Ich habe die folgenden Artikel bei amazon gelesen, recht interesant:
"The image is one thing - the human being antoher!", 20. Januar 2006
Schön, wenn sich Künstler um andere Künstler Gedanken machen. Die Single "Advertising Space" ist nur auf den ersten Blick eine Standard-Ballade - greift sie doch ein Thema auf, mit dem sich der typische Robbie-Fan vielleicht noch gar nicht beschäftigt hat: es geht um das Leben und Leiden von Elvis Presley:
Die "Werbefläche", die Presley in über 20 Jahren seines Schaffens bereitstellte, war wohl die erste ihrer Art: Ein kometenhafter Aufstieg in den Fünfzigern, der zunächst auf elektrisierenden Live-Auftritten endloser Konzert-Tourneen durch den Süden basierte, wurde nach einem Management-Wechsel auf die Bühnen des nationalen US-Fernsehens gedrückt, wo die anzüglichen Bewegungen und gesangliche Unkonventionalität Presleys nicht mehr nur auf weibliche Ekstase, sondern auf spießbürgerliche Kritik und Zensur trafen. Das Rebellen-Image und der zweifelhafte Ruf der neuen Musik drohten den Absatz zu verringern. Die Konsequenz war eine in ihrem Umfang beispiellose Vermarktungsstrategie, die auf ein singendes, küssendes, fäusteschwingendes und obendrein familientaugliches Hollywood-Image setzte, das sich in den Filmen perfekt kontrollieren und an den Kassen hervorragend verkaufen ließ; dem Künstler selbst allerdings wurden die eigenen Filme jedoch peinlich und die dazugehörige Musik lästig. Mehrjährige Verträge über Produkte, für die er sich schämte, und ein persönlicher Hintergrund, der ihn zu einem selbstlosen und folgsamen Mitspieler machte, ließen die maximale Ausbeutung der eigenen Person zur maximalen persönlichen Katastrophe Presleys werden. In dem Wissen, nicht ernst genommen zu werden, gewannen Desillusionierung und Abhängigkeit von Medikamenten die Oberhand. Auf das grandiose musikalische Comeback folgte nur der nächste aggressive Ausverkauf des Images, der abermals zu Ernüchterung, Langeweile und weiterem Medikamentenmissbrauch führte.
Robbie Williams ist mit dieser Single ein musikalisch zwar bewährtes, aber inhaltlich durchaus originelles Glanzstück gelungen. Der Text spricht die verkannte Sensibilität, Verletzbarkeit und Fremdbestimmtheit der Person Elvis Presleys an, beispielsweise wenn daran erinnert wird, dass Presley - nachdem er zur Witzfigur in Hollywood geworden war - Anerkennung durch Polizei- und Secret service-Abzeichen von Präsident Nixon zurückzuholen versuchte ("The man of Watergate and Vietnam"), wo man letzlich auch nur an die Öffentlichwirksamkeit und nicht die Motivation Presleys im Sinne hatte ("D'you think the CIA did [give a damn]?"). Das an Werbeartikel und lieblose Verkaufskonzepte verschleuderte Leben eines großartigen und kreativen Künstlers, der nicht nur sich, sondern die ganze Welt entflammte ("in your eyes the world was burning"), bringt Williams dem Zuhörer auf einfühlsame Weise näher. Im Refrain erinnert es an die Ironie, die erfüllte Träume (Brando als Idol des jungen Elvis) kommerziell weit übertroffen, persönlich jedoch nicht verkraftet und substanziell nie erreicht zu haben. Auf der musikalischen Ebene wiederholte sich schließlich der Ausverkauf und die Lächerlichmachung seines Werks: Obgleich von einzigartiger Wirkungskraft, teilt die Vielfältigkeit seines musikalischen Erbes nicht nur die Fans von den Kritikern sondern hat auch die Fangemeinde entzweit ("we're still fighting over everything you left behind"), etwa entlang der Linien, die Fünfziger von Sechzigern und schließlich Siebzigerjahren trennen. Erst ganz am Ende und in körperlich und gesundheitlich schlechter Verfassung - der Blaupause heutiger Karikaturen - war Presley tatsächlich nur noch ein Schatten seiner Selbst, der dem Publikum die Zeilen, die es hören wollte, angewidert hinrotzte!
"Advertising Space" wirft ein Licht auf die persönlichen Kosten massenhaften Erfolges: Große Stars - auch Robbie Williams - führen ein großteils öffentliches Leben. Es besteht die Gefahr, dass ihnen die Ansichten und Definitionen der Masse bedeutender werden, als die eigene Definition und Kontrolle ihres Lebens - besonders wenn sie sensibel sind. Elvis Presley war ein solcher Mensch. Er wusste, wie weit die leichten Spielfilmchen von denen entfernt waren, die er eigentlich drehen wollte, so dass er sich sogar für sie entschuldigte ("please be gentle, I'm still learning"). Und er war auf tragische und selbstzerstörerische Weise intelligent genug zu erkennen, wie kommerzieller Erfolg nachhaltig der Verfolgung eigener, anspruchsvollerer Interessen den Weg versperren kann, so dass er später sagte: "I'm sick of being Elvis Presley!". Gut zu wissen, dass Robbie Williams, der auch schon in der Krise steckte, in den Grenzen der eigenen "Advertising Space" etwas Freiraum für reflektive Texte gewonnen hat: "The image is one thing - the human being another! ....It's very hard to live up to the image!" Das hat Presley gesagt und Williams verstanden.
"The image is one thing - the human being antoher!", 20. Januar 2006
Schön, wenn sich Künstler um andere Künstler Gedanken machen. Die Single "Advertising Space" ist nur auf den ersten Blick eine Standard-Ballade - greift sie doch ein Thema auf, mit dem sich der typische Robbie-Fan vielleicht noch gar nicht beschäftigt hat: es geht um das Leben und Leiden von Elvis Presley:
Die "Werbefläche", die Presley in über 20 Jahren seines Schaffens bereitstellte, war wohl die erste ihrer Art: Ein kometenhafter Aufstieg in den Fünfzigern, der zunächst auf elektrisierenden Live-Auftritten endloser Konzert-Tourneen durch den Süden basierte, wurde nach einem Management-Wechsel auf die Bühnen des nationalen US-Fernsehens gedrückt, wo die anzüglichen Bewegungen und gesangliche Unkonventionalität Presleys nicht mehr nur auf weibliche Ekstase, sondern auf spießbürgerliche Kritik und Zensur trafen. Das Rebellen-Image und der zweifelhafte Ruf der neuen Musik drohten den Absatz zu verringern. Die Konsequenz war eine in ihrem Umfang beispiellose Vermarktungsstrategie, die auf ein singendes, küssendes, fäusteschwingendes und obendrein familientaugliches Hollywood-Image setzte, das sich in den Filmen perfekt kontrollieren und an den Kassen hervorragend verkaufen ließ; dem Künstler selbst allerdings wurden die eigenen Filme jedoch peinlich und die dazugehörige Musik lästig. Mehrjährige Verträge über Produkte, für die er sich schämte, und ein persönlicher Hintergrund, der ihn zu einem selbstlosen und folgsamen Mitspieler machte, ließen die maximale Ausbeutung der eigenen Person zur maximalen persönlichen Katastrophe Presleys werden. In dem Wissen, nicht ernst genommen zu werden, gewannen Desillusionierung und Abhängigkeit von Medikamenten die Oberhand. Auf das grandiose musikalische Comeback folgte nur der nächste aggressive Ausverkauf des Images, der abermals zu Ernüchterung, Langeweile und weiterem Medikamentenmissbrauch führte.
Robbie Williams ist mit dieser Single ein musikalisch zwar bewährtes, aber inhaltlich durchaus originelles Glanzstück gelungen. Der Text spricht die verkannte Sensibilität, Verletzbarkeit und Fremdbestimmtheit der Person Elvis Presleys an, beispielsweise wenn daran erinnert wird, dass Presley - nachdem er zur Witzfigur in Hollywood geworden war - Anerkennung durch Polizei- und Secret service-Abzeichen von Präsident Nixon zurückzuholen versuchte ("The man of Watergate and Vietnam"), wo man letzlich auch nur an die Öffentlichwirksamkeit und nicht die Motivation Presleys im Sinne hatte ("D'you think the CIA did [give a damn]?"). Das an Werbeartikel und lieblose Verkaufskonzepte verschleuderte Leben eines großartigen und kreativen Künstlers, der nicht nur sich, sondern die ganze Welt entflammte ("in your eyes the world was burning"), bringt Williams dem Zuhörer auf einfühlsame Weise näher. Im Refrain erinnert es an die Ironie, die erfüllte Träume (Brando als Idol des jungen Elvis) kommerziell weit übertroffen, persönlich jedoch nicht verkraftet und substanziell nie erreicht zu haben. Auf der musikalischen Ebene wiederholte sich schließlich der Ausverkauf und die Lächerlichmachung seines Werks: Obgleich von einzigartiger Wirkungskraft, teilt die Vielfältigkeit seines musikalischen Erbes nicht nur die Fans von den Kritikern sondern hat auch die Fangemeinde entzweit ("we're still fighting over everything you left behind"), etwa entlang der Linien, die Fünfziger von Sechzigern und schließlich Siebzigerjahren trennen. Erst ganz am Ende und in körperlich und gesundheitlich schlechter Verfassung - der Blaupause heutiger Karikaturen - war Presley tatsächlich nur noch ein Schatten seiner Selbst, der dem Publikum die Zeilen, die es hören wollte, angewidert hinrotzte!
"Advertising Space" wirft ein Licht auf die persönlichen Kosten massenhaften Erfolges: Große Stars - auch Robbie Williams - führen ein großteils öffentliches Leben. Es besteht die Gefahr, dass ihnen die Ansichten und Definitionen der Masse bedeutender werden, als die eigene Definition und Kontrolle ihres Lebens - besonders wenn sie sensibel sind. Elvis Presley war ein solcher Mensch. Er wusste, wie weit die leichten Spielfilmchen von denen entfernt waren, die er eigentlich drehen wollte, so dass er sich sogar für sie entschuldigte ("please be gentle, I'm still learning"). Und er war auf tragische und selbstzerstörerische Weise intelligent genug zu erkennen, wie kommerzieller Erfolg nachhaltig der Verfolgung eigener, anspruchsvollerer Interessen den Weg versperren kann, so dass er später sagte: "I'm sick of being Elvis Presley!". Gut zu wissen, dass Robbie Williams, der auch schon in der Krise steckte, in den Grenzen der eigenen "Advertising Space" etwas Freiraum für reflektive Texte gewonnen hat: "The image is one thing - the human being another! ....It's very hard to live up to the image!" Das hat Presley gesagt und Williams verstanden.
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