Der 3. Dezember 1968, 21 Uhr östlicher Zeit, NBC.
Röhren glühten, Transistoren krachten;
Irgendjemand entfernte den letzten Rest vom Abendessen aus Opas Mundwinkel, neigte sich an dessen gutes Ohr und sagte ihm, dass er ins Wohnzimmer kommen sollte –
Elvis würde irgendetwas im Fernsehen machen. Eine panische Mutter schickte ihre noch panischere Tochter nach der Programmzeitung, um nur ja den richtigen Sender zu finden.
Es war die Rückkehr vom seichten Film zum rauhen Rock (gesponsert von einer namhaften Nähmaschinenfirma), die hier und jetzt ihre Premiere bestreiten sollte.
Die Kamera fuhr zurück und ließ den Künstler erkennen – doch es war kein weihnachtlich jovaler Familienentertainer, der da stand, sondern ein geschmeidiges Etwas in Schwarz.
Mit einem blutroten Halstuch und einer tief in den Hüften hängenden Gitarre.
Elvis blickte direkt in die Kamera und knurrte „If you´re looking for trouble, you came to the right place...“
Seine Blicke betäubend, seine Sinnlichkeit Funken sprühend – die Zweifler, in ihrer Skepsis vollkommen erschüttert, fühlten ihren Puls hochjagen.
Was sich in diesen ersten Augenblicken entwickelte, war ein Wagnis, eine Deklaration von Kraft.
Zuerst ein Zugeständnis an die Konkurrenz, dann die Entlassung derselben. Innerhalb von 60 Sekunden hatte Elvis seine Herrschaft deutlich gemacht.
Der verdunkelte Hintergrund wurde langsam hell, enthüllte den ultimativen Ausdruck von Selbstvertrauen und Courage.
Die Lichter gingen an und gaben den Blick auf die Bühne frei, die gefüllt war mit Dutzenden von Silhouetten – einige davon über vier Fuß hoch.
Jede Einzelne davon eingerahmt, jede mit einer Gitarre.
Nach einem mitreißenden Medley aus „Trouble“ und „Guitarman“ folgten zwei Takes aus den Sitdown-Shows, „Lawdy Miss Clawdy“ und „What You Want Me To Do“.
Danach ein Schnitt zu den Takes der Standup-Show, die mit genügend Klassikern aufwartete.
Von „Heartbreak Hotel“ und „Hound Dog“, über “All Shook Up“, „Can´t help Falling In Love“ bis hin zu „Jailhouse Rock“ und „Love Me Tender“.
Röhren glühten, Transistoren krachten;
Irgendjemand entfernte den letzten Rest vom Abendessen aus Opas Mundwinkel, neigte sich an dessen gutes Ohr und sagte ihm, dass er ins Wohnzimmer kommen sollte –
Elvis würde irgendetwas im Fernsehen machen. Eine panische Mutter schickte ihre noch panischere Tochter nach der Programmzeitung, um nur ja den richtigen Sender zu finden.
Es war die Rückkehr vom seichten Film zum rauhen Rock (gesponsert von einer namhaften Nähmaschinenfirma), die hier und jetzt ihre Premiere bestreiten sollte.
Die Kamera fuhr zurück und ließ den Künstler erkennen – doch es war kein weihnachtlich jovaler Familienentertainer, der da stand, sondern ein geschmeidiges Etwas in Schwarz.
Mit einem blutroten Halstuch und einer tief in den Hüften hängenden Gitarre.
Elvis blickte direkt in die Kamera und knurrte „If you´re looking for trouble, you came to the right place...“
Seine Blicke betäubend, seine Sinnlichkeit Funken sprühend – die Zweifler, in ihrer Skepsis vollkommen erschüttert, fühlten ihren Puls hochjagen.
Was sich in diesen ersten Augenblicken entwickelte, war ein Wagnis, eine Deklaration von Kraft.
Zuerst ein Zugeständnis an die Konkurrenz, dann die Entlassung derselben. Innerhalb von 60 Sekunden hatte Elvis seine Herrschaft deutlich gemacht.
Der verdunkelte Hintergrund wurde langsam hell, enthüllte den ultimativen Ausdruck von Selbstvertrauen und Courage.
Die Lichter gingen an und gaben den Blick auf die Bühne frei, die gefüllt war mit Dutzenden von Silhouetten – einige davon über vier Fuß hoch.
Jede Einzelne davon eingerahmt, jede mit einer Gitarre.
Nach einem mitreißenden Medley aus „Trouble“ und „Guitarman“ folgten zwei Takes aus den Sitdown-Shows, „Lawdy Miss Clawdy“ und „What You Want Me To Do“.
Danach ein Schnitt zu den Takes der Standup-Show, die mit genügend Klassikern aufwartete.
Von „Heartbreak Hotel“ und „Hound Dog“, über “All Shook Up“, „Can´t help Falling In Love“ bis hin zu „Jailhouse Rock“ und „Love Me Tender“.
Eingeleitet von Pianoklängen begann der zweite Abschnitt der Show –
Elvis kam die Treppe herunter, in einem weinroten, lässig geschnittenen Anzug und mit einem weißen Halstuch.
Ein zugleich berührendes und mitreißendes Medley aus drei (noch dazu sehr verschiedenen) Gospelsongs folgte, untermalt von Einlagen einer Tanzgruppe.
Spätestens hier wurde klar, wo seine Wurzeln lagen. „Where could I go but the Lord“, „Up Above My Head“ und „Saved“, bei denen er von einem Gospelchor begleitet wurde.
Ein weiterer Schnitt brachte die Zuseher erneut zu den Sitdown-Shows, diesmal mit einer energiegeladenen Version von „Tiger Man“,
einem schluchzenden „Tryin To Get To You“ und einer neuen, wunderschönen Ballade, „Memories“.
Der letzte Teil des Specials brachte die Fans wieder ins Studio, wo sie die besten Songs aus den letzten 29 Filmen erwarteten.
Das sogenannte „Roadmedley“ war zu einer kurzen Story zusammengebaut worden, die die Abenteuer eines jungen Ausreißers skizzierte.
In verschiedenen Kostümen (darunter auch das berühmte, goldene Glitzerjackett) sang sich Elvis durch „Nothingville“, „Big Boss Man“,
Guitar Man“, „Little Egypt“ sowie „Trouble“; und schliesslich brachte er eine neue, letzte Strophe von „Guitar Man“.
Nun hieß es: ...
“Well, I come a long way from the carwash,
got to where I said I´d get
now that I´m here I know for sure,
I really ain´t got there yet
So I think I´ll start all over, sling my guitar on my back
I´m gonna get myself back on the track,
and I´ll never ever gonna look back
I´ll never be more than what I am,
wouldn´t you know I´m a swinging little guitar man...“
Was danach folgte, war wohl der Höhepunkt des Abends.
Eigens für die Sendung war ein neues Lied komponiert worden, basierend auf einer Rede von Martin Luther King.
Elvis kam auf die Bühne, in einem wunderschönen weißen Anzug mit einem roten Halstuch. Und er verlor sich selbst in dem Song.
Als der Applaus begann, bebte das Studio. Elvis hob triumphierend die Arme, dann stand er da. Schüchtern, fast demütig, mit herabhängenden Armen..
„Thank you, good night...“
Er war den Tränen nahe. Nicht nur er...
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Aber wie war es eigentlich zu diesem Comeback gekommen? Nun, am 18. Januar 1968 hatte die Variety folgende Schlagzeile:
„Presley´s doppelter Deal mit NBC“
Die Story enthüllte Elvis´ schriftliche Abmachung, eine Dokumentation und ein Special zu drehen. NBC hatte Parker angeboten, ein TV-Special zur Weihnachtszeit zu machen.
Es sollte Elvis´ erster TV-Auftritt seit der Sinatra-Show im Jahr 1960 werden.
Die erste post-militärische Pressekonferenz bezeichnete das Geschäft als Meilenstein. Parker gab den Weg vor, ihm folgten Binder und Finkel.
Sie waren für alle Fragen offen, das Komikerduo Parker/Presley blühte zur Höchstform auf. Zur Frage, warum er die Show mache, meinte Elvis grinsend
„Wir haben erkannt, dass es Zeit dafür war. Außerdem dachte ich – ich mach´s besser jetzt, bevor ich zu alt dafür bin.“
Parker unterbrach ihn hier, um hinzuzufügen„Wir haben auch ein sehr gutes Geschäft dabei gemacht!“
Natürlich wollte die Presse unbedingt wissen, ob Elvis in der Show auch schauspielern oder gar singen würde.
„Ich werde ganz sicher singen, und zwar ausschliesslich die Lieder, für die ich bekannt bin.“
Parker darauf: „Wenn er alle Lieder singt, für die er bekannt ist, wird es wohl ein paar Stunden dauern.“
„Mr. Presley, hat sich ihr Publikum sehr verändert?“
„Nun, sie bewegen sich nicht mehr so schnell, wie sie gerne möchten...“
Als Parker gefragt wurde, warum er überhaupt zum Fernsehen gegangen war, lächelt er wissend.
„Wie sie alle wissen, haben wir nächsten Monat einen Mund mehr zu stopfen – und wir brauchen das extra Einkommen“ (Nur zwei Wochen später kam Lisa Marie zur Welt)
Die Firma „Singer Nähmaschinen“ sponserte die Sendung mit kolportierten 400.000,- Dollar. Deren Projektleiter, A. DiScipio war mit Binders Idee einverstanden, was an sich ein mutiger Schritt war.
Denn es war zu bedenken, dass Singer eventuell einer Version, ähnlich der PerryComo Show, den Vorzug gab.
Darüberhinaus hatte Singer eine LP mit großteils unveröffentlichten Songs von Elvis, die ab Oktober in den Regalen stehen sollte.
Nur, was aber genau führte eigentlich zur Notwendigkeit dieses Comebacks? Was war der Auslöser?
Die Celluloidjahre waren von gemischten Gefühlen gepflastert. Die Filme waren einfach, manchmal lustig zu machen gewesen.
Lustig anzusehen und immer profitabel. Auch wenn die Einnahmen von Streifen zu Streifen geringer wurden, es war eine bequeme Abwechslung zur Bühne, wo die Konzerte
(für die Kritiker) immer weniger mit der Darbietung und immer mehr mit dem Publikum zu tun hatten.
Doch während dieser Zeit setzte eine Art Lieblosigkeit ein. Die Musik, die immer der Funke gewesen war, wurde von den Filmen diktiert. Und diese wiederum leider von allzu naiven Drehbüchern.
Es war korrekt, dass die meisten seiner Kollegen und Konkurrenten immer mehr Platten absetzen konnten, während seine eigenen Verkäufe langsam zurückgingen.
Aber Elvis hatte sich mit der Apathie seiner Fans nie konkret auseinandergesetzt. Er hörte mit den Konzerten auf, als er sich selbst nicht mehr hören konnte – in Hollywood musste er sich nicht spielen hören. Zwischen ´61 und´68 , als er aufgehört hatte, live aufzutreten, waren nur zwei seiner Singles in den Charts gewesen. „Good Luck Charm“ hatte ´62 gerade noch den ersten Platz geschafft, „Crying In The Chapel“ kam ´65 nur knapp in die Top Ten.
Die Filme und die begleitenden Alben, früher Garanten für steigende Absätze, brachten von Mal zu Mal weniger ein. Aber auch die neuen, besseren Aufnahmen, die Elvis herausbrachte,
wurden großteils ignoriert. Darunter befanden sich Titel wie „Indescribably Blue“, „U.S.Male“ und „Guitar Man“.
Der Wendepunkt kam 1966 mit dem ersten Doppelpack von Elvis und Felton Jarvis. Aus dieser Zusammenarbeit entstand ein Gospelalbum mit dem Titel „How Great Thou Art“, welches Elvis
den ersten Grammy einbrachte. Ende des darauffolgenden Jahres kehrte das Team zu seinen Blueswurzeln zurück und der „Big Boss Man“ durchbrach die Top 40.
Das brachte die Lust und die Freude an der Musik zurück – ein Gefühl, dass nach seiner Armeezeit immer mehr verebbt war.
Und in einer gewissen Weise war Elvis froh darüber, so lange nicht mehr aufgetreten zu sein – denn so war die Rarität seiner Auftritte ein weiterer Bonus.
Aber nicht nur seine eigene Karriere, auch andere Umstände machten eine Rückkehr mehr als notwendig.
Seine allmählich wachsende Affäre mit Hollywood war zu einer des-illusionierten Ehe gereift, und in dieser Zeit hatten die Beatles die Herrschaft über sein früheres Königreich übernommen.
Die Politik des Landes hatte sich radikal geändert – Kennedy war relativ schnell an die Macht gekommen, aber auch genauso schnell wieder zum Schweigen gebracht worden.
****
Die Version, die Parker im Sinn gehabt hatte, war jedoch eine gänzlich andere als die, die schließlich über die Bühne ging. Denn nach seiner Vorstellung sollte Elvis im Smoking auftreten
und einige der bekanntesten Weihnachtslieder singen; und das mit einer Verbeugung und einem artigen „Good evening, ladies and gentlemen"
.. das Ganze am Besten unter dem Titel „Elvis and the Wonderful World of Christmas“. Und auch die Mischung Binder/Howe wollte Parker nicht gefallen, doch Elvis nahm die beiden in Schutz.
„Hey Leute, wir machen das, was wir wollen. Keine Sorge!“
Es sollte kein Adventspecial werden, also nahm Elvis auch in der Setlist keine Rücksicht auf die Jahreszeit.
Und eine weitere Vereinbarung garantierte, daß es neben ihm keine Stargäste geben würde. Die Show stand und fiel mit ihm.
Das Herausragende an der Show war einerseits, daß Elvis genau wußte, welch großer und mutiger Schritt notwendig dazu war;
andererseits die Sicherheit, daß NBC einen jungen, mutigen Regisseur unter Vertrag genommen hatte, der die ideale Vision dazu hatte.
Steve Binder war gerade mal 23 und sein Können wurde an Events wie dem „Hullaballoo“ oder der „T.A.M.I. Show“ gemessen.
Zu dieser Zeit stand er gerade im Kreuzfeuer der Presse, weil er (entgegen seiner Direktive) Petula Clark in deren Special gestattet hatte, Harry Belafonte zu küssen.
Doch Binder´s Version der Show war eine andere als die seines Partners Howe. Dieser war bereits bei früheren Aufnahme-sessions Elvis´ dabei gewesen und hatte sich daran erinnert.
Damals hatte Phillips die Bänder immer wieder zurückgespult und Elvis gebeten, sein Gefühl wiederzufinden. Und genau dieses Gefühl wollte er bei seinem Star wieder hervorholen.
Das Hauptthema war die Geschichte eines jungen Mannes, der sein Heim verlassen hatte, um in eine kalte, grausame Welt aufzubrechen. Ein bekanntes Thema, so wie die Selbstfindung eine
populäre Art des Weglaufens in den 60ern war. Eine Zeit, in der zahllose Jugendliche ihr Heim hinter sich ließen, um ihrem Traum zu folgen..
So gesehen war die Story aktueller denn je, denn die Jugend war nicht nur politisch, sondern auch musikalisch desorientiert. (Nach dem Rausch von „Sgt.Pepper“ herrschte eine Katerstimmung –
das Gefühl, den Kontakt zu den Ursprüngen der Musik verloren zu haben) Elvis als junger, unschuldiger „Guitar man“, auf der Suche nach Ruhm und Anerkennung.
Ein Medley aus „Big boss man“, „It hurts me“ und 5 weiteren Songs sollte eine Reise durch Abenteuer und Rückschläge eröffnen.
Für diese Zeitreise gingen beinahe zwei volle Drehtage drauf, das Script wurde mehr als nur einmal umgeschrieben, ebenso wie die Setlist. Das erste, was unter die Schere kam, war die Bordellszene.
Binder dazu:
„Das erste, was der Junge tut, ist, ins Bordell zu gehen. Klar, daß er mit einem der Mädchen ins Bett geht – guten Geschmack hin oder her. Doch die, die er sich aussucht,
ist ausgerechnet Purity, die einzige ohne Erfahrung.“
(In der Wiederholung, die am 17. August ´69 ausgestrahlt wurde, waren jedoch auch die Szenen für“Let Yourself Go“ und „Little Less Conversation“ enthalten – ebenso wie in der Videofassung)
Zwischendurch sollte vielleicht erwähnt werden, daß die Schlüsselszenen komplett in den Western Recorders in Hollywood aufgezeichnet wurden, also ohne Publikum.
Die Tänzer und Schauspieler, die Elvis dabei begleiteten, waren „The Blossoms“ und die „Claude Thompson dancers“.
Binder hatte Goldenberg als musikalischen Arrangeur angeheuert.
„Was ich mit Elvis immer verband“, meinte er, „war etwas Rohes, Schlimmes...etwas grundliegend sexuelles. Sehen sie, die meisten seiner Filme zeigten ihn als den netten Jungen
von nebenan, den Helden – doch das war nicht er selbst. Bei gewissen Arten von Gewalttätigkeiten war er aufgeregt und nervös.“
Es schien, als hätten Binder und Goldenberg in dieser Hinsicht einiges gemeinsam. Sicher, die Show hätte auch damit beginnen können, daß Elvis durch einen Vorhang aus Lampions und Girlanden trat.
Stattdessen fing alles mit „Trouble“ an – im wahrsten Sinne des Wortes. Ein wenig hart und brutal – aber mit einem Elvis, der bedrohlicher und anziehender wirkte als je zuvor.
Goldenberg´s Arrangements beinhalteten das NBC Orchestra und das Los Angeles „A-Team“. Der Klang war voll und harmonisch, spornte Elvis dazu an, immer mehr von sich zu geben,
um nicht darin unterzugehen.
Sein effektivster Einsatz war wohl das Gospelmedley, denn dabei hatte er drei sehr verschiedene Songs zusammenzufügen. Am Anfang stand „Sometimes I feel like a motherless child“,
das Darlene Love in einem bewegenden Solo vortrug. Dann setzte Elvis mit mit „Where could I go but the Lord“ ein, einem Standardgospel von Coat, den Elvis bereits seit seiner Kindheit kannte.
Er hatte den Song auch schon für „How Great Thou Art“ aufgenommen. „Up Above My Head“, eine alte, schwarze Gospelnummer, war von Brown extra für die Show adaptiert worden.
Schließlich kam mit Leiber & Stoller´s „Saved“ ein Gospel, mit dem LaVern Baker schon ´61 einen Hit gelandet hatte. Zu einem irren Double-shuffle-rhythmus lieferte Elvis beinahe eine Parodie, besonders bei Zeilen wie „..I used to lie, cheat and step on people´s feet..“, so als ob sein Leben genauso verlaufen wäre.
Um die Schlußnummer schließlich gab es heftige Diskussionen. Der Colonel wollte „I´ll Be Home For Christmas“, gefolgt von einem weihnachtlichen Segen Elvis´.
Binder und Howe jedoch wollten etwas Gewagteres, einfach anders. Nun war das Talent von Brown wieder gefragt. Ironischerweise war Brown einige Jahre vor Elvis bei RCA
unter Vertrag gewesen, damals mit den „Sky larks“. Mit dem Wissen, daß er ein kraftvolles, originelles Lied benötigte, um den Weihnachtssong auszubooten, ging Brown nach Hause.
Er sollte den besten Song seiner Karierre schreiben.
Binder:
„Am nächsten Morgen rief er mich gegen 07 Uhr an und rief ´Ich hab`s!´“ Was der Komponist hatte, war „If I Can Dream“.
In einer Zeit, als die Feindschaft zwischen Kennedy und Martin Luther King erwachte, war der Song so etwas wie ein Gebet für Frieden und Aussöhnung – während das Land sich zu spalten schien.
Brown spielte Elvis das Lied sechsmal vor; ihm, der nie zuvor ein Lied mit politischer Aussage gemacht hatte.
Auch hatten seine Songs bis dahin keine Botschaft enthalten. Doch Elvis wollte es machen, er zog es durch. Als Beispiel dafür, wie weit er seine persönliche Meinung verdrängte,
muß man sich an Folgendes erinnern: exakt ein Jahr zuvor hatte er für „Speedway“ Songs wie „Five Sleepy Heads“ oder „He´s Your Uncle, Not Your Dad“ aufgenommen.
Trotzdem war der Song nicht rein politisch angelegt; er umschrieb einfach die gütige, geistige Einstellung, die auch Elvis selbst besaß.
Es war erhebend, doch nicht umwälzend – und somit ein logischer Abschluß. Anmerkung: als Elvis die Playbacks dazu hörte, meinte er:
„Ich werde nie mehr Songs oder Filme machen, an die ich nicht wirklich glauben kann.“
Selbst die Einwände des Colonels sollten zunichte gemacht werden; nämlich dadurch, dass Elvis eine Art von Verpflichtung an den Tag legte, die er jahrelang nicht gezeigt hatte.
****
Nach den schweißtreibenden Aufnahmen sprach Elvis mit seinem Cousin Billy über die Arbeit.
„Ich hatte Todesangst! Mann, weißt du, als wir die Szenen aufnahmen. Ich wußte nicht, wie sie darauf reagieren würden. Doch etwas, was immer bei mir war, war meine Musik.
Ich wollte zurück – dahin, wo ich herkomme.“
In den Verträgen war anfangs festgehalten worden, dass Elvis nicht vor Publikum auftreten würde. Doch Binder war es zu verdanken, daß alles anders kam.
Joe Esposito erinnert sich:
„Die Proben und Aufnahmen waren derart intensiv, daß wir auf Rollbetten, die sie uns zu Verfügung gestellt hatten, in den Garderoben schliefen.
El arbeitete fieberhaft, immer daran denkend, was auf dem Spiel stand. Zwischen den Takes saßen wir alle zusammen in seiner Garderobe und jammten.
Es war keine Probe im eigentlichen Sinn – nein, wir spielten, um uns zu entspannen. Diese Seite von ihm kannten bisher nur wenige.“
Binder platzte eher zufällig in eine dieser Sessions und seine erste Idee war es, sie mit der Kamera einzufangen. Im Endeffekt war es das Konzept für die Shows,
die heute als „Sitdown“ bekannt sind. Elvis würde ungezwungen dasitzen, im Kreis seiner Freunde, um mit ihnen zu spielen und zu scherzen – wie in der Garderobe.
Am 24. begannen die Jungs mit den Proben und Joe schnitt drei der Songs auf Band mit, damit Elvis in etwa eine Vorstellung davon hatte,
wie das Ganze klingen würde bzw sollte. Und Elvis mußte gewußt haben, was er da auf Band hatte – denn nach zähen Verhandlungen und noch mehr gutem Zureden war er schließlich soweit,
live vor Publikum zu spielen.
Daraufhin organisierte Binder 4 Shows (*) für den 27. und 28., jeweils um 18und um 20 Uhr. Doch kurz vor der ersten Show sagte Elvis plötzlich wieder ab, er hatte es sich anders überlegt.
Tatsache war, daß er in der Garderobe Todesängste ausgestanden hatte. „Ich bin seit 8 Jahren nicht mehr live aufgetreten. Was, wenn sie mich nicht mehr mögen; wenn sie mich auslachen?“
Dazu kam, daß Belew eigens dafür einen schwarzen Lederanzug entworfen hatte (allerdings in der fälschlichen Annahme, er wäre in jungen Jahren ebenfalls in Leder aufgetreten) und Elvis
nun nicht wußte, wie dieser im Scheinwerferlicht wirken würde.
Davon abgesehen sollte er nun auch mit den Leuten reden, etwas, was er nie getan hatte. Gut, er hatte in den ersten Tagen noch Witze erzählt, aber ab´56 hatte man davon sowieso
nichts mehr verstanden.
Erst als Joe mit ihm sprach, war er wieder soweit in Ordnung.
„Es war ergreifend; schwer für mich, diese Megapräsenz mit meinem Kumpel in Einklang zu bringen. Der Junge, mit dem ich Mädchen aufgerissen hatte und Fußball gespielt ..
Ställe ausgemistet. Dann erst verstand ich wirklich, daß El vorhatte, da draußen für die ganze Welt zu spielen.“
Manchmal, wenn er das getan hatte, was ja im Grunde nur natürlich gewesen war, war er vielen wie ein Prophet vorgekommen, dann wieder wie ein Genie. Sollten die anderen nur Idioten aus
sich machen mit ihrer Technologie, ihren Wah-wah-pedalen, den Overdubs und Rocksymphonien. Den poetisch angehauchten, sozialkritischen Texten. Elvis wollte zurück in die Garagen und
Turnhallen – und indem er das tat, machte er seinen Anspruch auf den Rock´n´roll deutlich geltend.
Doch welche Gründe auch immer er dagegen angeführt hatte, die erste Show machte sie allesamt zunichte. Seine Fans, sein Publikum – sie hatten ihn nicht vergessen.
Die schlechten Chartplazierungen und die flauen Absätze bedeuteten nur, daß sie auf Etwas warteten. Darauf, daß er wieder zu sich selbst fand.
Und als Elvis am 27. Juni ´68 um 18 Uhr westlicher Zeit auf die Bühne des Studio 4 trat, erfand er nicht nur das „Unpluggedkonzept" –
nein, er erfand sich selbst noch einmal neu. Als er auf die kleine Bühne trat, saßen Scotty und DJ (die Gründungsmitglieder des ersten Trios),
unterstützt von Alan Fortas und Charlie Hodge, auf Holzstühlen, die in dem Boxring aufgestellt worden waren. Neben Elvis, auf der ersten Stufe,
saß Lance LeGault, ein Schauspieler, der mit Elvis mehrere Filme gedreht hatte.
Der Applaus, der losbrach, als Elvis die Stufen hochstieg, verunsicherte ihn wohl mehr als daß er ihn beruhigte.
Er nickte, setzte sich und stöpselte seine Gitarre an. Dann sah er in die Runde und grinste. Plötzlich stand er auf und lachte, „Also.....gute Nacht!“
die Jungs und die Leute rundherum lachten, das Eis war gebrochen. „Also gut, was machen wir, Jungs?“ Elvis sah sie fragend an.
Dann fuhr er fort. „Hmm, als erstes möchte ich mich dafür bedanken, daß sie alle gekommen sind. Das hier ist eigentlich eine informelle Show, die wir für unser Special mitschneiden werden.“
Inzwischen stimmte Scotty seine Gitarre und grinste, „Ich sollte nen Klempner rufen, ha!“
Elvis´ Stimme war heiser vor Aufregung, die Nervosität war förmlich spürbar.
„Wir haben keine komplette Band heute Nacht, aber wir wollen ihnen zeigen, wie wir – wie ich – vor 14 Jahren angefangen habe. Eine Idee davon, wie wir damals geklungen haben,
so um 1912..äh..sag´ mal, wann war das eigentlich?“ Dann stellte er seine Mitstreiter persönlich vor.
„Tja, das Erste, was wir aufgenommen haben, das Allererste, war ein alter Bluessong namens `That´s allright little Mama` .. und wenn ich jetzt einschlafe
(dabei wurde seine Stimme immer leiser und er lies seine Augen zufallen), dann tritt mich einfach. Und wir hatten nur zwei, drei Instrumente dabei; eine Gitarre, einen Bass und
noch ´ne Gitarre – und es war so“.
Was nun folgte, war eine mitreißende Version seines ersten Hits. Die alte Kraft, in einer neuen Zeit, einem neuen Abschnitt. Auch wenn seine Stimme durch die Anspannung zitterte,
war sie doch rauh und erwachsen. Und doch benahm er sich wie ein kleiner Junge, der einfach mächtig viel Spaß hatte. Und was noch wichtiger war – es sah nicht aus wie ein gut bezahlter Job,
eher wie ein Treffen alter Freunde auf der Veranda und genau das war es auch. Sie spielten für sich selbst – mit Leib und Seele.
DJ lachte: „Schon ´ne ganze Weile her, was El?“ Elvis nickte grinsend und antwortete: „Und dann machten wir ..hm-hm..well, if your baby leaves ya..“ - richtig, „Heartbreak Hotel“.
Bei der Nummer hielt er das Sitzen nicht lange aus und versuchte, im Stehen zu spielen. Da aber zu wenig Kabel da war, mußte er sich mit ein paar Hüftschwüngen im Sitzen begnügen.
Gleich danach fielen sie in eine träge Version von „Love me“.
Während dem obligatorischen Schluchzen nach „..crying over you-ou..“ fing Elvis an, sich zu räuspern, und das nicht gerade leise. Und damit hatte er wiederum die Lacher auf seiner Seite.
Als er soweit war, „Baby What You Want Me To Do“ zu spielen, tauschten er und Moore die Gitarren miteinander. Und Scotty gefiel diese Idee überhaupt nicht.
Seine Gibson 400 war ein prämiertes Modell und Elvis war einer, der nicht gerade sanft mit der Gitarre umging – er schlug mehr, als daß er zupfte.
Bevor er den ersten Akkord anschlug, fragte er DJ:
„Sind wir im T??" „Hm?“ „Sind wir im Fernsehen?“ „Nein, wir sind auf einem Güterzug, haha!“ „Gut, dann zeig´s uns..“
Ein stampfender Rhythmus, zu dem sie im Trio sangen – mehr als genial. Elvis holte tief Luft und lehnte sich lässig zurück.
„Gebt mir mal den Stichwortzettel, damit ich weiß, was ich jetzt sagen muß."
Also, hm.....Elvis spricht über seine erste Aufnahme.. tja, zu spät. Oh – und was danach passiert ist.“
Alan grinste: „Sag schon Elvis, was ist danach passiert?“ „Warte ´ne Minute". Elvis spricht darüber, wie man ihn von der Hüfte aufwärts gefilmt hat und er ..
(hier kommt die berühmte Stelle mit *touching hands with body.. eh.. body with hands* ; sowas kann man einfach nicht übersetzen ) ..Dann...erzählen über...hm... Weihnachtslieder.
Er sah in die Runde und machte eine kurze Pause.
„Gut, ich möchte ein wenig über Musik sprechen – sehr wenig, haha!! Nun, in den letzten 10, 12 Jahren hat es große Veränderungen in der Musikwelt gegeben. Alles ist viel technischer und ausgefeilter geworden. Wissen sie, ich mag einige der neuen Gruppen, wie die Beatles und die Beards. Doch der Großteil davon basiert .. unsere Musik basiert.. Rock´n´roll basiert auf Gospel oder Rhythm und Blues, oder hat zumindest seine Wurzeln dort. Und die Leute suchten nach diesen Wurzeln und experimentierten damit.“
„Aber all das..äh..sagt mal, worüber rede ich hier eigentlich. Wissen sie, manchmal red´ ich einfach nur so vor mich hin, hihi! Nun, damals dachten wir : Du kannst machen was du willst – egal was! Und so machten wir .. well, it´s one for the money..“
Was folgte, war eine regelrecht elektrisierende Version von „Blue Suede Shoes“, die ohne Pause in eine kurze Version (oder besser ein Anspielen) von „What You Want Me To Do“ überging.
Aber schon nach den ersten Takten unterbrach Elvis und sagte „Wartet einen Moment, ich hab was an der Lippe, pfft“. Dabei sah er eines der Mädchen in der ersten Reihe an und lachte
„Ich hab Neuigkeiten für dich, Baby; ich hab 29 Filme so gemacht!“
DJ lachte und sagte: „Hey Elvis, Finger..“ Er nickte, „Das war alles, was ich bewegen konnte. Die Polizei kam raus zu uns und filmte ein Konzert in Florida. Denn die PGA und das YMCA meinten,
ich wäre...na ja, irgendetwas. Und sie sagten: "Mann, der muss verrückt sein!" Und so, hm, kam die Polizei und nahm die Show auf. Ich konnte mich nicht bewegen, ich mußte stillhalten.
Das einzige, was ich rühren konnte, war mein Finger. Und dann `You ain´t nothing but a ..`und so weiter, während der ganzen Show.“
Ein weiterer Blick auf den Spickzettel: „Aha, da gibts nen Punkt zu diesem Special – ich soll tun, was ich möchte..also hinsetzen!“
„Hey Elvis, was machen wir denn jetzt?“ „If you´re looking for trouble, you came to the right place!“ Scotty sah ihn mit großen Augen an und fragte:
„Würdest du bitte ´Lawdy Miss Clawdy´ für mich spielen?"
Alan lachte auf: „Das erste Mal seit 12 Jahren, daß er auf der Bühne spricht, whew!“ DJ nickte. „Und auch hinter der Bühne, haha!“
Jetzt begann auch Elvis zu kichern. „12 Jahre Mann, spielte er Gitarre für mich..und sagte nie irgendetwas. Und plötzlich fragt er mich, ob ich ´Lawdy Miss Clawdy´für ihn spiele – zum ersten Mal."
„Well, well, we-e-e-ll, hm-hm – ok, vergiß es!"
Ein langgezogenes „Well“ eröffnete eine energische Version des gewünschten Songs, gefolgt von einem etwas irritierten „Are You Lonesome Tonight“ (irritiert deshalb,
weil die Sprechpassage noch nicht so funktionierte, wie sie sollte) und einem gar nicht so traurigen „When My Blue Moon Turns To Gold Again“.
Noch im Ausklingen des Songs summte Elvis: „Ich hatte vor, etwas Anderes zu tun, bevor..“ und leitete somit den einzigen Weihnachtssong der Show ein, „Blue Christmas."
Als nächstes kam „Trying To Get To You“, bei dem Elvis diesmal mehr schrie als sang. Und auch Scotty bekam es mit der Angst zu tun – sie hatten wieder die Gitarren getauscht.
Die Midtempoversion von „One Night With You“ wurde kurz unterbrochen, mitten im Song brach Elvis ab und rief „Hey, jemand hat mir den Stecker rausgezogen!“ „Hm..ach ja..always blue..“
Ein geknurrtes „Oh ja, spiel´s dreckig, Baby“ eröffnete eine nochmalige, raue Version von „What You Want Me To To." „Du hast es!“ rief DJ nach dem letzten Akkord, „Mann, du hast es!“
„Äh..was..ach ja, wir – wir wollen noch einen Song spielen, denn da draußen ist noch mehr Publikum, das hereinmöchte.“ Das Publikum machte seinem Unmut mit einem traurigen „oooch“ Luft,
und Elvis grinste schadenfroh. „Hey, das funktioniert hier!“
"Kann ich etwas mehr Kabel haben, ich will aufstehen dabei?“ sagte er grinsend und sah fragend in die Runde. „Nicht? Schade.“ „Aber du kannst den Fuß auf den Stuhl stellen, dann geht´s auch“ meinte Scotty. „Ok, also noch ein Lied für euch..Namens..´Kein Kabel`(No strap)". Und so bastelten sie ´No strap for you´ zusammen, zwar nicht ganz so rasant wie das Original,
dafür aber umso lustiger.
Das war der Elvis, der 12 Jahre zuvor die „Million Dollar Quartett" Session mit den Worten
„Deswegen hasse ich es, die Aufnahmen überhaupt zu beginnen. Ich bin immer der Letzte, der geht!“ einleitete.
Nachdem seine Jungs schließlich die Bühne verlassen hatten, kam nun der eigentliche Höhepunkt der Show. „Memories“, eine neue Ballade, die Elvis, nur mit dem Mikro bewaffnet, zum Besten gab.
Er saß auf den Stufen des Rings, umgeben von einigen Mädchen aus dem Publikum. Die Musik kam vom Playback, aber Elvis sang live dazu. Und das war mehr als nur eine Zugabe, es war ein Song,
an den er glaubte. Er ließ sein ganzes Gefühl hineinfließen, und wer sein Gesicht sah, war sich nicht sicher, ob es der Schweiß war, der ihm übers Gesicht lief;
oder ob es ihm genauso ging wie den Fans – die ihre Freudentränen nicht verbergen konnten, weil sie ihn endlich wiederhatten.
************
Während Elvis unter der Dusche verschwand, wurde der Lederanzug im Eiltempo gereinigt und getrocknet – denn knappe 60 Minuten später saßen die Jungs wieder im Ring.
Elvis lachte laut auf „Ist verdammt lange her, was?“ Scotty lachte: „Ja, 50 Minuten, haha!“ Dann krachten sie in „Heartbreak Hotel“
Die Setlist dieser Show war, bis auf „Tiger Man“ und „Santa Claus Is Back In Town“, dieselbe wie die der ersten. Ebenso wie die Themen, über die sie in der Pause sprachen.
Trotzdem gab es reichlich zu lachen – einerseits war es ein neues Publikum, andererseits waren Elvis spontane Ideen immer für einen Lacher gut.
Zwischen zwei Songs etwa ließ er sich von einem der Mädchen den Schweiß abtupfen. Er drehte sich um und grinste: „Kann sich hier jemand um mein Make-up kümmern?“
Und die Girls stritten sich darum, ihn berühren zu dürfen. Als sie wieder anfingen zu spielen, brach Scotty plötzlich lachend ab. „Was ist los, hm?“ Er streckte die Hand nach Elvis Gesicht aus
und entfernte einen Fussel von seiner Wange. „Schlampige Arbeit, also ehrlich!“ Und wieder kreischten die Mädchen.
Der nächste humoristische Höhepunkt kam während „Santa Claus..“. Elvis kündigte den Part als „persönlichen Lieblingsweihnachtssong“ an, aber schon am Ende der ersten Strophe sang er
„..und jetzt weiß ich keinen Text mehr". Aber nur ein anderer Akkord war nötig, dann waren sie mitten in „Blue Christmas“. Das war der Elvis, den viele bereits verloren geglaubt hatten.
Es war, als würde er sagen: „Rock´n´Roll hat nichts mit Frieden, Liebe und Blumenkränzen zutun; drei Akkorde und ne kleine Countryband ist alles was du dazu brauchst.."
Während der gesamten Aufnahmen hatte es immer wieder kleine technische Pannen gegeben. Oft mit den Kameras, aber noch öfter mit den Mikros. Für den Fall, daß eines ausfallen sollte,
war vorgesehen, dass Elvis anfing zu lachen und einen Joke brachte, um den Fehler zu ironisieren. Als das Mikro wieder funktionierte, hielt Charlie Elvis die E-Gitarre hin. Elvis griff danach,
zuckte aber mit einem schelmischen Grinsen wieder zurück. Er schüttelte den Kopf und schnarrte:
„Warte, bis ich das Mikro losgelassen hab. Wir haben das bei den Proben gemacht. Mann, ich sag euch, wenn ich die Gitarre und das Mikro gleichzeitig berührt hätte, würdet ihr mich wackeln sehen, wie ich noch nie zuvor gewackelt habe".
Das bereits erwähnte „Tiger Man“ sang er hier zum ersten Mal. Ein Song, den R. Thomas 1953 aufgenommen hatte. Elvis hatte sich stets vorgenommen, den Song bei SUN aufzunehmen und
später macht er noch Witze darüber. „Das war meine zweite Aufnahme, aber nur Wenige haben sie bisher gehört.“ Die Show wurde, wie schon die Erste, wieder mit „Memories“ abgeschlossen.
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Nach dem Erfolg der Sitdown-Konzerte stimmte Elvis auch dem Vorschlag zu, die Standup-Shows mit Orchesterbegleitung vor Publikum zu absolvieren.
Und so stand er bereits einen Tag später wieder im Rampenlicht. Diesmal allerdings gab es keine Stühle, keine Freunde, keine Stützen. Die Musik kam vom Orchester,
das im verdunkelten Hintergrund des Studios versteckt worden war. Goldenberg hatte sehr vielseitige Arrangements geschrieben, und die Präzision der Musiker stand im krassen Gegensatz
zu den vorherigen Shows. Und obgleich Elvis bereits zwei Konzerte gegeben hatte, war er nervös wie vorm ersten Mal.
Die Lautsprecher surrten, dann die Ansage:
„Welcome to the NBC and the Elvis Presley special. And.. here is Elvis Presley!“
Ein Trommelwirbel begleitete Elvis auf die Bühne, und nach einem kurzen, nervösen Räuspern meinte er: „Ich wollte das eigentlich erst später machen, aber lass es uns jetzt machen, Baby.“
Er sah ins Publikum und grinste, der tosende Applaus (es waren viel mehr Leute als bei den kleinen Shows) verunsicherte ihn sichtlich.
„Hey, schon gut – das reicht!" Er zitterte, als er nach dem Mikroständer griff, dann fing er mit „Heartbreak Hotel“ an und alles war vorüber. Ohne Pause jagte er durch „Hound Dog“ und
„All Shook Up“, erst dann bekam er eine kurze Auszeit, und die war nötig, denn Elvis gab sowohl stimmlich als auch körperlich alles.
Er bedankte sich und holte tief und hörbar Luft. Es folgte eine wundervolle Version von „Can´t Help Falling in Love“, der ersten Singleauskoppelung des ´62er Streifens „Blue Hawaii“.
Daraufhin fielen Orchester und Sänger in ein atemberaubendes „Jailhouse Rock“, das ohne Zwischenspiel in „Don´t Be Cruel“ überging. Nach einem kurzen Atemzug tauchte das Gespann
in eine lange Version von „Blue Suede Shoes“.
Dann wandte Elvis sich wieder zum Publikum und lachte. „Wow! Ein wichtiger Augenblick – zum ersten Mal bin ich von der Hüfte abwärts im TV zu sehen, haha!“
Dann brachte er „Love Me Tender“, beinahe besser als im Original. „Hat hier jemand ein Taschentuch? Sehr nett, danke. Ah, na endlich – meine Gitarre.“
Er schlug einen Akkord an, „Twaiing! Haha, Mann, klingt das dreckig!“ Der folgende Song war etwas irritierend, denn es war bereits das achte Mal in sechs Tagen,
daß er „What You Want Me To Do“ spielte. Die erste Hälfte des Songs begleitete er nur mit der Gitarre, erst dann begann er zu singen und seine Mobilität, und die Intensität seiner Bewegungen ließen in der nächsten Zeit auf einiges hoffen.
Nachdem der Applaus abgeklungen war, meinte er, scheinbar in vollem Ernst: „Es wird erwartet, daß wir das jetzt machen, denn sie wollen es unbedingt in der Show haben.“
Das Intro zu „Trouble“ klang an und bis zur dritten Zeile ging alles glatt. „..I was born stan.. ha,haha .. nein, halt an. He, hör auf damit. Ich hab...tut mir leid. Gut, fertig, wenn ihr es seid?“
Der Leiter des Orchesters sah ihn finster an und meinte dann lachend: „Mach das keine 29 Mal, haha!“
„Sicher nicht! O.k., wie lang soll ich hier noch rumstehen? Mann, ich brauch das nächste Mal weichere Schuhe, oh!“
Er lachte und überlegte. „Mal sehen, wie wärs mit...?“ Dann stimmte er den Refrain von „Mc Arthur Park“ an, was dem Publikum einen extra-Applaus wert war. Nun erklang wieder das Intro,
und diesmal schafften sie den ganzen Song, der in eine zeitgemäße Version von „Guitar Man“ überging, deren letzte Strophe geändert worden war.
Ein Zuschauer erinnert sich an die Schlußsequenz der Aufnahmen:
„Sie hatten den Titel nicht angekündigt. Elvis kam einfach raus auf die Bühne, in diesem wunderschönen, weißen Anzug und dem roten Halstuch. Und er verlor sich selbst in diesem Lied.
Der Großteil von uns war den Tränen nahe, einige bewegten sich im Takt der Musik zu seiner Stimme. Als es zu Ende war gab es einen Moment lang kein Geräusch, keinen Applaus – gar nichts. Sicher wunderte sich Elvis darüber, was auf einmal los war, doch es war nur so, dass wir tief berührt waren, so daß keiner von uns den Bann brechen wollte.“
Als der Applaus schließlich aufkam, war es wie eine Sturmflut – das Studio bebte.
Elvis hob triumphierend die Arme, „Danke schön, gute Nacht.“ Die Kamera zeigte sein Gesicht und fuhr dann langsam zurück. Presley stand da, mit herabhängenden Armen, demütig, fast scheu.
Und es schien als ob er weinte...
[Anm d Autors: Ich bin mir trotzdem immer noch nicht sicher, ob die Aufnahmen zu *If I Can Dream* nun vor bzw. mit Publikum gemacht wurden oder nicht.
Die Hinweise darauf widersprechen sich von Zeit zu Zeit.]
[während der Schlusstakte von *If I can dream* in der Sitdown-show]
„There must be lights burnin´ brighter – somewhere,
got to be birds flyin´ higher in a sky more blue
If can dream of a better land where all my brothers walk hand in hand
Tell me why – oh why .. Oh why can´t my dreams come true – oh why
There must be peace and understanding sometime
Strong winds of promise that will blow away the doubt and fear
If I can dream of a warmer sun
where hope keeps shinin´ on everyone
Tell me why – oh why .. Oh why won´t that sun appear
We´re lost in a cloud with too much of rain
We´re trapped in a world that´s troubled with pain
But as a long as a man has the strength to dream
He can redeem his soul and fly
Deep in my heart there´s a tramblin´question
Still I´m sure that the answer´s gonna come .. somehow
Out there in the dark there´s a beckoning candle
And while I can think, while I can talk
While I can stand, while I can walk ... while I can dream
..oh please let my dream come true..
Right now ..“
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Nachdem auch diese Sequenzen im Kasten waren, gab Elvis einem UPI-Reporter ein kleines Interview:
„Ich plane einige Veränderungen, wissen sie. Man kann nicht das ganze Jahr wieder und wieder dasselbe machen. Es ist einige Zeit her, daß ich etwas Professionelles gemacht habe –
wie Filme zu drehen oder Plattenaufnahmen. Deshalb werden wir einige 'Personal appearance' Tourneen machen. Ich will zu Hause anfangen und dann einige Konzerte im Ausland geben,
in Europa angefangen. Sehen sie, ich vermisse den persönlichen Kontakt zum Publikum. Gerade hab ich diese Weihnachtsshow aufgenommen und Mann, ich sage ihnen – meine Knie haben gezittert. Nicht dass sie zum Takt der Musik gewippt hätten – nein, es war nur zu lange her, daß ich vor Publikum gespielt hatte.“
"Dieses TV-Special war Elvis Stunde der Wahrheit. Hätte er einen weiteren MGM-Film daraus gemacht, hätte er damit seine Karriere ausgelöscht und wäre als Phänomen aus den fünfziger Jahren
mit den wackelnden Hüften und dem tollen Manager in die Geschichte eingegangen. Aber wenn er andererseits mit dem Special bewiese, dass er immer noch die Nummer 1 sei, dann würde er eine wunderbare Verjüngung seines Ruhmes erleben.."
Steve Binder, producer-director
"Jeder wußte, dass Elvis, würde er im Fernsehen dasselbe tun, was er schon in den Filmen getan hatte, von der Presse Kritiken etwa dieser Art bekäme: “Ihr braucht nicht mehr ins Kino zu gehen, um Elvisfilme zu sehen – er kommt frei Haus zu euch ins Wohnzimmer, also lagert schon mal das Popcorn ein!”..
Bob Finkel, Executive producer
"Elvis war über das Projekt so enthusiastisch, dass er mittlerweile bereit war, die Show notfalls selbst zu produzieren. Die Filme waren vergessen und er wollte vor einem lebendigen Publikum auftreten – dies war das allerwichtigste für ihn und er machte es uns allen vollkommen klar.."
Steve Binder
"Wir wurden von Charlie Hodge kontaktiert, um Backgroundstimmen für diese Show von Elvis beizusteuern und hatten ihn selbst vor den ersten Sessions bei Western Recorders noch nie getroffen.
Wir waren es gewöhnt, nach einem Drehbuch zu arbeiten, aber mit Elvis war es anders. Wir hörten uns einige seiner Platten an und er sagte: „Singt einfach wie ihr fühlt, lasst euch von niemandem was vorschreiben“. Es bedeutete viel Spass mit ihm zusammenzuarbeiten und es war so einfach – er sang sich durch die Lieder und wir ergänzten die Musik nur, wie er es gesagt hatte.
Wenn wir patzten machte er uns keine Vorwürfe, sondern sagte nur: „Lasst es uns noch einmal machen!“ Die Zusammenarbeit mit ihm war leichter als mit vielen anderen Sängern.."
Darlene Love, the blossoms
"Wir hatten bereits ein paar Stunden herumgespielt, Zeilen irgendwelcher Lieder ansingend, an die wir uns erinnern konnten und Elvis griff diese Titel immer wieder auf. Plötzlich beugte Scotty
sich zu ihm und meinte „Kannst du Lawdy Miss Clawdy für mich singen, Elvis?“ wir sahen uns alle an und brüllten dann los vor lachen. Elvis sah ein wenig verwirrt aus und entgegnete:
„Ist dir klar, Scotty, dass dies das erste Mal ist, dass ich dich während einer Session sprechen höre, und dann gleich einen Wunsch?“
Scoty hatte niemals auch nur ein einziges Wort zu Elvis gesprochen. Er kannte den von seinem Boss gewünschten Sound. Ich habe Elvis später an diesem Tag gefragt, warum er selbst
nie zu Scotty sprach, etwas das mir zuvor nie aufgefallen war, und er antwortete: „Scotty spielt besser Gitarre als ich – also hab ich ihm nie etwas sagen müssen. Ich schaue ihm zu und
lerne eine Menge dabei!“
Charlie Hodge (rip)
"Dieser Bursche ist der geborene Entertainer. Du machst keine Arrangements für jemanden, der so natürlich ist, vorausgesetzt, du findest so jemanden einmal. Man muß Elvis in einer
zwanglosen Situation gesehen haben, um schätzen zu können wozu er fähig ist. In der Vergangenheit wurde immer wieder erzählt, dass er sogar im Aufnahmestudio eine Vorstellung bietet, während er ein Lied einspielt. Ich kann euch sagen, es ist aufregend, wenn er so anfängt wie letzte Nacht. Die Stimme ist rau und du weißt nicht, wohin ihn der Song führen wird.
Wirf ihm einen Wunsch zu und er antwortet wie der Blitz.."
Bill Goldenberg, Arrangeur
PS:
immer noch gibt es Gerüchte, dass es eine 5te Show gegeben hätte..
der Grund dafür waren bzw. sind die Fotos, die Elvis im blauen Hemd mit der Gitarre zeigen..
Jedoch kann sich keiner der Herren, die damals bei den Aufnahmen zum Special dabei waren, an eine solche Show erinnern. Bleibt nur die Möglichkeit von Einstellungs-proben, die dazu dienten,
die Lichter und die Mikrofontechnik einzustellen.. Auch wenn wir uns mit Sicherheit alle wünschen, irgendwann eine komplette 5te Show vorgelegt zu bekommen..
Author: burroughs
Übersetzung: der Autor
Quellen: „The King on the road“ , „Memories“, “The Burbank Special* vom Magazin Bib und Hör-eindrücke von “The Comeback special”, “Tiger man” and “Memories” sowie das endlose Ansehen der dazugehörigen Videos und Outtakes