Altamont 1969 - Mord oder Unfall?

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  • Tafka S.
    Posting-Legende

    • 22.06.2005
    • 9754

    Altamont 1969 - Mord oder Unfall?

    Das verkorkste Wetter heute nahm ich mir zum Anlass, um mal wieder einen Video-Nachmittag zu improvisieren, und dabei war der Schwerpunkt einer der besten Rock-Konzert-Filme, die ich kenne: GIMME SHELTER!
    Dieser dokumentarische Film begleitete die Rolling Stones Ende 1969 (als sie am besten waren! ) on tour und im Studio, doch Dreh- und Angelpunkt war das große Free Concert auf dem Altamont Speedway bei San Francisco, das traurige Bekanntheit erlangte, weil dabei ein farbiger Konzertbesucher vor laufender Kamera zu Tode kam.

    Wer den Film kennt, wird sich an diese Szene erinnern:
    Kaum, dass Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts, Bill Wyman und Mick Taylor mit Under My Thumb fertig sind, rennt ein farbiger Konzertbesucher in einem mintgrünen Anzug und mit einem Revolver in der Hand quer vor der Bühne entlang, während er von einem Hell`s Angel ein Messer in den Rücken bekommt und von der Bühne weg gedrängt wird.
    Die Hell`s Angels waren damals als Security angeheuert worden, um die Massen an Menschen - von barbusig tanzenden Hippie-Mädchen bis zu mit Drogen vollgedröhnten Halbstarken - halbwegs unter Kontrolle zu halten. Hauptsächlich schirmten die Angels (Chapter Frisco) den Bühnenbereich ab, und ihrem Ruf gerecht werdend, kam es während des ganzen Konzertes (u.a. mit Jefferson Airplane und Grateful Dead als Vorprogramm) immer wieder zu Gewalttätigkeiten.

    Im Prinzip sollte dieses Event eine Art Westküsten-Woodstock werden, das diese heute berühmten Three Days Of Peace And Music im August am White Lake bei Bethel, New York, noch übertrumpfen sollte - zumal ja auch die gleichen Leute mit der Logistik beauftragt wurden. Doch statt dessen endete das Open Air-Konzert an der Rennstrecke von Altamont im Dezember 1969 in einer Bluttat. In dem Konzertfilm (1970 uraufgeführt) ist auch die Bestürzung von Mick Jagger festgehalten, als er sich diese mitgefilmten Szenen noch einmal auf einem Monitor ansah.

    An dieser Stelle mal eine Frage an die anderen Stones-Fans hier im Forum: Was meint Ihr dazu, handelte der Hell`s Angel richtig und verhinderte so vielleicht ein Attentat, oder muss man die Messerstiche als kaltblütigen Mord betrachten?
    Zuletzt geändert von Tafka S.; 18.07.2005, 12:01
  • Tafka S.
    Posting-Legende

    • 22.06.2005
    • 9754

    #2
    Der Soundtrack des Films vereint übrigens nicht nur absolute Meilensteine der Bandgeschichte sondern auch meine persönlichen Lieblings-Songs der Stones:

    Jumpin` Jack Flash
    Wild Horses
    Brown Sugar
    Sympathy For The Devil
    Love In Vain
    Street Fighting Man
    Honky Tonk Women
    Gimme Shelter
    u.a.
    Unter Hinzunahme des BEGGARS BANQUET-Albums von 1968, der LET IT BLEED-LP von 1969, dem Brian-Jones-Gedächtnis-Konzert im Londoner Hyde Park (ebenfalls 1969) sowie den Alben GET YER YAYA`S OUT (1970, mit Live-Material von `69), STICKY FINGERS (1971), EXILE ON MAIN STREET (DLP, 1972) und GOATS HEAD SOUP (1973) war dies die ultimative Stones-Zeit, würde ich sagen.
    Auch die 1968 produzierte Fernsehshow THE ROLLING STONES ROCK AND ROLL CIRCUS fällt da mit hinein, obwohl sie nie ausgestrahlt wurde und erst 1995 (!) als Kauf-Video veröffentlicht wurde. Und das trotz so hochkarätiger Gast-Stars wie The Who, Jethro Tull, Eric Clapton oder John Lennon.
    Alle sechs Stones-Songs in der Show sind absolut großartig, vor allem aber NO EXPECTATIONS und YOU CAN`T ALWAYS GET WHAT YOU WANT!
    Zuletzt geändert von Tafka S.; 18.07.2005, 12:33

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    • allerteuerste
      Gehört zum Inventar

      • 27.06.2004
      • 2965

      #3
      da ich den film nicht kenne, kann ich noch kein definitives urteil abgeben.

      klär mich mal auf:

      1) wie nahe stand der hell´s angel, der das messer zückte?
      2) war er nahe genug und hätte den mann auch so überwältigen können? oder einfach wegstoßen?
      3) war der hell´s angel alleine?
      4) stieß er das messer dem mann in den rücken oder warf er es?
      5) wäre es ihm möglich gewesen, den mann nur zu "verwarnen"?
      6) weiß man, was sich vor der messerstoß / -wurf abgespielt hatte?
      7) wurde jemand nach der tat zur rechenschaft gezogen?

      prinzipiell muss, um von MORD zu sprechen, beim täter eine sogenannte TÖTUNGSABSICHT vorliegen, welche außerdem bewiesen werden muss. das ist somit etwas, das der täter ABSICHTLICH und nach VORHERIGER PLANUNG ausführt. alles andere heißt entweder totschlag oder fahrlässige tötung oder unfall oder notwehr oder nothilfe, ...
      "Motorboat! Motorboat! Ruadan tua i nur zur Noat!"

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      • Tafka S.
        Posting-Legende

        • 22.06.2005
        • 9754

        #4
        Verstehe, was Du meinst, Allerteuerste.
        Den Tatvorgang zu analysieren, wäre wohl eher was für einen Kriminalisten, denn in dem Film selbst sieht man von dem Handgemenge nur sehr wenig. Erkennbar ist eigentlich nur, wie der Rocker den Farbigen vor sich her treibt, während er ihm mit einem Messer in den Rücken sticht. Das allein klingt zunächst nach Vorsatz, aber in der Zeitlupe sieht man dann ganz deutlich die Pistole, die der Mann in dem grünen Anzug in Richtung Bühne hält. Das wiederum macht in meinen Augen einen Fall von Vereitelung einer Straftat (= Attentat) daraus.
        Wie es zu all dem kam, wird im Film nicht ersichtlich, auch von irgend welchen Konsequenzen ist im Film selbst keine Rede.
        Aber wie gesagt, der Farbige hatte eine Schusswaffe bei sich, und ob es da sinnvoll gewesen wäre, mit ihm zu diskutieren oder ihn mit bloßen Händen von der Bühne wegzubekommen, würde ich mal bezweifeln. Und obendrein standen sehr viele Konzertbesucher unter dem Einfluss von Drogen. Sogar auf der Bühne, nur wenige Meter von Mick Jagger entfernt, sieht man so einen völlig zugedröhnten vollbärtigen Typen, der auf den ersten Blick wie einer von den Hell`s Angels aussah, doch plötzlich - als die Angels erkennen, dass er nicht dazu gehört, wird er umgehend von der Bühne geworfen, bevor er auf irgend welche Dummheiten kommen konnte.
        Es wäre vielleicht wirklich nützlich, wenn Du Dir diesen Film (der ab und an im Fernsehen wiederholt wird) bei Gelegenheit mal ansiehst...

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        • allerteuerste
          Gehört zum Inventar

          • 27.06.2004
          • 2965

          #5
          nach deiner beschreibung sieht die sachlage etwas deutlicher aus. fürchte nur, zum selbst anschauen werde ich wohl nicht so schnell kommen, da der film mittlerweile doch recht selten zu sehen ist (ehrlich gesagt, ich erblickte ihn noch nie im tv programm).
          "Motorboat! Motorboat! Ruadan tua i nur zur Noat!"

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          • ISI
            Ganz neu hier

            • 16.10.2003
            • 5

            #6
            Zu klären ob Mord oder Unfall wird uns wahrscheinlich nicht gelingen. Obwohl es doch etwas unwahrscheinlich scheint, dass das Opfer zufällig in das Messer (wahrscheinlich wollte sich der Täter gerade ein Butterbrot schmieren) gelaufen ist.
            Fest steht nur, daß mit der Wahl des "Security" Personals - den Hells Angels eine grobe Fehlentscheidung getroffen wurde.
            Fakt ist, daß auch beim Konzert im Hyde Park die Rocker-Gang engagiert wurde, doch die britische Version ist nun mal nicht mit der amerikanischen zu vergleichen. Da herrschen andere Sitten.
            Berichten zufolge gab es bereits im Vorprogramm des Festivals zahlreiche z.T. schwer verletzte Konzertbesucher, welche sich den Unmut der "Aufpasser" zugezogen hatten.
            Beim Konzert selbst war der offensichtlich völlig zugedröhnte Jagger mit den 500.000 Besuchern leicht überfordert. Der Song "Sympathy for the Devil", welcher bekanntlich abgebrochen wurde (nur Keith versucht verbissen weiterzuklimpern) und Under my thumb waren in der bereits äußerst explosiven Atmosphäre nicht gerade passend. So nahm das Schicksal seinen Lauf und die 60er zu Ende.

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            • Tafka S.
              Posting-Legende

              • 22.06.2005
              • 9754

              #7
              Zitat von ISI
              Obwohl es doch etwas unwahrscheinlich scheint, dass das Opfer zufällig in das Messer (wahrscheinlich wollte sich der Täter gerade ein Butterbrot schmieren) gelaufen ist.
              Verstehe, was Du meinst. Aber aus welchem Grund fuchtelte der 18jährige Meredith Hunter in der Nähe der Bühne dann mit einem Revolver herum?
              Dass er auch Hunger hatte und sich mit Waffengewalt das Butterbrot vom Hell`s Angel aneignen wollte, glaube ich weniger...

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              • ISI
                Ganz neu hier

                • 16.10.2003
                • 5

                #8
                Ist auch wahr. Warum, oder ob er wirklich einen Revolver hatte, kann ich nicht sagen. Allerdings hatte er als Schwarzer bei den Hell's sicherlich einen noch schwereren Stand als die weiße Bevölkerung.
                Irgendetwas mit einem von Mr. Hunter umgestürzten Motorrad hab ich auch einmal gehört. Am Film ist jedoch weit und breit nichts davon zu sehen, und ich glaube auch nicht, daß mitten im Publikum ein solches Gefährt geparkt war. Aber bei dem Chao ist sogar das möglich. Siehe nur den Schäferhund mitten auf der Bühne, oder dem netten Herren, der Jagger mitten im Song etwas ins Ohr flüstert.
                Ein trauriges Schauspiel und ein Beispiel, wei man es nicht machen sollte, ist dieses Konzert allemal.
                Bemerkenswert ist noch, dass es trotz diesem Chaos jemand geschafft hat das Konzert aufzunehmen, wenn auch mit miserabler Qualität.

                Hier übrigens das komplette Setlist

                Jumpin' Jack Flash
                Carol
                Sympathy For The Devil (restarted)
                The Sun Is Shining
                Stray Cat Blues
                Love In Vain
                Under My Thumb (restarted)
                Brown Sugar
                Midnight Rambler
                Live With Me
                Gimme Shelter
                Little Queenie
                (I Can't Get No) Satisfaction
                Honky Tonk Woman
                Street Fighting Man
                Zuletzt geändert von ISI; 11.08.2005, 10:34

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                • Tafka S.
                  Posting-Legende

                  • 22.06.2005
                  • 9754

                  #9
                  Hey, ISI, danke für die komplette Setlist der Altamont-Show - die kannte ich noch gar nicht!
                  (The Sun Is Shining ist mir sogar gänzlich unbekannt von den Stones )
                  Um sich aber einen Eindruck über die Aufnahmequalität zu verschaffen, könnte man mal in die Bootleg-CD "The Rolling Stones Live USA" reinhören - da ist zumindest "Under My Thumb" vom 6. Dezember 1969 mit drauf. Ansonsten ist die generell schlechte Klangqualität auf dieser CD (mit verschiedenen Live-Aufnahmen von 1966 bis 1972) echt nervtötend...

                  In dem Film gewinnt man ja den Anschein, dass die Stones nur eine Handvoll Lieder singen, dazwischen mit dem Publikum diskutieren und dann mit dem Helikopter verschwinden. Wie man gegen Ende sehen kann, haben sich jedoch viel zu viele Leute in den Hubschrauber gezwängt, und dass dieser nicht infolge Überladung abstürzte, ist fast ein Wunder. Andernfalls wäre das Free Concert auf dem Altamont Speedway noch im letzten Moment von einer Tragödie überschattet worden.

                  Übrigens ist in dem Film tatsächlich das Aufrichten einer umgekippten Harley mitten im Publikum (in der Nähe der Bühne) zu sehen. Aber wie das passierte, sieht man leider nicht...

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