Gedanken von Marcus Greil
16.August, Maui Hawaii. Man hatte für mich die Mitteilung hinterlegt, dass ich auf dem Festland anrufen sollte. Also rief ich an.Wenn wir hier Urlaub machen, dann verfolgen wir die Nachrichten kaum. Der Radioempfang ist meist gestört, besonders auf den entlegeneren Inseln.,für diesen Urlaubstrip hatten wir einen Kassettenrecorder und ein paar selbstbespielte Kassetten mitgenommen und hörten überhaupt kein Radio."Du sollst was über Elvis schreiben", teilte man mir am Telefon mit. "Einen Nachruf." Soll das ein Witz sein, dachte ich. Der Rolling Stone ist nicht die New York Times, wir haben keine fertigen Nachrufe im Archiv. "Soll das ein Witz sein?" fragte ich."Er ist heute gestorben", klärte man mich auf."Offenbar an einem Herzanfall."
Ich wollte es nicht wahrhaben, nein auf keinen Fall, aber gleichzeitig wußte ich, dass es stimmte! Ich ging hinunter in die Bar unseres Hotels und bestellte mir einen Jack Daniel's......direkt aus Tennessee, genau wie Elvis Presleys erste Single.
Wie die meisten anderen Leute meines Alters - ich bin 32 - war Elvis in den fünfziger Jahren wichtig für mich. Ich liebte seine Musik, kaufte einige seiner Schallplatten und ging in keinem seiner Filme. Er war aufregend, aber auch sonderbar, und ich hielt Distanz zu ihm. Allerdings spürte ich eine von diesem mann ausgehende Faszination, und als er Ende 1968 zu seinem Comeback im Fernsehen auftrat, merkt ich, dass ich mit dieser Faszination umgehen konnte. Tatsächlich wurde ich von ihr gefangengenommen und hörte in den folgenden 5 Jahren viel öfter die Musik von Elvis, von A - Z, als die Musik von jemand anders. Ich stellte fest - oder beschloss zumindest -, dass Elvis mehr von Amerika enthielt, viel mehr von seinen Widersprüchen und Paradoxien geschluckt hatte, als jede andere Persönlichkeit, die mir in den Sinn kommen wollte, dass er ein großer, eigenständiger Künstler war und das keine dieser Behauptungen auch nur annähernd verstanden wurde. Deshalb schrieb ich darüber und merkte, 20 000 Wörter später, dass ich bloß an der Oberfläche gekratzt hatte.
Ich schrieb nicht über " einen wirklichen Menschen", ich schrieb über eine "Person", die ich aus Elvis' Musik sprechen hörte. Ich schrieb über die Personifizierung einer Vorstellung, vieler Vorstellungen - Freiheit, grenzen, Risiken, Autorität, Sex, Unterdrückung, Jugend, Alter, Tradition, Neuerung, Schuld und Flucht vor Schuld -, denn all diese Dinge konnte man in seiner Musik hören. Als ich meine Reaktionen bis zum Ursprung zurückverfolgte, begriff ich Elvis nicht als menschliches Wesen, sondern als eine Kraft, als eine Notwendigkeit. Ich meine die jeder Kultur innewohnenden Notwendigkeit, die sie dazu bringt, eine perfekte, allumfassende Metapher
ihrer selbst hervorzubringen.
Und da solch ein Triumph totale Entschlossenheit und selbstbewußter Ehrgeiz mit vollkommener Leichtigkeit, mit dem Zauber eines Menschen, dem alle guten Dinge von Natur aus zufliegen, in Einklang bringen mußte, malt ich mir bei Elvis eine besonder Gabe aus oder las sie eigentlich in die Artefakte seiner Karriere hinein : Um all das zu bewirken, um diese Metapher vollkommen, übernatürlich amerikanisch, zu machen, müßte sie unbegrenzt sein. Mit anderen Worten : Es müßte zwangsläufig ein Geschäft von faustischen Dimensionen sein.....doch jemand anders - wer, das kümmert keinen - würde die Rechnung bezahlen.
Während ich an der Bar saß, gingen mir all diese Dinge durch den Kopf und ich bestellte mir noch einen Jack Daniel's !
16.August, Maui Hawaii. Man hatte für mich die Mitteilung hinterlegt, dass ich auf dem Festland anrufen sollte. Also rief ich an.Wenn wir hier Urlaub machen, dann verfolgen wir die Nachrichten kaum. Der Radioempfang ist meist gestört, besonders auf den entlegeneren Inseln.,für diesen Urlaubstrip hatten wir einen Kassettenrecorder und ein paar selbstbespielte Kassetten mitgenommen und hörten überhaupt kein Radio."Du sollst was über Elvis schreiben", teilte man mir am Telefon mit. "Einen Nachruf." Soll das ein Witz sein, dachte ich. Der Rolling Stone ist nicht die New York Times, wir haben keine fertigen Nachrufe im Archiv. "Soll das ein Witz sein?" fragte ich."Er ist heute gestorben", klärte man mich auf."Offenbar an einem Herzanfall."
Ich wollte es nicht wahrhaben, nein auf keinen Fall, aber gleichzeitig wußte ich, dass es stimmte! Ich ging hinunter in die Bar unseres Hotels und bestellte mir einen Jack Daniel's......direkt aus Tennessee, genau wie Elvis Presleys erste Single.
Wie die meisten anderen Leute meines Alters - ich bin 32 - war Elvis in den fünfziger Jahren wichtig für mich. Ich liebte seine Musik, kaufte einige seiner Schallplatten und ging in keinem seiner Filme. Er war aufregend, aber auch sonderbar, und ich hielt Distanz zu ihm. Allerdings spürte ich eine von diesem mann ausgehende Faszination, und als er Ende 1968 zu seinem Comeback im Fernsehen auftrat, merkt ich, dass ich mit dieser Faszination umgehen konnte. Tatsächlich wurde ich von ihr gefangengenommen und hörte in den folgenden 5 Jahren viel öfter die Musik von Elvis, von A - Z, als die Musik von jemand anders. Ich stellte fest - oder beschloss zumindest -, dass Elvis mehr von Amerika enthielt, viel mehr von seinen Widersprüchen und Paradoxien geschluckt hatte, als jede andere Persönlichkeit, die mir in den Sinn kommen wollte, dass er ein großer, eigenständiger Künstler war und das keine dieser Behauptungen auch nur annähernd verstanden wurde. Deshalb schrieb ich darüber und merkte, 20 000 Wörter später, dass ich bloß an der Oberfläche gekratzt hatte.
Ich schrieb nicht über " einen wirklichen Menschen", ich schrieb über eine "Person", die ich aus Elvis' Musik sprechen hörte. Ich schrieb über die Personifizierung einer Vorstellung, vieler Vorstellungen - Freiheit, grenzen, Risiken, Autorität, Sex, Unterdrückung, Jugend, Alter, Tradition, Neuerung, Schuld und Flucht vor Schuld -, denn all diese Dinge konnte man in seiner Musik hören. Als ich meine Reaktionen bis zum Ursprung zurückverfolgte, begriff ich Elvis nicht als menschliches Wesen, sondern als eine Kraft, als eine Notwendigkeit. Ich meine die jeder Kultur innewohnenden Notwendigkeit, die sie dazu bringt, eine perfekte, allumfassende Metapher
ihrer selbst hervorzubringen.
Und da solch ein Triumph totale Entschlossenheit und selbstbewußter Ehrgeiz mit vollkommener Leichtigkeit, mit dem Zauber eines Menschen, dem alle guten Dinge von Natur aus zufliegen, in Einklang bringen mußte, malt ich mir bei Elvis eine besonder Gabe aus oder las sie eigentlich in die Artefakte seiner Karriere hinein : Um all das zu bewirken, um diese Metapher vollkommen, übernatürlich amerikanisch, zu machen, müßte sie unbegrenzt sein. Mit anderen Worten : Es müßte zwangsläufig ein Geschäft von faustischen Dimensionen sein.....doch jemand anders - wer, das kümmert keinen - würde die Rechnung bezahlen.
Während ich an der Bar saß, gingen mir all diese Dinge durch den Kopf und ich bestellte mir noch einen Jack Daniel's !
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