ELVIS in der DDR-Presse
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Dafür gibt es einen Fachbegriff: Realitätsverfälschung!
Nee, Quatsch; ich war ebenfalls der Meinung, dass man statt des vergeudeten Platzes für den breiten Rand das eigentliche Motiv hätte größer gestalten können/sollen, aber das konnte man sich ja schlecht aussuchen.
Aber noch einmal: was mag mit "Midi-Poster" (siehe Poster-Rückseite) gemeint gewesen sein?
Ich kann mich an einen solchen Begriff nicht wirklich erinnern...
Ob der LdZ-Verlag wohl Mini-Poster gemeint hat?
Denn klein war es ja sehr wohl.Kommentar
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Kommentar
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So, Graves, da die Art, wie ich das DDR-Lexikon gescannt habe, nicht zu Deiner vollsten Zufriedenheit war , beschränke ich mich nun ausschließlich auf den Inhalt. Das macht weniger Mühe und erfüllt trotzdem seinen Zweck...
Peter Wicke:
Rockmusik.
Zur Ästhetik und Soziologie eines Massenmediums
Reclam-Verlag, Leipzig 1986
Taschenbuch, 316 Seiten
Einleitung:
(...) Die Rock'n'Roll Show »Aloha From Elvis In Hawaii« mit Elvis Presley wurde im Januar 1973 aus dem International Center in Honolulu durch das Fernsehen über Satellit weltweit ausgestrahlt und hat nach Schätzungen von Demoskopen etwa ein Drittel der Weltbevölkerung erreicht. (...)
Kapitel »Roll Over Beethoven«
Neue Erfahrungen im Medium Kunst
(...)
»Wir haben keine Songs geschrieben, sondern Schallplatten« — so das Autoren- und Produzententeam Jerry Leiber/Mike Stoller, dem vor allem Elvis Presley viele seiner frühen Hits verdankt. Der Unterschied zwischen dem Schreiben von Songs und der Titelkonzeption für eine Schallplattenproduktion ist tatsächlich gravierend. Reproduzierbar im Notendruck ist immer nur ein abstraktes Gerüst der Musik. Entsprechend lebte der konventionelle Popsong, der Tin-Pan-Alley-Schlager, vor allem innerhalb solcher musikalischer Parameter, die sich wie Melodik, Harmonik und formaler Aufbau in notenschriftlicher Form am besten ausarbeiten ließen. Jetzt dagegen werden die menschliche Stimme, ihr Timbre und Register, die Feinheiten in Intonation und Phrasierung, die klanglichen Eigenschaften der Instrumente; die physische Präsenz von Metrum und Rhythmus technisch kontrollierbar und damit dann auch zunehmend bewußter als eigenständige Ausdrucksebene eingesetzt. Nicht nur der ästhetische Reiz dessen ist entdeckt worden, sondern es wurde das nun auch mit immer komplexeren Bedeutungen verknüpft. (...)
(...) Der Rock'n'Roll schien in der gleichen Entwicklungslinie zu liegen, brachte aber eben doch eine entscheidende Veränderung mit sich. Elvis Presley oder Bill Haley haben aus Blues und Rhythm & Blues nicht mehr nur Versatzstücke als äußerliche Effekte ganz anderen musikalischen Kategorien aufgesetzt, sondern ihre Popularität gründete gerade darin, daß sie die afroamerikanische Musik in allen ihren Eigenarten, einschließlich der Interpretationsweise der schwarzen Musiker, so genau wie möglich kopierten. Es fand eine regelrechte Umkehrung des Verhältnisses statt: Hatten bis dahin weiße Musiker Elemente aus der afroamerikanischen Musiktradition ihren eigenen ästhetischen Vorstellungen angepaßt, so suchten sie jetzt ihre Interpretationsweise der Ästhetik der afroamerikanischen Musik anzupassen, bis schließlich schwarze Sänger und Musiker wie etwa Chuck Berry selbst als millionenschwere Popstars in Erscheinung traten. (...)
(...) Ganz am Beginn seiner Entwicklung war dann Rock'n'Roll auch nichts anderes als schwarze Musik, interpretiert von weißen Musikern. Und selbst die zum Synonym für ihn gewordenen großen Erfolge entpuppen sich bei genauerem Hinsehen vielfach als weiße Nachproduktionen afroamerikanischer Blues- und Rhythm & Blues-Titel, sofern sie nicht ab Mitte der fünfziger Jahre, als im Musikgeschäft zumindest äußerlich die Rassenschranken endgültig fielen, ohnehin direkt von schwarzen Interpreten wie Chuck Berry, Fats Domino, Little Richard oder Bo Diddley in den Rock'n'Roll eingebracht worden sind. Auch der Song, der Elvis Presley 1956 den kommerziellen Durchbruch brachte, »Hound Dog« war drei Jahre zuvor bereits mit der Bluessängerin Willie Mae Thornton erschienen. Bill Haley verdankte seine Popularität einem Titel des schwarzen Musikers Joe Turner, »Shake, Rattle and Roll«. Eine solche Aufzählung ließe sich nahezu endlos verlängern. (...)
Kapitel »Rock Around the Clock«
Der Aufbruch
(...) Sowohl Rhythm & Blues — eine Bezeichnung, hinter der sich die Spielweisen im städtischen Blues-Idiom, afroamerikanische Tanzmusik und der damals von gospelbeeinflußten Vokalensembles wie den Inkspots oder den Drifters interpretierte schwarze Schlager verbargen — als auch die Country Music setzten sich aus einer enormen Breite divergierender Musikstile zusammen. Von den Teenagern, die über das Radio jetzt Zugang zu beidem hatten, wurde ohne Rücksicht darauf einfach das ausgewählt und angenommen, was ihren Freitzeitwerten entsprach — Musik, die rebellisch und provozierend wirkte, sinnliches Vergnügen vermittelte und sich in ihre Welt aus Partys, Rendezvous, protzigen Autofahrten, Träumen und Sehnsüchten einordnen ließ. Elvis Presleys erste Singleproduktionen kombinierten gleich beides, eine nachproduzierte Bluesnummer auf der Vorderseite der Platte mit einem nachgesungenen Countrysong auf ihrer Rückseite. Bill Haley kam von einem hauptsächlich in Texas und Oklahoma beheimateten Country-Ableger des Swing, einer Adaption von Swingstandards in den Sound der volksmusikalischen String Bands dieser Region. (...)
(...)
Zum erstenmal kam das explizit in jenen Aufnahmen zum Ausdruck, die ein damals völlig unbekannter junger Mann, Lastwagenfahrer der Crown Electric Company, im Juli 1954 für das kleine Sun-Label des Memphis Recording Service einspielte — Elvis Presley. Der Memphis Recording Service ist eines jener obskuren Einmannunternehmen gewesen, die darauf hofften, irgendwann einmal auf dem Musikmarkt eine Goldader zu entdecken. Zu den Einnahmequellen gehörte neben den Aufnahmen unbekannter Bluessänger der Region, die an die großen Schallplattenfirmen weiterverkauft wurden, auch ein Schallplattendienst für jedermann. Gegen Entgelt von einigen wenigen Dollars konnte sich wer wollte ins Studio stellen und zum privaten Gebrauch eine Plattenaufnahme von sich machen lassen. Als im Sommer 1953 auch Elvis Presley hier das erste Mal auf eigene Kosten seine Gesangskünste versuchte, hatte er gerade die Humes High School in Memphis hinter sich und angesichts der eher bescheidenen Ergebnisse seiner Abschlußprüfung nicht mehr als einen Job als Fahrer in Aussicht. Bis zu diesem Zeitpunkt ist seine Entwicklung in vieler Hinsicht typisch für diejenige seiner Generation im Kleinstadt-Amerika verlaufen. Geboren 1935 in Tulepo/Mississippi, das Elternhaus verarmter kleinbürgerlicher Mittelstand — sein Vater war selbständiger Lastwagenfahrer gewesen, bevor er für ein Fuhrunternehmen arbeitete —, aufgewachsen in Memphis, wo Elvis Presley es schließlich bis zur High School brachte, hatte er die Trostlosigkeit der kleinbürgerlichen Alltagsrealität und den erdrückenden Konformismus der Zeit ganz unmittelbar erfahren. Die Reaktion darauf war Gleichgültigkeit und eine tiefe Abneigung gegen die Übernahme jeder Verantwortung, die ihn in die Zwänge des properen Typenmenschen gebracht hätte, zu dem ihn, ebenso wie seine Altersgenossen, die High School hatte formen wollen. Seine erste Begegnung mit der Musik geht auf die Vorschulzeit und den Kirchenchor der Pentecostal First Assembly of God Church in Memphis zurück. Im Alter von zehn Jahren gewann er einen Preis bei der Mississippi-Alabama Fair and Dairy Show, einem schulischen Gesangswettbewerb. Er spielte etwas Gitarre, denn die Eltern hatten ihm zu seinem elften Geburtstag ein Instrument geschenkt, hörte stundenlang Radio und entwickelte wie alle seine Alterskameraden eine Vorliebe für die Urwüchsigkeit des Rhythm & Blues und die rauhen Balladen der Country Music. Seine Heimatstadt Memphis bot in dieser Hinsicht ein faszinierendes Spektrum der musikalischen Traditionen der Südstaaten: eine eigenständige lokale Bluesentwicklung, die bis weit in die zwanziger Jahre zurückreichte, eine ausgeprägte Gospeltradition in den schwarzen Kirchen und eine reichhaltige Auswahl an Country Music im ungehobelten Hillbilly-Stil. In Memphis stand die erste von Schwarzen betriebene Radiostation der USA, machten namhafte Bluesmusiker wie Howlin' Wolf und Sonny Boy Williamson eigene Sendungen im lokalen Rundfunk.
Als im Sommer 1954 der Memphis Recording Service dem Drängen von Presley schließlich nachgab und eine kommerzielle Platte mit ihm produzierte, enthielt sie wie alle folgenden fünf Singles auf dem hauseigenen Sun-Label einfach eine Auswahl aus diesem Spektrum, die sich am Musikgeschmack seiner ehemaligen Klassenkameraden an der High School orientierte. »That's All Right (Mama«) des Bluessängers Arthur Big Boy Crudup auf der A-Seite war hier gekoppelt mit »Blue Moon of Kentucky«, den Bill Monroe zu einem Klassiker der Country Music gemacht hatte. Diese Zusammenstellung traf exakt den Nerv der Zeit, zumal Presley beide Vorlagen völlig unprätentiös, mit der Spontaneität des Amateurs und ziemlich unbekümmert um ihre ursprünglichen stilistischen Eigentümlichkeiten kopierte. »That's All Right« ist ein kunstloser, konventioneller Blues, einfach nachzusingen und simpel im Ablauf. Presleys Stimme — mit ihrer etwas nasalen Tongebung weit entfernt von der sinnlichen Expressivität des afroamerikanischen Bluesgesangs — gab ihr zusammen mit der akkordisch geschlagenen, die Zählzeiten markierenden Rhythmusgitarre, mit dem plumpen, in einfachen Tonschritten sich bewegenden Baß und der den Gesang stützenden Melodiegitarre ein absolut unverwechselbares Gepräge, das die sichtliche Unbeholfenheit durch einen fast rührend-komischen Enthusiasmus wettzumachen suchte. Hier paßte eigentlich nichts recht zusammen; die Stimme nicht zum konventionellen Stil dieses Songs, die in Country-Manier geschlagene Rhythmusgitarre nicht zu der an der Bluesvorlage orientierten Melodiegitarre und der ungezügelte Enthusiasmus nicht zur Banalität des gesungenen Textes. Aber gerade das war es, was dem Ganzen das unwiderstehliche Image der Rebellion vermittelte. Den Jugendlichen galt der, der hier sang, als einer der ihren; einer, der es geschafft hatte, der es mit seiner unprofessionellen Musikalität den anderen, den Erwachsenen, gezeigt hatte. Nein, sie waren keine Versager, nur weil sie sich dem Konformismus, den Normen und Regeln der Disziplin an den High Schools zu verweigern suchten, allenfalls mit zur Schau gestelltem Widerwillen beugten. Sie wollten nur anders sein, ohne freilich genau zu wissen wie eigentlich; aber die Regeln ihrer Gesellschaft stellten sie im Grunde genommen deshalb keineswegs in Frage. Für sie lag die Bedeutung von Elvis Presley darin, daß es ihm, stellvertretend für sie alle, gelungen war, in eine gesellschaftliche Sphäre — das Musikgeschäft — einzudringen und sich darin Respekt zu verschaffen, ohne sich dessen Normen angepaßt zu haben. An seinen Platten war das überzeugend ablesbar; an ihrem naiven Dilettantismus, gemessen an den professionellen Standards der Zeit, und ihrer provokativen Unverschämtheit, mit der sie das ausstellten. Paul Willis hat das sehr genau beobachtet, als er schrieb:
»Elvis Presleys Platten steckten voller Aggression. Es war zwar oft nicht auszumachen und blieb dunkel, wogegen sie sich richtete, sie besaß jedoch eine starke gefühlsmäßige Sprengkraft. In der Atmosphäre der Musik, in den Texten, in der Art, wie er die Wörter aussprach, in seinem persönlichen Image lag etwas, das unübersehbar darauf hinwies: hier ist ein Mann, der sich nicht herumschubsen läßt. Seine ganze Erscheinung verlangte Respekt, obgleich die Gründe für diesen Respekt, gemessen an den konventionellen Maßstäben, nicht reputierlich und antisozial waren.«
Elvis Presley verkörperte das unbestimmte und verzehrende Verlangen der Jugendlichen an den amerikanischen High Schools der fünfziger Jahre, der bedrückenden Alltäglichkeit, die sie umstellte, irgendwie zu entkommen, ohne dafür den bitteren Preis der Anpassung zu bezahlen. Sein rascher Erfolg schien der Beweis dafür, daß dies prinzipiell möglich war. Auch die bloß nachproduzierten Songs, die eigentlich längst bekannt waren — und das sind nicht wenige im Repertoire von Elvis Presley gewesen — erhielten so noch eine zusätzliche Dimension. Presley machte sie endgültig zu »ihrer« Musik, denn er war ja einer der ihren. Aus diesen Liedern sprach jetzt nicht mehr eine fremde kulturelle Identität, die der Outlaws, der afroamerikanischen und weißen »Randgruppen« am unteren Ende der sozialen Hierarchie, sondern ihre eigene. Die Teenager hatten diese Musik in den Kontext ihrer Lebensweise hineingestellt, begleitet von den abschätzigen Bemerkungen der Erwachsenen, bedroht von elterlichen Verboten und schulischen Disziplinarmaßnahmen. Durch Elvis Presley wurde dieser Kontext nun öffentlich, im Musikgeschäft sanktioniert. Der ganze kommerzielle Rummel um ihn war ihre gesellschaftliche Bestätigung. Die Wirkung ist überwältigend gewesen. Der Countrysänger Bob Luman beschrieb sie später für einen Zeitpunkt, als Elvis Presley kurz nach der Veröffentlichung seiner ersten Singles im Süden des Landes noch von einem High School-Ball zum anderen zog:
»Dieser Bursche kam raus mit roten Hosen, einem grünen Umhang und Socken in gelb; und er hatte dieses höhnische Grinsen auf seinem Gesicht. Er stand bestimmt fünf Minuten hinter dem Mikrophon, bevor er irgend etwas tat. Dann schlug er einen Akkord auf seiner Gitarre an, und dabei gingen gleich zwei Saiten drauf. Ich habe zehn Jahre lang gespielt und in der ganzen Zeit nicht eine Saite zum Reißen gebracht. Da stand er nun, zwei Saiten baumelten herunter, und er hatte noch immer nichts gemacht. Die High School-Mädchen kreischten, fielen in Ohnmacht, rannten nach vorn zur Bühne, und dann fing er an, seine Hüften ganz langsam zu bewegen, so als ob er nicht seine Gitarre, sondern ein Mädchen da hätte. Das war Elvis, als er ungefähr neunzehn war und in Kilgore, Texas, spielte.«
Was hier berichtet ist, war mitnichten die mystische Wirkung einer charismatischen Persönlichkeit, als die ihn die Musikpresse zu verkaufen suchte, und auch nicht die vermeintlich »rauschähnliche« Wirkung dieser Musik, die ihr mit Bezug auf solche und ähnliche Szenen immer wieder unterstellt worden ist. Es war das vielmehr eine Reaktion auf das gesellschaftliche Phänomen Elvis Presley, auf die Tatsache seiner Existenz in jener muffig-konservativen Atmosphäre der Eisenhower-Ära; und die schaukelte sich in dem Maße hoch, wie die Medien daraus eine Bedrohung Amerikas machten. Sein jugendliches Publikum erlebte in der Tatsache, daß mit Elvis Presley zum erstenmal einer der ihren auf der Bühne stand — genauso alt wie sie, die gleichen Erfahrungen wie sie, genauso unverschämt und provozierend, wie sie zumindest gern gewesen wären —, seine eigene gesellschaftliche Wirksamkeit. Diese erschien dann um so überdimensionaler, je mehr die Medien sie zum ernsthaften Angriff auf Amerika aufbauschten.
»Reaktionäre und Patrioten sahen in dem demonstrativ aufmüpfigen Musikkult einen tückischen Versuch der Kommunisten, die amerikanische Gesellschaft mittels der Jugend zu unterminieren.«
Die Anti-Rock'n'Roll-Kampagnen in der amerikanischen Öffentlichkeit, begleitet und geschürt von internen Auseinandersetzungsprozessen in der Musikindustrie, denn die Verlagsimperien des Broadway sahen zu Recht die Gefährdung ihrer Existenz durch den Siegeszug des Rock 'n' Roll voraus, vermochten allerdings nur kurzzeitig zu überdecken, daß Elvis Presley und der Rock'n'Roll nicht für die Ablehnung des American way of life, sondern nur für eine andere, zeitgemäßere, weniger konservative Version dessen stand; eine Version, die der amerikanische Kapitalismus letztlich in sich selbst erzeugt hatte. Greil Marcus schrieb später:
»Die Version des amerikanischen Traums, die Elvis aufgeführt hat, ist immer weiter aufgeblasen worden, um mehr an Geschichte, Leuten, Musik und Hoffnungen zu umfassen; die Luft ist dünn geworden, aber der Ballon platzt nicht und wird nie platzen. Es ist das ein Amerika, das sich selbst überholt, in aller seiner Extravaganz...«
Freilich schließt das nicht aus, daß der Rock'n'Roll trotz allem als Alternative zu den offiziellen Kulturmustern, Lebensstrategien und Denkschemata der konservativen fünfziger Jahre aufgefaßt worden ist und als solche von den Jugendlichen an den High Schools in ihre Lebensweise integriert wurde. Allein schon die obskure Herkunft dieser Musik, ihre Anzüglichkeit im versteckten Andeuten, ihre hemmungslose Unbeschwertheit mußten in einem Umfeld sensationelle Sprengkraft erhalten, wo selbst Shakespeare für die Leseausgaben an den High Schools nur in einer gekürzten, moralisch gesäuberten Fassung zugelassen war.
»Rock'n'Roll bot eine ziemlich treffende und radikale Kritik am Leben in den fünfziger Jahren, zusammen mit einer ebenso schlüssigen Alternative.«
Dem Konservatismus und Konformismus von Eisenhowers Amerika war mit ihm eine Philosophie des Vergnügens entgegengesetzt, gebündelt im Tanzen, erotischen Beziehungsgeplänkeln, den legendären dates der amerikanischen Teenager (die Regeln der Verabredung mit Freund bzw. Freundin), Autofahren und natürlich dem Spaß an der Musik selbst. Rock'n'Roll bildete so etwas wie eine Matrix, ein unsichtbares, aber manifestes Raster für die Freizeitaktivitäten der High-School-Jugend, vermittelte einen Sinnzusammenhang aus Werten und Bedeutungen, der an ihm dann weiterentwickelt werden konnte. Damit gab er ein kulturelles Koordinatensystem ab, um darin auch die langweiligen Prozeduren des High-School-Alltags festzumachen. Geändert hat sich deshalb daran natürlich nichts; die High School blieb nach wie vor der Mittelpunkt im realen Alltag der Teenager. Aber der war in ihrer Freizeit und mit dem Rock'n'Roll nun um kulturelle Dimensionen erweitert worden, die die Struktur ihres Lebensprozesses veränderten, indem sie in die durch High School und Elternhaus vorgegebenen Alltagsbeziehungen zusätzliche, eigene einfügten.
(...)
Kapitel »Love Me Do«
Ästhetik der Sinnlichkeit
(...) Der Bedeutungswandel, den die populäre Musik mit dem Rock'n'Roll erfahren hatte, interessierte in den Plattenfirmen und Aufnahmestudios nicht. Die Anwendung neuer Produktionsverfahren, wofür zwar bereitwillig geeignete Musikformen aufgegriffen wurden, veränderte nicht im mindesten die konventionellen Vorstellungen über populäre Musik als leicht verkäufliche Unterhaltungsware, nach denen in den Medien gearbeitet wurde. Vielmehr haben sie den Rock'n'Roll von innen her ausgehöhlt. An Elvis Presleys 1956 erschienenem »Love Me Tender«1 ist das geradezu musterhaft ablesbar. David Pichaske schrieb über diesen Song:
»Es ist schwierig, ein simpleres, dünneres, weniger professionelles Stück zu finden als 'Love Me Tender'; Elvis' erste Nummer-Eins-Ballade — in jeder Hinsicht dürftig, akustische Gitarrenbegleitung, Dezimen-Barbershop-Harmonie, die Stimme wie aus einem langen Tunnel kommend, eine Vortragsweise, die den metrischen Trott des reinen Knittelverses auch noch betont: 'Love me tender, love me true, / Never let me go. / You have made my life complete, / And I love you so'. Die totale Blamage; gleich hinter 'Aura Lee', von dem die Melodie geklaut ist, eine Scheußlichkeit. Das perfekte Beispiel für die 'Verweigerung' von Schönheit, Überfeinerung, akademischer Orchestrierung und akademischen Texten, von Glätte und Subtilität im Rock'n'Roll.«
Das Selbstverständnis der Produzenten in den Medien orientierte sich an einem Professionalismus, dem die Normen des traditionellen Popsongs eingeprägt waren. So wurden die Eigenarten des Rock'n'Roll nach den alten Schemata der Musikindustrie formalisiert und richteten sich dann schließlich gegen ihn selbst. Ende der fünfziger Jahre blieb von ihm nicht mehr »als eine sanfte Berieselung für angehende Teenager«. Allerdings spiegelte die Austauschbarkeit der jetzt in immer rascherer Folge einander ablösenden Teenagerstars wie Frankie Avalon, Paul Anka, Annette, Bobby Vee oder Ricky Nelson ebenso wie der soundorientierte Rock'n'Roll der Vocal Groups, der Drifters, Shirelles, Marcels, Platters, nun sehr deutlich, daß sich der Schwerpunkt der Musikproduktion vom Musiker weg auf die Schallplattenmacher verlagen hatte.
(...)
(...)
Natürlich hatte auch die britische Musikindustrie prompt und ungeachtet der öffentlichen Auseinandersetzungen reagiert als sich mit der Rock'n'Roll-Begeisterung britischer Arbeiterjugendlicher ein neuer Markt für sie abzuzeichnen begann. Nur adaptierte sie diese Musik gleich von vornherein ihren Vorstellungen von »exzellenter Unterhaltung für die ganze Familie«, wie das David Jacobs, Moderator der Fernsehsendung Juke Box Jury, einem Popmusikprogramm für Jugendliche, seinerzeit formulierte. Nahezu jeden Monat erschien so ein neuer jugendlicher Schlagerstar auf dem Schallplattenmarkt, der überschwenglich als »Großbritanniens Antwort auf Elvis« annonciert war. Vor allem Tommy Steele und Cliff Richard standen dann für den weichgespülten Rock'n'Roll-Verschnitt britischer Machart im »good boy«-Klischee, mit der dem Rock'n'Roll freilich genau das genommen war, was ihn zur Alternative gegenüber den spießigen britischen Popmusikproduktionen der fünfziger Jahre gemacht hatte. Das mußte dazu führen, daß sich die Jugendlichen ihren Rock'n'Roll schließlich selbst spielten, zumal die Skifflewelle ohnehin schon das Selbstmusizieren in Mode gebracht hatte. Auch die Beatles, die zunächst als skiffelnde Schülerband durch die Jazzclubs gezogen waren, wurden erst zu einer Liverpooler Lokalberühmtheit, als sie sich in kraftstrotzender Lederbekleidung auf die Imitation von amerikanischem Rock'n'Roll verlegten. Paul McCartney erinnerte sich später:
»Wir fingen an, indem wir Elvis, Buddy Holly, Chuck Berry, Carl Perkins, Gene Vincent.. , die Coasters, die Drifters imitierten — wir kopierten bloß, was sie machten.«
(...)
(...) Daß der amerikanische Rock'n'Roll im Großbritannien der fünfziger und beginnenden sechziger Jahre von den Ansprüchen britischer Arbeiterjugendlicher auf eigenständige und ihren Erfahrungen adäquate Verwirklichungsmöglichkeiten in der Freizeit kündete, war in den Titeln eines Elvis Presley, Chuck Berry, Buddy Holly oder Little Richard nicht ausgedrückt, hatte mit deren Botschaften eigentlich nichts zu tun. Und auch die britischen Beatgruppen verkörperten das nicht in ihrer Weise des Musizierens, als sie den Rock'n'Roll nun nachzuspielen begannen. Sie aktualisierten damit lediglich jene zweite Bedeutungsebene, die der Rock'n'Roll unabhängig von ihnen schon besaß, von den britischen Arbeiterjugendlichen in ihrem Gebrauch vermittelt und in der öffentlichen Reaktion auf ihn immer wieder bestätigt bekommen hatte. (...)
>>> In den folgenden vier Kapiteln (»My Generation« - Rockmusik und Subkulturen, »Revolution« - Die Ideologie des Rock, »We're Only In It For the Money« - Das Rockgeschäft und »Anarchy In the UK« - Die Rebellion des Punk) wird Elvis - so ich nichts überlesen habe - nicht erwähnt.
Kapitel »Wild Boys«
Ästhetik des Synthetischen
(...) Die Folge dessen war eine umfassende Zielgruppen- und Marktverschiebung in Richtung auf die immer noch zahlungsfähigeren Jugendlichen aus den kleinbürgerlichen Mittelschichten, die im Unterschied zur Arbeiterjugend am wirksamsten über das Fernsehen zu erreichen sind.
Diese Entwicklung ließ mehr als deutlich werden, in welchem Maße auch die Musik im Kontext von Massenkultur nur als Teil eines Ganzen funktioniert, das als übergreifender Zusammenhang jedes seiner Glieder prägt. Was vordem noch in getrennten Produktionssphären mit eigenen Konventionen, eigener Geschichte und eigenen Traditionen hervorgebracht wurde und nur im Komplex als Massenkultur wirkte, ist vor allem im Musikvideo nun unmittelbar aufeinander bezogen. Film und Fernsehen etwa haben bereits in den fünfziger Jahren bei der Verbreitung des Rock'n'Roll eine Rolle gespielt. Erinnert sei nur an die Filmproduktionen mit Elvis Presley und Bill Haley oder die zu einer Institution des amerikanischen Musiklebens gewordene Fernsehshow American Bandstand Querverbindungen hier sind also keineswegs so neu, ebenso wie beide Medien immer schon neben der Musik in den kulturellen Alltag Jugendlicher integriert waren und zumindest hier wechselweise aufeinander einwirkten, auch wenn sie getrennt operierten. Im Musikvideo dagegen sind die populärsten Medien der Massenkultur — Musik, Fernsehen und Film — zu einer Einheit zusammengeschlossen. (...)
Nachtrag:
Trotz verzweifelter Internet-Recherche gelang es mir nicht, ein Original-Exemplar des großen Elvis-Posters aus DDR-Produktion ausfindig zu machen. Deshalb habe ich auch in diesem Fall den Versuch unternommen, aus einer unbrauchbaren Vorlage eine halbwegs zweckdienliche Darstellung zu rekonstruieren:
Zu dem bereits angesprochenen "Schnipsel" in der DDR-Illustrierten "Filmspiegel":
Dies hier ist der komplette Jahrgang 1982 - 24 Hefte, da 14-tägig erschienen.
In einem dieser Hefte - da bin ich mir relativ sicher - ist ein kleiner Beitrag über Elvis enthalten (1 Seite). Vielleicht hilft die Cover-Abbildung ja jemandem weiter...
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Zumal das eine oder andere Werk (allen voran Lexika) bei nur partiellen, dafür Mehrfach-Nennungen (über das Buch verstreut) einfach nicht dazu einladen, jede Seite einzuscannen bzw. komplett abzubilden.
Auch sehe ich dies hier nicht vordergründig als Bilderthread.Kommentar
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So insgesamt betrachtet, erscheinen die späteren 80er Jahre doch eher ein gemäßigteres Beurteilen diverser Dinge -so auch eines Elvis Presley- zugelassen zu haben, waren die medialen Töne doch noch zu Beginn selbigen Jahrzehnts andere, wenn nicht sogar davon geprägt, ihn -"die Heulboje" gänzlich ignoriert zu haben.
Die Tatsache, hier die einzelnen Presseartikel stetig zu verlinken, lässt mich mal vom Magazin melodie und rhythmus kurzzeitig wegkommen. (Es gibt -wie an sich bekannt- weitere Ausgaben.)
So denke ich, dass an dieser Stelle auch dem 'Blauen' mal die ganze Wahrheit über diesen "Analphabeten Presley" zuzumuten ist, die Dinge endlich (abgesehen des Jahres 1960) mal wieder ans Licht gebracht gehören:
NBI 22/1960
'Neue Berliner Illustrierte',
Größe ca: 26x 37 cm
melodie und rhythmus 10/77 / melodie und rhythmus 4/80 / melodie und rhythmus 5/80 / melodie und rhythmus 6/80
Kommentar
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Sehr spannend, mal etwas aus der Zeit des "Kalten Krieges" zu lesen, und zwar von der "roten Seite", sag ich mal. Denn hier erfuhr der interessierte Leser die schonungslose Wahrheit über den "amerikanischen Schlagersänger", den "Pseudo-Künstler", der ein "echter, unwissender Hinterwäldler" war und keine Noten lesen konnte. Und man erfährt etwas von seinen Managern (Mehrzahl!) und deren "Hintermännern"!
Bevor jetzt jemand protestieren möchte, warum man so etwas hier einstellen muss, dem sage ich, dass sich die Urheber solchen geballten Unsinns selbst disqualifizieren, dass sie - ohne das gewollt zu haben - ihre politische Engstirnigkeit und kulturelle Kleingeistigkeit offen legen, und schon deshalb halte ich Beiträge wie diese für ein bewahrenswertes Dokument der Musikgeschichte. Ein Spiegel, den sich die Redakteure von damals vorhalten, während sie im Gefühl der ideologischen Überlegenheit einseitig und indoktrinativ über die "Auswüchse" der kapitalistischen Gesellschaft urteilten.
Für alternative Denkmuster war da kein Platz; wer sich als Demokrat probierte, bekam sofort den "Revanchisten"-Stempel auf die Stirn gedrückt.
Eben darum sollten auch diese Artikel nicht in Vergessenheit geraten - damit die Polemik an sich nicht vergessen wird, die damals flächendeckend betrieben wurde...
Graves:Kommentar
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Da sehe ich hier/an dieser Stelle (des Forums) keinerlei Gefahr, es liest eh keiner.
Im Übrigen pflichte ich der NBI bei. Und zudem ist es geradezu bezeichnend -auch in heutigen Zeiten-, dass gerade jene, die am lautesten aufschreien, sich selbst so auch u.a. als "Größten" aller Fans sehen und gleichsam die alleinige Wahrheit unters Volk zu bringen gedenken, den letztlich zweifelhafteren Eindruck hinterlassen.Kommentar
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Im Übrigen pflichte ich der NBI bei.
Und zudem ist es geradezu bezeichnend -auch in heutigen Zeiten-, dass gerade jene, die am lautesten aufschreien, sich selbst so auch u.a. als "Größten" aller Fans sehen und gleichsam die alleinige Wahrheit unters Volk zu bringen gedenken, den letztlich zweifelhafteren Eindruck hinterlassen.
Solltest Du mich meinen, wäre es zweckdienlich, auch hier etwas deutlicher zu werden, denn eine derart beschriebene Erhöhung der persönlichen Meinung ist mir schlicht und einfach nicht zu eigen.
Kommentar
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Da wäre ich mir gar nicht so sicher.
Polarisierung!
Könntest Du das etwas näher erklären?
...So auch hier.
Und so ganz unrecht hat sie (die NBI) -nebenbei bemerkt- nun mal nicht.
Hier bin ich mir unsicher, ob Du dabei an mich denkst oder nicht.
Solltest Du mich meinen,
Nein.
Sicher ließen sich zuweilen auch Namen nennen. Dennoch war es dem allgemeinen Fan 'gewidmet', welcher vehement zur "Wahrheit" aufruft und dabei nicht selten nur seine eigenen Sichtweise meint, so dann auch -wenig überraschend- darüber mit anderen Fans ins Streiten kommt.
Kommentar
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Schau Tafka, da ist er dann doch wieder: der Moment, welcher mich zweifeln lässt, dass dem Lesen auch nur der Ansatz einer Mühe des Nachdenkens + Abwägens ob des Geschriebenem zu folgen imstande war, oder nicht doch gleich wieder auf "stur" geschalten wurde, weil die Reihe so unerträglich erscheinender Angriffe -Majestätsbeleidigungen quasi- kein Ende nehmen wollte.
Sicherlich ungewöhnlich für eine Zeitschrift, einen Leserbrief -und somit auch den Leser selbst- derartig vorzuführen. Gleichwohl aber hat sie -die NBI- eben nicht ganz unrecht, wenn sie diesem -der selbst mit seiner Sprache hadert- die Befugnis abspricht, darüber zu urteilen, ob eine an sich ihm fremde Person diese Schwierigkeit mit ihm teilen könnte.
Und ganz sicher war/ist es auch nicht verkehrt, der Familie Presley akademische Grade abzusagen, besondere Schulbildung oder auch nur das erfolgreiche Beenden einer ganz gewöhnlichen.
Man könnte jetzt geneigt sein, sich Punkt für Punkt dieser dem Fan so geradezu anwidernden Aussagen zu widmen, so auch beispielsweise versucht sein, mir gegenüber glaubhaft machen zu können, dass die US-Armee prinzipiell erst Intelligenztests unternahm, bevor sie zur Rekrutierung überging. Mir selbst aber ist -zumal auch an dieser Stelle/in diesem Thread- nicht wirklich danach.
Eine Zeitschrift von gestern (13. Januar 2016), der man ganz sicher nicht den Anspruch "ideologischer Überlegenheit" nachsagen wollte,, kündigt schon mit ihrem Cover die "Welt-Sensation!", respektive den "aus Deutschland aufgetauchten, unehelichen Sohn (Elvis')" an. Nun, auch hier gilt es weniger die Augen zu verdrehen, sondern eher zu differenzieren: Unter einer "Sensation" nämlich verstünde (zumindest) ich etwas anderer Art, was mich aber die eine wie andere inhaltliche Aussage nicht grundsätzlich zwingend verdammen lässt.
.Zuletzt geändert von Graves_bei_Nacht; 14.01.2016, 16:26Kommentar
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...Bevor diese Thread-Seite ('ohne') ein Ende nimmt:
NBI 12/87
Neue Berliner Illustrierte, 1987
Größe ca: 26x 34 cm
Seite 22 >
melodie und rhythmus 10/77 / melodie und rhythmus 4/80 / melodie und rhythmus 5/80 / melodie und rhythmus 6/80
Kommentar
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So musste ich mir Deine Ausführungen gestern auch prompt zweimal durchlesen, um zu erkennen, dass nicht das Lesen sondern der Leser (also auch ich) gemeint ist.
Derart angesprochen, kann ich Dir versichern, was Dir ohnehin bereits aufgefallen sein sollte - nämlich, dass ich nicht nur im Ansatz sondern voll und ganz den Inhalt des betreffenden NBI-Artikels erfasst habe und meine Meinung dazu im Grunde nur wiederholen könnte, was freilich sinnentleert wäre.
Soll heißen: im entsprechenden System aufgewachsen, ist mir vielleicht mehr als anderen Elvis-Fans klargeworden, wie der größte Superstar der damaligen Zeit von den gegensätzlichen Systemen jeweils als Spielball eigener Interessen eingesetzt/missbraucht wurde.
War es bspw. wirklich purer Zufall, dass man Elvis damals als Teil der US-amerikanischen Besatzungsstreitkräfte in die Bundesrepublik verschiffte, für Mannöver-Einsätze sogar bis in die unmittelbare Nähe des "Eisernen Vorhangs" rückte?
Ich weiß es nicht, doch Hirn ist schließlich zum Denken dar, und wer nachdenkt, ist klar im Vorteil...
Dass man hier im Osten den "hinterwäldlerischen Schlagersänger ohne Notenkenntnis" (eine Verdichtung des NBI-Tenors von 1960) regelrecht verhöhnte/diffarmierte, hat für mich nichts mit einer faktischen Darstellung zu tun, auch wenn Du dies so uminterpretieren möchtest. Dass in diesen Worten Hähme und Spott mitschwingen, ist nicht zu übersehen - auch nicht das gerüttelt Maß an Selbstverliebtheit des sozialistischen Ideologen, der sich in dem Artikel anschickte, aus der vermeintlich politisch richtigen Sichtweise heraus einen verbalen Feldzug gegen den kapitalistischsten aller kapitalistischen Unterhaltungskünstler zu führen (siehe z.B. Parkers "Hintermänner") - und obendrein einen armen Tor mit intellektueller Überlegenheit vorzuführen.
Ich kann nur hoffen, dass Du mich richtig verstehst, Graves, denn meine Worte richten sich nicht gegen Dich bzw. Deine Meinung, sondern drücken mein Unverständnis für Dein Verständnis aus.
Prinzipiell hat jeder Mensch ein Recht auf seine ganz persönliche Meinung, dazu stehe ich. Wenn sich also z.B. ein x-beliebiger User aus der Ignore-Deckung hervor wagt und wiederholt stichelt, dann mag er dies tun - auch er hat schließlich das Recht, der Dummheit Vorschub zu leisten, wenn er mit seiner Zeit nichts Besseres anzufangen weiß.
Doch fällt es mir schwer, nachzuvollziehen, wie man als Elvis-Fan (gemäß des Artikels im NBI sind sowohl Du als auch ich Fanatiker!) die mit Polemik überfrachteten Vereinfachungen kritiklos hinnehmen kann, ja sogar Verständnis dafür aufzubringen vermag. That's it.
Ich lese aus diesem Artikel (und auch anderen gleicher Machart) den Versuch heraus, den Mythos Elvis Presley zu entzaubern, der braven sozialistischen Jugend klarzumachen, dass man keinen Elvis Presley zur persönlichen Glückseligkeit benötigt - denn schließlich "besaß" die DDR einen Dean Reed, quasi den "richtigen", weil roten Elvis, wenn man so will. Damals, 1960, zwar noch nicht, aber im nächsten Jahrzehnt dann.
Die politische Indoktrination habe ich selbst als Schüler und Heranwachsender miterlebt, und es fällt mir daher nicht schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen, wenn es darum geht, ideologische Verklausulierungen zu enttarnen bzw. zu erkennen.
Ich würde es begrüßen, wenn Du Dir die Zeit nehmen könntest, auf meine Darstellungen etwas näher einzugehen, denn derart vertiefte Überlegungen mit einsilbigen Kommentaren zu quittieren, hielte ich nicht gerade für angemessen.
Mach aber, wie Du es für richtig hältst; Deine Art der Antwort wird darüber entscheiden, ob ich mir künftig nochmal soviel Zeit für eine "richtige" Antwort nehme oder dem üblichen Verhaltensmuster nach eifere...
Um etwaigen Missverständnissen vor zu beugen: selbstredend freue ich mich auf weitere Elvis-Betrachtungen aus der DDR-Presse, daran hat sich nichts geändert. Doch damit, dass ich auch mal ein kritisches Wort über die Inhalte verliere, müsstest Du schon leben, werter Graves...
NBI 12/87Kommentar
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Hier mal kurz ein Poster-Update made in GDR:
Meiner Erinnerung nach sind dies alle in der DDR erschienenen Elvis-Poster. Ist das soweit korrekt, Graves?
Ein weiteres Color-Motiv (Elvis spielt Gitarre, mglw. aus IHATWF? - als kleines s/w-Foto war es in einer m&r abgebildet) geistert mir zusätzlich im Kopf herum, doch es kann auch sein, dass ich es mit einem BRAVO-Poster verwechsele...
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