Wäre Elvis 1968 gestorben, hätte man jemandem, der Elvis ein großes Bühnencomeback prognostiziert hätte, wohl auch für einen Spinner gehalten. Fakt ist, dass bis zu Elvis' Tod alle geplanten Alben planmäßig herauskommen konnten. Alles was danach gekommen WÄRE, bleibt für mich reine Spekulation.
Mir ist übrigens nur diese eine Session im Januar 1977 bekannt, die Elvis selbst platzen ließ (oder gibt es mehrere davon?).
Für ein Plattenprojekt tritt gewöhnlich die Plattenfirma an das Management eines Künstlers heran, um die nötigen Dinge im Vorfeld zu planen/organisieren (z.B. Rechte an Songs zu klären, Musikverlage und Songschreiber zu kontaktieren usw.). Der Part des Künstlers beginnt erst viel später bei der Songauswahl, Durchhören von Demos usw.
Mir ist wirklich nichts darüber bekannt, dass man (außer eben im Januar 1977) an Elvis mit der Bitte um Studioaufnahmen herangetreten ist und Elvis dies abgelehnt hat, bzw. nicht erschienen ist.
Bis 1975 war auch kein wirklicher Bedarf, da man ja von 1973 noch genug Material vorproduziert hatte und (nach dem Erfolg von "As Recorded At Madison Square Garden" und erst recht "Aloha From Hawaii") eine weitere Live-LP 1974 erfolgversprechend war.
Elvis also wegen einer einzigen geplatzen Aufnahmesession rauswerfen? Darf ich mal kurz lachen?
Dass das "Moody Blue" Album unbedingt 1977 herauskommen musste, lag daran, dass RCA in diesem Jahr ein Jubiläum hatte und unbedingt ein neues Album ihres Zugpferdes Elvis rausbringen wollte. Außerdem stand RCA wirtschaftlich nicht besonders gut da, was aber nicht an Elvis lag (der hat sie nach seinem Tod vorübergehend saniert), sondern an ihrem Jazz/Klassik-Bereich, der - einst Schwerpunkt bei RCA - zu dieser Zeit einbrach. 1986 war es dann endgültig vorbei und RCA wurde an General Electric verkauft.
Von großartigem Management kann man also beim besten Willen nicht reden. Also bitte beim Verhältnis Elvis-RCA die Dinge etwas differenzierter sehen! Sicher hätte sich Elvis mehr um seine Veröffentlichungen kümmern können. Sicher hätte er manchmal auf den Tisch hauen müssen, wenn tolle Songs als Lückenfüller auf irgendwelchen Soundtracks verwurstet wurden. In dem Punkt war er nun mal sehr strikt und konzentrierte sich ausschließlich auf die Arbeit im Studio und überließ alles andere Parker und RCA.
Ob man angesichts der doch teilweise vermurksten Veröffentlichungspolitik bei RCA nun die Schuld daran dort suchen soll oder bei Elvis' etwas naiver Haltung, die Verantwortung mit Ende einer Session an der Studiotür abzugeben, bleibt jedem selbst überlassen.
Ein "Rauswurf" bei RCA wäre für Elvis vielleicht sogar ein Befreiungsschlag gewesen. Zufrieden war er mit deren Arbeit jedenfalls nicht unbedingt. Und wem hätte es am meisten geschadet? Ganz klar RCA, denn seine Künstlertantiemen aus der Vergangenheit (soweit nicht vom 73er Deal betroffen) hätte er ja weiterhin bekommen.
Andere Musiker waren auch zeitweise ohne Plattenvertrag (Johnny Cash z.B.) und es hat ihnen in keinster Weise geschadet, ganz im Gegenteil.
Hat Johnny Cash nicht sogar in den 80ern große Welttourneen gemacht, ohne einen aktuellen Plattenvertrag zu haben?
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