Schade, dass ich die bisherige Diskussion hier versäumt habe. Soweit ich das beurteilen kann, wurden sowohl sachliche Argumente angebracht als auch altbekannte Phrasen aufgewärmt, aber das ist letztlich immer eine Sache der persönlichen Einschätzung. Dass mit Ciscoking so hart ins Gericht gegangen wird, stört mich schon ein wenig, muss ich sagen. Er äußert seine Meinung, ohne jemanden persönlich zu attakieren (außer Parker natürlich), aber das Feetback gilt leider nicht nur seinen Thesen, sondern seiner Person, habe ich den Eindruck, und da sollten wir alle vielleicht einen Gang runter schalten, schlage ich vor.
Nun wurden ja wiederholt "Belege" für dieses oder jenes eingefordert, und daher habe ich mir mal die Mühe gemacht, ein paar „Fakten/Beweise/Dokumente“ zusammen zu tragen (also abzuschreiben), die das Bild vom netten Onkel Tom etwas ausgewogener zeichnen sollten. Ich tue dies nicht, um dem „Colonel“ übel nachzureden, sondern um jenen, die nicht im Besitz der betreffenden Bücher sind, die Chance zu geben, sich selbst ein Bild vom Charakter des „Colonel“ zu machen, von seinen Beweggründen, dies oder jenes zu tun, oder dies oder jenes eben nicht zu tun. Meine persönliche Meinung lasse ich dabei außen vor.
Zum Thema Gerechtigkeitssinn
Datum: 4. Juli 1956
Ort: Auf dem Bahnhof von Chattanooga, Tennessee
Quelle: Alfred Wertheimer in seinem Bildband ELVIS `56 – DER BEGINN (S. 115/116)
(...)
Während Elvis im Coffee-Shop des Bahnhofs sein Frühstück fertig aß, warteten wir übrigen in der Halle. Ein Gepäckträger kam vorbei. Der Colonel wuchtete sich aus seinem Sitz, hob die Hand mit der Zigarre und rief: „He, Träger! Träger!“
Der Gepäckträger, ein hünenhafter Schwarzer in den Vierzigern, erwiderte mit einem höflichen „Yassuh?“. Der Colonel steckte die Hand in die Jacketttasche und fischte etliche Scheine heraus. Sie waren zerkrumpelt, so dass nicht erkennbar war, wie viele Dollars er in der Hand hatte. Er instruierte nun den Träger, indem er die Scheine, zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, als Zeigestock benutzte.
„Träger, sehen Sie die Koffer da?“ Der Colonel zeigte mit der Hand auf das Gepäck neben der Bank.
„Yassuh!“
„Wir müssen den Acht-Uhr-Zug nach Memphis nehmen, und der muss ja bald da sein. Würden Sie sich um die Koffer da kümmern?“
„Yassuh!“
„Und dann sind da draußen auf dem Gepäckkarren auf dem Bahnsteig noch `n paar Musikinstrumente.“ Der Colonel wies mit dem Geld auf eine Tür: „Und bei denen ist auch noch `n Teddybär, `n riesiger Teddybär. Sorgen Sie dafür, dass das alles auf den Zug kommt?“
„Yassuh!“
„Und Sie erledigen das sofort, verstanden?“
„Yassuh!“
„Und wenn Sie `nen Helfer brauchen – geht in Ordnung. Dann nehmen Sie sich eben `nen Helfer.“
„Yassuh!“
Der Träger zog eine kleine Handkarre heran, lud das Gepäck auf und schob es durch die Tür. Der Colonel steckte die zerkrumpelten Scheine wieder in die Jacketttasche.
Eine Stimme aus den Bahnhofslautsprechern haspelte Reiseziele herunter. Ich hörte Memphis heraus. Am Bahnsteig versammelten sich Elvis, D.J. und Bill um Scotty und dessen Taschenkalender und diskutierten über die bevorstehenden Termine. Der Eilzug Nr. 35 nach Memphis lief ein, und während Elvis als erster einstieg, sah ich, wie der Colonel, den Gepäckträger neben sich, auf dem bahnsteig heranmarschiert kam. „Also, Träger, Sie sind sich ganz sicher, dass Sie alles Gepäck in den Zug gebracht haben?“
„Yassuh! Ich hab’ mir noch einen von den anderen Jungs als Hilfe geholt.“
„Das ist gut. Sehr gut.“
Der Colonel kletterte in den Wagen. Der Träger wartete geduldig auf dem Bahnsteig. Der Colonel drehte sich schließlich noch einmal um, sah den Träger an, langte in die Jacketttasche und drückte ihm den Trägerlohn mit geschlossener Faust in die Hand.
„Danke, Träger.“
Der Träger glättete den zerknüllten Schein, entdeckte, dass es sich nur um eine einzelne Dollarnote handelte, und sagte sarkastisch: „Thank you, Suh.“ Das „you“ klang eher wie ein Fluch.
(...)
Zum Thema Moral
Datum: 10. Februar 1977
Ort: Graceland
Quelle: Larry Geller in seinem Buch I WAS THE ONE (S. 183)
(...) Vernon und er hockten auf der Bettkante. Vernon ließ den Kopf hängen und starrte zu Boden, während er an einer Zigarette sog. Elvis, im blauen Morgenmantel, schüttelte angewidert den Kopf; das Haar fettig und zerzaust. Bücher waren am Bett verstreut und stapelten sich auf dem Nachttisch, daneben Röhrchen und Flaschen voll mit Abführmitteln, Augentropfen, Nasenspray, Zerstäuber und verschiedenen Medikamenten. Beide Fernsehgeräte liefen, der Ton war abgeschaltet.
„Erinnerst du dich an unsere letzte Tour in Vegas?“ Als ob ich das nicht wüsste. „Nun, ich habe erfahren, dass der Colonel 1,4 Millionen Dollar verloren hat.“ Seine Wut schien sich mit jedem Wort hochzuschaukeln. Vernon saß schweigend da, den Kopf in einer Rauchwolke eingehüllt.
„Larry“, fuhr Elvis fort, „1,4 Millionen – an einem Abend. Widerlich. Das verdienen die meisten Leute mit harter Arbeit ihr ganzes Leben nicht. Und er verspielt es an einem einzigen verfluchten Abend in Sin City!“ Er wandte sich an Vernon. „Du hattest wahrscheinlich recht, Daddy. `74 hätten wir ihn feuern sollen.“
Presley sr. schaute auf und zuckte schwach mit den Schultern. „Tja, mein Sohn, du hast immer gewusst, was ich von ihm hielt; und erinnere dich mal, wie deine Mutter von ihm dachte. Sie wusste, dass wir auf ihn reingefallen waren, aber du bist der Boss.“
Nach langem Schweigen murmelte Elvis: „Ja, Mama hatte immer recht.“ Seine Stimme wurde lauter. „Versteh’ mich nicht falsch. Ich bin dem Colonel dankbar für alles, was er für mich getan hat. Ich war immer loyal zu ihm – und zu jedem anderen auch. So bin ich eben. Aber wie der Song schon sagt: <The times they are a-changing>, und ich glaube, es ist an der Zeit. Gentlemen, ich will es einmal so formulieren: was wir brauchen, ist frisches Blut.“
Er machte eine Pause; dann wiederholte er oder, besser gesagt, knurrte er wütend: „Mann, 1,4 Millionen Dollar, an einem Abend aus dem Fenster geworfen! Und ich weiß, dass es wahr ist.
Ich mag Mr. Hilton, er ist ein anständiger Mensch, aber verflucht noch mal, ich will nie mehr in Vegas auftreten. Nie wieder. Und das werde ich auch nicht. 1,4 Millionen – völlig unmoralisch. Es muss sich einiges ändern. Ich weiß zwar noch nicht was, aber einige Dinge hier werden sich auf jeden Fall ändern.“
Als Vernon sich langsam erhob, sagte er müde: „Elvis, ich glaube, ich gehe jetzt besser nach Hause. Es wird Zeit für mich, ins Bett zu gehen, mein Sohn.“ Dieses Problem war zu viel für Vernon.
Elvis stand auf und nahm ihn in den Arm. „Mach’ dir keine Sorgen, Daddy. So lange ich da bin, wird alles gut gehen.“
(...)
Nachdem Vernon gegangen war, sagte Elvis: „Daddy hat den Colonel noch nie gemocht. Er denkt, er hätte seine Position ausgenutzt. Er würde es am liebsten sehen, wenn ich den Colonel vor die Tür setzte. Das ist das erste, was ich tun werde.“
Sein Blick sagte alles; während er sprach, hatte ich den Eindruck, er wollte sich – endlich – rächen.
(...)
>>> Hierbei möchte ich anmerken, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen Parkers Spielsucht und Elvis' Leidenschaft für teure Geschenke gibt, für die er sein eigenes Geld "verschwendete", um es einmal sehr drastisch auszudrücken. Jedes einzelne Geschenk (meistens waren es ja fabrikneue Edelkarossen der Marken Cadillac oder Lincoln) machte einen anderen Menschen glücklich, und nicht wenige Zeitzeugen haben später die Zufriedenheit bei Elvis beschrieben, wenn er das glückliche Funkeln in den Augen derer sah, denen er damit eine Freude machen konnte. Der Einzige, den Parker am Spieltisch glücklich machte, war der Casino-Manager.
Natürlich gab Elvis auch erhebliche Summen für seinen Medikamentenbedarf aus, doch im Mittelpunkt stand meiner Ansicht nach (zumindest ab 1974/75, würde ich jetzt mal schätzen) der Versuch, seinen geschundenen Körper am Funktionieren zu erhalten, denn die Frequenz der Live-Auftritte ab ca. 1974 war mörderisch. Hier kann man durchaus von einem Teufelskreis sprechen, denn so sehr Elvis es liebte, sein Publikum auf der Bühne zu unterhalten, so schädigend musste sich der beinahe ganzjährliche Tour-Stress (unterbrochen nur von kurzen Ruhephasen) auf seine Gesundheit auswirken. Gewiss, er trat in Vegas nur noch zwei statt vier Wochen hintereinander auf, doch diese Reduzierung konnte garnicht Wirkung entfalten, da stattdessen eine Tour an die nächste gehängt wurde.
Zu beurteilen, welchen Prozentsatz seiner Medikamente Elvis aus Ärztesicht wirklich brauchte und welchen er "nur" nahm, um sich besser zu fühlen, sehe ich mich außerstande; dazu fehlen mir die Insiderkenntnisse. Aber dass er tatsächlich krank war, und das in multipler Art und Weise, steht außer Frage.
Schon in den 50er Jahren hatte der 20+ Elvis einen Schwächeanfall infolge physischer Überanstrengung gehabt, und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie belastend ein viel zu eng gesteckter Terminkalender für einen 40+ Elvis gewesen sein muss, der zusätzlich noch mit Übergewicht zu kämpfen hatte. Aber ich glaube, ich schweife ein wenig ab...
Zum Thema Nächstenliebe/Menschlichkeit
Datum: 21. Mai 1977
Ort: Hotel-Suite in Louisville, Kentucky (vor dem Auftritt in der Freedom Hall)
Quelle: Larry Geller in seinem Buch I WAS THE ONE (S. 216/217)
(…) Nachmittags war ich allein; ich wartete in Elvis’ Suite darauf, ihn zu sehen. Dr. Nick war in seinem Schlafzimmer. Plötzlich öffnete sich die Vordertür – und der Colonel marschierte flotten Schrittes herein. Als ich mich erhob, um ihn zu begrüßen, stoppte er. Beide Hände fest um den Knauf seines Gehstocks geklammert, beugte er seine untersetzte Figur darüber, warf einen kritischen Blick durch den Raum und fragte: „Wo ist er?“
Ich machte ein paar Schritte in Richtung Schlafzimmertür und sagte: „Ich sage ihm, dass sie hier sind, Colonel.“
„Nein!“ Parker rauschte an mir vorbei. „Ich gehe rein.“
Er stieß die Schlafzimmertür auf. In den Sekunden, bevor sie wieder hinter ihm ins Schloss fiel, gewährte sie mir einen flüchtigen Blick auf eine erschreckende Szenerie. Dr. Nick kniete neben dem Bett. Er hielt Elvis’ regungslosen Körper und versuchte verzweifelt, ihn wiederzubeleben. Immer wieder tauchte er Elvis’ Kopf in einen Eimer mit Eiswasser. Die Augen geschlossen, der Unterkiefer hing schlapp herunter, Elvis schien hilflos, es schien, als läge er im Koma. Ich hörte sein schwaches Stöhnen. Die Tür schlug zu.
Nicht einmal zwei Minuten später erschien der Colonel. Er schlug die Tür hinter sich zu, stakste auf mich zu, hob seinen Stock himmelwärts und erklärte mir mit kaltem Blick: „Alles, was zählt, ist, dass er heute abend auf der Bühne steht. Alles andere ist egal!“ Mit diesen Worten verschwand er.
Ich traute meinen Ohren nicht. Vielleicht war es naiv, angesichts des Anblicks „seines Jungen“ ein Einschreiten, irgendeine humane Reaktion des Colonels zu erwarten. War die einzige Angst, die ihn vorantrieb, dass Elvis nicht in der Lage wäre aufzutreten?
Was war los mit Elvis?
Etwa eine halbe Stunde später verließ Dr. Nick das Schlafzimmer. Ich klopfte an die Tür. Elvis rief mich hinein. Er saß im Bett, blass, aufgedunsen. Ich fragte ihn, wie er sich fühlte. „Ich fühle mich zerschlagen, wie gerädert“, seufzte er. Er war sichtlich benommen, trotzdem fragte er: „Larry, warum hast du den Colonel hereinplatzen lassen? Warum bist du nicht hereingekommen und hast mir gesagt, dass er da ist?“
„Wollte ich ja, Elvis, aber er ist einfach an mir vorbei marschiert.“
Er war außer sich. „Hey, was glaubt der eigentlich, wer er ist? Das ist meine Scheißangelegenheit, nicht seine. Er kann nicht einfach so mit seinem fetten Arsch in mein Zimmer marschieren, Manager hin, Manager her. Das ist mein Zimmer. Ich kümmere mich darum.“
(...)
Wäre sehr schön, wenn Ihr Eure Meinung dazu nicht an der Person von Larry Geller festmacht, sondern am Inhalt des Beschriebenen.
Nun wurden ja wiederholt "Belege" für dieses oder jenes eingefordert, und daher habe ich mir mal die Mühe gemacht, ein paar „Fakten/Beweise/Dokumente“ zusammen zu tragen (also abzuschreiben), die das Bild vom netten Onkel Tom etwas ausgewogener zeichnen sollten. Ich tue dies nicht, um dem „Colonel“ übel nachzureden, sondern um jenen, die nicht im Besitz der betreffenden Bücher sind, die Chance zu geben, sich selbst ein Bild vom Charakter des „Colonel“ zu machen, von seinen Beweggründen, dies oder jenes zu tun, oder dies oder jenes eben nicht zu tun. Meine persönliche Meinung lasse ich dabei außen vor.
Zum Thema Gerechtigkeitssinn
Datum: 4. Juli 1956
Ort: Auf dem Bahnhof von Chattanooga, Tennessee
Quelle: Alfred Wertheimer in seinem Bildband ELVIS `56 – DER BEGINN (S. 115/116)
(...)
Während Elvis im Coffee-Shop des Bahnhofs sein Frühstück fertig aß, warteten wir übrigen in der Halle. Ein Gepäckträger kam vorbei. Der Colonel wuchtete sich aus seinem Sitz, hob die Hand mit der Zigarre und rief: „He, Träger! Träger!“
Der Gepäckträger, ein hünenhafter Schwarzer in den Vierzigern, erwiderte mit einem höflichen „Yassuh?“. Der Colonel steckte die Hand in die Jacketttasche und fischte etliche Scheine heraus. Sie waren zerkrumpelt, so dass nicht erkennbar war, wie viele Dollars er in der Hand hatte. Er instruierte nun den Träger, indem er die Scheine, zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, als Zeigestock benutzte.
„Träger, sehen Sie die Koffer da?“ Der Colonel zeigte mit der Hand auf das Gepäck neben der Bank.
„Yassuh!“
„Wir müssen den Acht-Uhr-Zug nach Memphis nehmen, und der muss ja bald da sein. Würden Sie sich um die Koffer da kümmern?“
„Yassuh!“
„Und dann sind da draußen auf dem Gepäckkarren auf dem Bahnsteig noch `n paar Musikinstrumente.“ Der Colonel wies mit dem Geld auf eine Tür: „Und bei denen ist auch noch `n Teddybär, `n riesiger Teddybär. Sorgen Sie dafür, dass das alles auf den Zug kommt?“
„Yassuh!“
„Und Sie erledigen das sofort, verstanden?“
„Yassuh!“
„Und wenn Sie `nen Helfer brauchen – geht in Ordnung. Dann nehmen Sie sich eben `nen Helfer.“
„Yassuh!“
Der Träger zog eine kleine Handkarre heran, lud das Gepäck auf und schob es durch die Tür. Der Colonel steckte die zerkrumpelten Scheine wieder in die Jacketttasche.
Eine Stimme aus den Bahnhofslautsprechern haspelte Reiseziele herunter. Ich hörte Memphis heraus. Am Bahnsteig versammelten sich Elvis, D.J. und Bill um Scotty und dessen Taschenkalender und diskutierten über die bevorstehenden Termine. Der Eilzug Nr. 35 nach Memphis lief ein, und während Elvis als erster einstieg, sah ich, wie der Colonel, den Gepäckträger neben sich, auf dem bahnsteig heranmarschiert kam. „Also, Träger, Sie sind sich ganz sicher, dass Sie alles Gepäck in den Zug gebracht haben?“
„Yassuh! Ich hab’ mir noch einen von den anderen Jungs als Hilfe geholt.“
„Das ist gut. Sehr gut.“
Der Colonel kletterte in den Wagen. Der Träger wartete geduldig auf dem Bahnsteig. Der Colonel drehte sich schließlich noch einmal um, sah den Träger an, langte in die Jacketttasche und drückte ihm den Trägerlohn mit geschlossener Faust in die Hand.
„Danke, Träger.“
Der Träger glättete den zerknüllten Schein, entdeckte, dass es sich nur um eine einzelne Dollarnote handelte, und sagte sarkastisch: „Thank you, Suh.“ Das „you“ klang eher wie ein Fluch.
(...)
Zum Thema Moral
Datum: 10. Februar 1977
Ort: Graceland
Quelle: Larry Geller in seinem Buch I WAS THE ONE (S. 183)
(...) Vernon und er hockten auf der Bettkante. Vernon ließ den Kopf hängen und starrte zu Boden, während er an einer Zigarette sog. Elvis, im blauen Morgenmantel, schüttelte angewidert den Kopf; das Haar fettig und zerzaust. Bücher waren am Bett verstreut und stapelten sich auf dem Nachttisch, daneben Röhrchen und Flaschen voll mit Abführmitteln, Augentropfen, Nasenspray, Zerstäuber und verschiedenen Medikamenten. Beide Fernsehgeräte liefen, der Ton war abgeschaltet.
„Erinnerst du dich an unsere letzte Tour in Vegas?“ Als ob ich das nicht wüsste. „Nun, ich habe erfahren, dass der Colonel 1,4 Millionen Dollar verloren hat.“ Seine Wut schien sich mit jedem Wort hochzuschaukeln. Vernon saß schweigend da, den Kopf in einer Rauchwolke eingehüllt.
„Larry“, fuhr Elvis fort, „1,4 Millionen – an einem Abend. Widerlich. Das verdienen die meisten Leute mit harter Arbeit ihr ganzes Leben nicht. Und er verspielt es an einem einzigen verfluchten Abend in Sin City!“ Er wandte sich an Vernon. „Du hattest wahrscheinlich recht, Daddy. `74 hätten wir ihn feuern sollen.“
Presley sr. schaute auf und zuckte schwach mit den Schultern. „Tja, mein Sohn, du hast immer gewusst, was ich von ihm hielt; und erinnere dich mal, wie deine Mutter von ihm dachte. Sie wusste, dass wir auf ihn reingefallen waren, aber du bist der Boss.“
Nach langem Schweigen murmelte Elvis: „Ja, Mama hatte immer recht.“ Seine Stimme wurde lauter. „Versteh’ mich nicht falsch. Ich bin dem Colonel dankbar für alles, was er für mich getan hat. Ich war immer loyal zu ihm – und zu jedem anderen auch. So bin ich eben. Aber wie der Song schon sagt: <The times they are a-changing>, und ich glaube, es ist an der Zeit. Gentlemen, ich will es einmal so formulieren: was wir brauchen, ist frisches Blut.“
Er machte eine Pause; dann wiederholte er oder, besser gesagt, knurrte er wütend: „Mann, 1,4 Millionen Dollar, an einem Abend aus dem Fenster geworfen! Und ich weiß, dass es wahr ist.
Ich mag Mr. Hilton, er ist ein anständiger Mensch, aber verflucht noch mal, ich will nie mehr in Vegas auftreten. Nie wieder. Und das werde ich auch nicht. 1,4 Millionen – völlig unmoralisch. Es muss sich einiges ändern. Ich weiß zwar noch nicht was, aber einige Dinge hier werden sich auf jeden Fall ändern.“
Als Vernon sich langsam erhob, sagte er müde: „Elvis, ich glaube, ich gehe jetzt besser nach Hause. Es wird Zeit für mich, ins Bett zu gehen, mein Sohn.“ Dieses Problem war zu viel für Vernon.
Elvis stand auf und nahm ihn in den Arm. „Mach’ dir keine Sorgen, Daddy. So lange ich da bin, wird alles gut gehen.“
(...)
Nachdem Vernon gegangen war, sagte Elvis: „Daddy hat den Colonel noch nie gemocht. Er denkt, er hätte seine Position ausgenutzt. Er würde es am liebsten sehen, wenn ich den Colonel vor die Tür setzte. Das ist das erste, was ich tun werde.“
Sein Blick sagte alles; während er sprach, hatte ich den Eindruck, er wollte sich – endlich – rächen.
(...)
>>> Hierbei möchte ich anmerken, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen Parkers Spielsucht und Elvis' Leidenschaft für teure Geschenke gibt, für die er sein eigenes Geld "verschwendete", um es einmal sehr drastisch auszudrücken. Jedes einzelne Geschenk (meistens waren es ja fabrikneue Edelkarossen der Marken Cadillac oder Lincoln) machte einen anderen Menschen glücklich, und nicht wenige Zeitzeugen haben später die Zufriedenheit bei Elvis beschrieben, wenn er das glückliche Funkeln in den Augen derer sah, denen er damit eine Freude machen konnte. Der Einzige, den Parker am Spieltisch glücklich machte, war der Casino-Manager.
Natürlich gab Elvis auch erhebliche Summen für seinen Medikamentenbedarf aus, doch im Mittelpunkt stand meiner Ansicht nach (zumindest ab 1974/75, würde ich jetzt mal schätzen) der Versuch, seinen geschundenen Körper am Funktionieren zu erhalten, denn die Frequenz der Live-Auftritte ab ca. 1974 war mörderisch. Hier kann man durchaus von einem Teufelskreis sprechen, denn so sehr Elvis es liebte, sein Publikum auf der Bühne zu unterhalten, so schädigend musste sich der beinahe ganzjährliche Tour-Stress (unterbrochen nur von kurzen Ruhephasen) auf seine Gesundheit auswirken. Gewiss, er trat in Vegas nur noch zwei statt vier Wochen hintereinander auf, doch diese Reduzierung konnte garnicht Wirkung entfalten, da stattdessen eine Tour an die nächste gehängt wurde.
Zu beurteilen, welchen Prozentsatz seiner Medikamente Elvis aus Ärztesicht wirklich brauchte und welchen er "nur" nahm, um sich besser zu fühlen, sehe ich mich außerstande; dazu fehlen mir die Insiderkenntnisse. Aber dass er tatsächlich krank war, und das in multipler Art und Weise, steht außer Frage.
Schon in den 50er Jahren hatte der 20+ Elvis einen Schwächeanfall infolge physischer Überanstrengung gehabt, und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie belastend ein viel zu eng gesteckter Terminkalender für einen 40+ Elvis gewesen sein muss, der zusätzlich noch mit Übergewicht zu kämpfen hatte. Aber ich glaube, ich schweife ein wenig ab...
Zum Thema Nächstenliebe/Menschlichkeit
Datum: 21. Mai 1977
Ort: Hotel-Suite in Louisville, Kentucky (vor dem Auftritt in der Freedom Hall)
Quelle: Larry Geller in seinem Buch I WAS THE ONE (S. 216/217)
(…) Nachmittags war ich allein; ich wartete in Elvis’ Suite darauf, ihn zu sehen. Dr. Nick war in seinem Schlafzimmer. Plötzlich öffnete sich die Vordertür – und der Colonel marschierte flotten Schrittes herein. Als ich mich erhob, um ihn zu begrüßen, stoppte er. Beide Hände fest um den Knauf seines Gehstocks geklammert, beugte er seine untersetzte Figur darüber, warf einen kritischen Blick durch den Raum und fragte: „Wo ist er?“
Ich machte ein paar Schritte in Richtung Schlafzimmertür und sagte: „Ich sage ihm, dass sie hier sind, Colonel.“
„Nein!“ Parker rauschte an mir vorbei. „Ich gehe rein.“
Er stieß die Schlafzimmertür auf. In den Sekunden, bevor sie wieder hinter ihm ins Schloss fiel, gewährte sie mir einen flüchtigen Blick auf eine erschreckende Szenerie. Dr. Nick kniete neben dem Bett. Er hielt Elvis’ regungslosen Körper und versuchte verzweifelt, ihn wiederzubeleben. Immer wieder tauchte er Elvis’ Kopf in einen Eimer mit Eiswasser. Die Augen geschlossen, der Unterkiefer hing schlapp herunter, Elvis schien hilflos, es schien, als läge er im Koma. Ich hörte sein schwaches Stöhnen. Die Tür schlug zu.
Nicht einmal zwei Minuten später erschien der Colonel. Er schlug die Tür hinter sich zu, stakste auf mich zu, hob seinen Stock himmelwärts und erklärte mir mit kaltem Blick: „Alles, was zählt, ist, dass er heute abend auf der Bühne steht. Alles andere ist egal!“ Mit diesen Worten verschwand er.
Ich traute meinen Ohren nicht. Vielleicht war es naiv, angesichts des Anblicks „seines Jungen“ ein Einschreiten, irgendeine humane Reaktion des Colonels zu erwarten. War die einzige Angst, die ihn vorantrieb, dass Elvis nicht in der Lage wäre aufzutreten?
Was war los mit Elvis?
Etwa eine halbe Stunde später verließ Dr. Nick das Schlafzimmer. Ich klopfte an die Tür. Elvis rief mich hinein. Er saß im Bett, blass, aufgedunsen. Ich fragte ihn, wie er sich fühlte. „Ich fühle mich zerschlagen, wie gerädert“, seufzte er. Er war sichtlich benommen, trotzdem fragte er: „Larry, warum hast du den Colonel hereinplatzen lassen? Warum bist du nicht hereingekommen und hast mir gesagt, dass er da ist?“
„Wollte ich ja, Elvis, aber er ist einfach an mir vorbei marschiert.“
Er war außer sich. „Hey, was glaubt der eigentlich, wer er ist? Das ist meine Scheißangelegenheit, nicht seine. Er kann nicht einfach so mit seinem fetten Arsch in mein Zimmer marschieren, Manager hin, Manager her. Das ist mein Zimmer. Ich kümmere mich darum.“
(...)
Wäre sehr schön, wenn Ihr Eure Meinung dazu nicht an der Person von Larry Geller festmacht, sondern am Inhalt des Beschriebenen.
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