MOODY BLUE
Betrachtungen über die amerikanische LP-Ausgabe
Der vorliegende Artikel erschien erstmals im November 1995 in der Nr. 12 von BIB und stammt aus der Kolumne "See The USA The Elvis Way" in der in zwangloser Reihenfolge typisch amerikanische Produkte der Elvis-Szene vorgestellt werden: Der Bogen spannt sich von Original-Schallplattenveröffentlichungen über die Elvis-Briefmarke bis hin zu Reisebüchern, die die USA unter dem Aspekt Elvis behandeln. Der Originalartikel in BIB Nr. 12 enthielt zusätzlich zwei Fotos (die Cover der Standardausgabe und des niemals zur Veröffentlichung gekommenen "slicks").
von Peter Schittler
Mit der LP MOODY BLUE habe ich einen - so möchte man auf den ersten Blick meinen - krassen Gegensatz zum Thema dieser Reihe aus der Nr. 11 gewählt. Immerhin liegen über zwei Jahrzehnte zwischen der PERFECT FOR PARTIES, November 1957, und der MOODY BLUE, Mai 1977. Für viele ernsthafte Sammler stammt die hier besprochene LP aus einem Zeitraum, der keine beachtenswerten Platten mehr hervorgebracht hat. Die US-MOODY BLUE widerlegt diese Annahme eindrucksvoll. Es handelt sich immerhin um die letzte Platte, die noch zu Elvis' Lebzeiten erschien. Hier haben wir das Ende einer Ära, die mit fünf Sun-Singles begann - alleine deswegen sollte diese LP selbst in ihrer alltäglichsten Veröffentlichung in jeder Sammlung zu finden sein. Zusätzlich bietet sie alles, was das Sammlerherz begehrt: Ein kurioses, niemals veröffentlichtes (aber dennoch weithin bekanntes) Cover, Pressungen auf verschieden farbigem Vinyl plus einer Picture Disc, Sticker auf dem Cover, Testpressungen aller Art - kurz: die US-Ausgabe der MOODY BLUE läßt keine Wünsche offen. Und obwohl ein paar der aufgezählten Platten und Hüllen zu den seltensten und teuersten der Welt zählen (nicht nur so kostspielig, daß nur ganz wenige sie überhaupt erstehen könnten, sondern vor allem so rar und gering in der Stückzahl, daß nicht einmal alle, die mit dem nötigen Kleingeld klimpern können, sie besitzen können), ist es dennoch für jeden einzelnen Sammler von großem Interesse, einen genaueren Blick auf diese LP zu werfen. Die Geschichte der MOODY BLUE beginnt - aus der Sicht des Sammlers betrachtet - im Mai 1977 mit einem Fauxpas von RCA. Die durchaus ansprechenden offiziellen Coverentwürfe der Vorderseite der LP-Hülle, im Fachjargon `slicks' genannt, wiesen einen Fehler in der Bestellnummer auf: Der Zeichenvorspann zur Bestellnummer lautete AFK; das `K' identifiziert aber eine Kassette, womit die Entwürfe unbrauchbar waren und bis auf gezählte drei Exemplare vernichtet wurden. Das alleine, der erfahrene Sammler wird mir mit gnädigem Nicken zustimmen, katapultiert dieses `slick' bereits in höchste Sammlersphären. Mit dem Bestellnummern Fehler nicht genug, sollte die Hülle bis zur Veröffentlichung im Juni 1977 eine radikale Änderung erfahren. Das Elvis-Foto blieb das gleiche, wurde aber um mehr als die Hälfte verkleinert und an den unteren Rand der Hülle geschoben. Elvis ist nicht nur kaum zu erkennen, sondern plötzlich taucht auch, auf magische Weise von RCA hergezaubert, wie es sonst nur David Copperfield kann, Elvis' rechte Hand am Foto auf: unpassend, seltsam aussehend, übergroß. Wo hier fototechnische Nachbearbeitung erfolgt ist, erscheint uns weniger wichtig als der Umstand, daß das erste, nicht zur Verwendung gekommene Cover in jeder Hinsicht attraktiver war. Der Wert dieses einzigartigen Stücks wird von Jerry Osborne mit $2500.- bis $3000.- beziffert; sollte sich tatsächlich jemand davon trennen, so kann ich mir derartige Zahlen durchaus vorstellen. Noch im Mai wurden Testpressungen hergestellt. Diesmal gab es keine Cover zu den Platten, auf denen bereits das New Black Label mit der Bestellnummer AFL1-2428 zu sehen war. RCA testete in großem Stil für die Zukunft und so existieren zahlreiche Pressungen auf allen erdenklichen Farben und Farbmischungen (bekannt sind u.a. weiß, rot, grün, gelb und gold), wobei zu beachten gilt, daß schwarzes und blaues Vinyl natürlich ausgeklammert werden muß. Ganz so häufig wie es klingt, dürften diese LP's doch nicht sein, denn sie tragen immerhin noch einen Katalogwert von stolzen $1000.- bis $2000.-. Dieser Reigen hochwertiger Raritäten wird schlussendlich durch die Picture Disc ergänzt, welche sich, ebenfalls im Rahmen der Experimente hergestellt, in der gleichen Preisklasse befindet. Für den realistischen Sammler beginnt es mit der ersten kommerziellen Ausgabe interessant zu werden. Im Juni 1977 erschien die MOODY BLUE auf blauem Vinyl und mit New Black Label. Zwei Sticker wiesen nicht nur auf die enthaltenen Singles hin ('Contains the Hits Moody Blue and Way Down'), sondern priesen auch 'The Blue Album' an. Diese Ausgabe existierte natürlich auch als 'designate promo', wobei durch den Stempelaufdruck `Not For Sale' auf der Rückseite des Covers eine Promotionausgabe gekennzeichnet wurde. Die Herrlichkeit des farbigen Vinyls währte nicht lange, obwohl angemerkt werden muß, daß die 'blaue MOODY BLUE' in gewaltigen Zahlen hergestellt wurde. Bereits im Juli wurde die blaue durch eine standardmäßige schwarze Vinylscheibe, unter Beibehaltung der AFL-Bestellnummer, ausgetauscht. Dann kam der 16. August 1977. RCA schaltete schnell und ließ wieder blaue Farbe in den Presswerken verwenden. Im Handumdrehen war wieder eine Rarität geschaffen, denn die MOODY BLUE mit der Bestellnummer AFL1-2428 auf schwarzem Vinyl war nur einen knappen Monat lang produziert worden; sie erzielt heute Preise zwischen $150.- und $200.- (Die nicht einzeln ausgepreisten Versionen der MOODY BLUE sind nach wie vor durchaus günstig zu finden und werden von uns nicht eigens bewertet). Die letzte bekannte Pressung ist schließlich die mit der Nummer AQL1-2428, die nur auf schwarzem Vinyl erhältlich war. Matrizennummern und ähnliche Details, die sehr oft nur den Blick für das Wesentliche trüben, sind zur Unterscheidung der einzelnen Variationen nicht notwendig, die Pressung mit Dolly Parton (APL1-2544) auf Seite 1 sollte aber doch erwähnt werden. Die MOODY BLUE ist ohne jeden Zweifel ein Klassiker unter den Elvis-Platten. Sie sollte in keiner Elvis-Sammlung fehlen, wobei wir eher Augenmerk auf die historische Bedeutung als sammlertechnische Details legen: Die 'Mega-Rarities' mögen zwar jede Sammlung aufwerten, aber ihr Fehlen bezeichnet in unseren Augen auch kein ernsthaftes Manko; die 'schwarze AFL' ist unseres Erachtens ebenfalls kein Muß, sondern vielmehr die allseits bekannte 'blaue' MOODY BLUE mit den Stickern - sie stellt die passendste (und nebenbei bemerkt auch günstigste) Manifestation des Eckpfeilers dar, der nicht mehr und nicht weniger ist als Elvis' letztes Werk.
Lieder auf der AFL1-2428 MOODY BLUE: Unchained Melody (1977) - If You Love Me (1977) - Little Darlin' (1977) - He'll Have To Go (1976) - Let Me Be There (1974) - Way Down (1976) - Pledging My Love (1976) - Moody Blue (1976) - She Think
Betrachtungen über die amerikanische LP-Ausgabe
Der vorliegende Artikel erschien erstmals im November 1995 in der Nr. 12 von BIB und stammt aus der Kolumne "See The USA The Elvis Way" in der in zwangloser Reihenfolge typisch amerikanische Produkte der Elvis-Szene vorgestellt werden: Der Bogen spannt sich von Original-Schallplattenveröffentlichungen über die Elvis-Briefmarke bis hin zu Reisebüchern, die die USA unter dem Aspekt Elvis behandeln. Der Originalartikel in BIB Nr. 12 enthielt zusätzlich zwei Fotos (die Cover der Standardausgabe und des niemals zur Veröffentlichung gekommenen "slicks").
von Peter Schittler
Mit der LP MOODY BLUE habe ich einen - so möchte man auf den ersten Blick meinen - krassen Gegensatz zum Thema dieser Reihe aus der Nr. 11 gewählt. Immerhin liegen über zwei Jahrzehnte zwischen der PERFECT FOR PARTIES, November 1957, und der MOODY BLUE, Mai 1977. Für viele ernsthafte Sammler stammt die hier besprochene LP aus einem Zeitraum, der keine beachtenswerten Platten mehr hervorgebracht hat. Die US-MOODY BLUE widerlegt diese Annahme eindrucksvoll. Es handelt sich immerhin um die letzte Platte, die noch zu Elvis' Lebzeiten erschien. Hier haben wir das Ende einer Ära, die mit fünf Sun-Singles begann - alleine deswegen sollte diese LP selbst in ihrer alltäglichsten Veröffentlichung in jeder Sammlung zu finden sein. Zusätzlich bietet sie alles, was das Sammlerherz begehrt: Ein kurioses, niemals veröffentlichtes (aber dennoch weithin bekanntes) Cover, Pressungen auf verschieden farbigem Vinyl plus einer Picture Disc, Sticker auf dem Cover, Testpressungen aller Art - kurz: die US-Ausgabe der MOODY BLUE läßt keine Wünsche offen. Und obwohl ein paar der aufgezählten Platten und Hüllen zu den seltensten und teuersten der Welt zählen (nicht nur so kostspielig, daß nur ganz wenige sie überhaupt erstehen könnten, sondern vor allem so rar und gering in der Stückzahl, daß nicht einmal alle, die mit dem nötigen Kleingeld klimpern können, sie besitzen können), ist es dennoch für jeden einzelnen Sammler von großem Interesse, einen genaueren Blick auf diese LP zu werfen. Die Geschichte der MOODY BLUE beginnt - aus der Sicht des Sammlers betrachtet - im Mai 1977 mit einem Fauxpas von RCA. Die durchaus ansprechenden offiziellen Coverentwürfe der Vorderseite der LP-Hülle, im Fachjargon `slicks' genannt, wiesen einen Fehler in der Bestellnummer auf: Der Zeichenvorspann zur Bestellnummer lautete AFK; das `K' identifiziert aber eine Kassette, womit die Entwürfe unbrauchbar waren und bis auf gezählte drei Exemplare vernichtet wurden. Das alleine, der erfahrene Sammler wird mir mit gnädigem Nicken zustimmen, katapultiert dieses `slick' bereits in höchste Sammlersphären. Mit dem Bestellnummern Fehler nicht genug, sollte die Hülle bis zur Veröffentlichung im Juni 1977 eine radikale Änderung erfahren. Das Elvis-Foto blieb das gleiche, wurde aber um mehr als die Hälfte verkleinert und an den unteren Rand der Hülle geschoben. Elvis ist nicht nur kaum zu erkennen, sondern plötzlich taucht auch, auf magische Weise von RCA hergezaubert, wie es sonst nur David Copperfield kann, Elvis' rechte Hand am Foto auf: unpassend, seltsam aussehend, übergroß. Wo hier fototechnische Nachbearbeitung erfolgt ist, erscheint uns weniger wichtig als der Umstand, daß das erste, nicht zur Verwendung gekommene Cover in jeder Hinsicht attraktiver war. Der Wert dieses einzigartigen Stücks wird von Jerry Osborne mit $2500.- bis $3000.- beziffert; sollte sich tatsächlich jemand davon trennen, so kann ich mir derartige Zahlen durchaus vorstellen. Noch im Mai wurden Testpressungen hergestellt. Diesmal gab es keine Cover zu den Platten, auf denen bereits das New Black Label mit der Bestellnummer AFL1-2428 zu sehen war. RCA testete in großem Stil für die Zukunft und so existieren zahlreiche Pressungen auf allen erdenklichen Farben und Farbmischungen (bekannt sind u.a. weiß, rot, grün, gelb und gold), wobei zu beachten gilt, daß schwarzes und blaues Vinyl natürlich ausgeklammert werden muß. Ganz so häufig wie es klingt, dürften diese LP's doch nicht sein, denn sie tragen immerhin noch einen Katalogwert von stolzen $1000.- bis $2000.-. Dieser Reigen hochwertiger Raritäten wird schlussendlich durch die Picture Disc ergänzt, welche sich, ebenfalls im Rahmen der Experimente hergestellt, in der gleichen Preisklasse befindet. Für den realistischen Sammler beginnt es mit der ersten kommerziellen Ausgabe interessant zu werden. Im Juni 1977 erschien die MOODY BLUE auf blauem Vinyl und mit New Black Label. Zwei Sticker wiesen nicht nur auf die enthaltenen Singles hin ('Contains the Hits Moody Blue and Way Down'), sondern priesen auch 'The Blue Album' an. Diese Ausgabe existierte natürlich auch als 'designate promo', wobei durch den Stempelaufdruck `Not For Sale' auf der Rückseite des Covers eine Promotionausgabe gekennzeichnet wurde. Die Herrlichkeit des farbigen Vinyls währte nicht lange, obwohl angemerkt werden muß, daß die 'blaue MOODY BLUE' in gewaltigen Zahlen hergestellt wurde. Bereits im Juli wurde die blaue durch eine standardmäßige schwarze Vinylscheibe, unter Beibehaltung der AFL-Bestellnummer, ausgetauscht. Dann kam der 16. August 1977. RCA schaltete schnell und ließ wieder blaue Farbe in den Presswerken verwenden. Im Handumdrehen war wieder eine Rarität geschaffen, denn die MOODY BLUE mit der Bestellnummer AFL1-2428 auf schwarzem Vinyl war nur einen knappen Monat lang produziert worden; sie erzielt heute Preise zwischen $150.- und $200.- (Die nicht einzeln ausgepreisten Versionen der MOODY BLUE sind nach wie vor durchaus günstig zu finden und werden von uns nicht eigens bewertet). Die letzte bekannte Pressung ist schließlich die mit der Nummer AQL1-2428, die nur auf schwarzem Vinyl erhältlich war. Matrizennummern und ähnliche Details, die sehr oft nur den Blick für das Wesentliche trüben, sind zur Unterscheidung der einzelnen Variationen nicht notwendig, die Pressung mit Dolly Parton (APL1-2544) auf Seite 1 sollte aber doch erwähnt werden. Die MOODY BLUE ist ohne jeden Zweifel ein Klassiker unter den Elvis-Platten. Sie sollte in keiner Elvis-Sammlung fehlen, wobei wir eher Augenmerk auf die historische Bedeutung als sammlertechnische Details legen: Die 'Mega-Rarities' mögen zwar jede Sammlung aufwerten, aber ihr Fehlen bezeichnet in unseren Augen auch kein ernsthaftes Manko; die 'schwarze AFL' ist unseres Erachtens ebenfalls kein Muß, sondern vielmehr die allseits bekannte 'blaue' MOODY BLUE mit den Stickern - sie stellt die passendste (und nebenbei bemerkt auch günstigste) Manifestation des Eckpfeilers dar, der nicht mehr und nicht weniger ist als Elvis' letztes Werk.
Lieder auf der AFL1-2428 MOODY BLUE: Unchained Melody (1977) - If You Love Me (1977) - Little Darlin' (1977) - He'll Have To Go (1976) - Let Me Be There (1974) - Way Down (1976) - Pledging My Love (1976) - Moody Blue (1976) - She Think
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