwas schneller als seine Studioversion vom März 1975. Es zählt zu den weniger neueren Liedern einer Elvis-Show. Zwei Jahre alt, ist es auch nicht mehr ganz so frisch. Aber die Fans wollten sowieso immer nur die Oldies hören, wozu zuviele neue Lieder ins Programm einbauen? Die heutige Fassung ist sehr gut, Elvis singt sehr kraftvoll. Er ist tatsächlich außergewöhnlich gut drauf an diesem Abend. Wenn man das mit der Trauershow vom 19. 6. 1977 vergleicht, da liegen Welten dazwischen. Zu schade, dass CBS nicht diese Closingshow gefilmt hat, das wäre effektiver gewesen für das geplante TV-Special. Mit You Gave Me A Mountain geht es qualitativ sehr gut weiter. Das Lied ist seit Jahren ein Indikator dafür, wie Elvis tatsächlich drauf war. Wenn er eine tolle Fassung brachte, dann wusste man, ihm geht's recht gut, 1976 gab es einige schlechte Versionen, dementsprechend war das gesamte Konzert eher schlecht. Aber heute ist alles o.k., eine hervorragende Fassung. Der Tag in Graceland schien ihm gut getan zu haben.