A BOY AND HIS IDOL

Der vorliegende Artikel erschien erstmals im November 1995 in der Nr. 12 von BIB. Das "Titel"foto sowohl der gedruckten Nr. 12 als auch der vorliegenden On-Line-Ausgabe stammt von Elvis' Konzert in Los Angeles im Herbst 1970 und wurde uns von Tom McAllister zur Verfügung gestellt. Außerdem erinnert er sich kurz, bündig, aber aussagekräftig an jene Momente vor 25 Jahren, die ihn damals bei seiner ersten Elvis-Show zum lebenslangen Fan machten.

Von Tom McAllister

Sechzig Jahre Elvis? Es ist kaum zu glauben. Ich kann mich doch noch so gut erinnern, als ich ihn das erste Mal sah. Das Jahr war 1970 und ich gerade 13 Jahre alt. George Brooks, mein Onkel, war als Cutter beim Film tätig und zwei der Filme, die er bearbeitet hatte, waren Stay Away, Joe und The Trouble With Girls. Im Januar 1970 waren meine Eltern samt ein paar Verwandten in Las Vegas, um Elvis live zu sehen. Sie alle liebten ihn und seine Konzerte. Soweit zu meinem Umfeld, das mich aber nicht im geringsten beeinflußte. Ich war mit meinen 13 Jahren `schwer drauf' bezüglich langhaarigen Rock-Bands und schenkte der Begeisterung meiner Familie ob Elvis wenig bis keine Beachtung. Rund um meinen Geburtstag im September 1970 kamen die Tickets für Elvis' erstes Konzert in Los Angeles in fast anderthalb Jahrzehnten in den Vorverkauf. Er würde am Samstag, den 13. November 1970, im Los Angeles Forum auftreten. Meine Mutter kaufte Karten für mich und sich selbst. Es war mein Geburtstagsgeschenk, doch es war mehr als offensichtlich, an wen sie bei dieser Idee tatsächlich gedacht hatte. In anderen Familien kauft Vati vielleicht eine Eisenbahn für den Sprößling, der sie dann vom ersten Tag an dem Schenkenden überläßt, bei uns waren es Karten für ein Elvis-Konzert. Dabei war es anfangs gar nicht so sicher, ob wir Karten bekämen: Elvis brach alle Rekorde und die für 20:00 Uhr angesetzte Show war innerhalb von 20 Minuten ausverkauft. Flugs wurde eine Nachmittagsvorstellung um 14:00 Uhr vereinbart und dafür ergatterten wir sehr gute Karten. Ich war niemals zuvor bei einem Live-Konzert gewesen, also war ich einigermaßen neugierig. Der große Tag war gekommen. Wir prägten uns alle den Parkplatz unseres Wagens vor dem Forum genau ein und betraten das Gebäude. Wir fanden die größte Menschenansammlung vor, die ich jemals an einem Platz gesehen hatte: beinahe 22000 Besucher waren gekommen. Ich bemerkte, daß auf der einen Seite der Korridore Getränke und Kleinigkeiten wie Popcorn und auf der anderen Seite Elvis-Fotos, Poster und T-Shirts verkauft wurden. Mir war damals vollkommen unverständlich, warum die Warteschlangen bei den Souvenirständen so endlos lang waren und die auf der anderen Seite so kurz. Welcher Wahnsinnige würde denn schon für ein Bild einer wildfremden Person bezahlen? Bald hatten wir unsere Sitze gefunden und hörten zunächst die Sweet Inspirations, auf die das Imperials Quartet folgte. Danach trat Sammy Shore auf, den ich für sehr witzig hielt. Nach seiner Vorstellung ging das Licht wieder an und eine kurze Unterbrechung wurde angekündigt. Während dieser Minuten kamen einige Leute vorbei und teilten Werbeblätter betreffend Elvis-Fanclubs aus, die mich überhaupt nicht interessierten. Ich war zu sehr mit `Leute schauen' beschäftigt, und ich kann allen Lesern versichern, da gab es was zu sehen! Die Bühne wurde in der Zwischenzeit umgebaut und dann kam ein Mann, der ein einsames Mikrofon samt Ständer mitten auf die Bühne stellte. Und das war's dann: Das Publikum wurde unruhig und aufgeregt. Ein paar Schreie erklangen da und dort und binnen Momenten schwoll der Geräuschpegel dramatisch an. Ich selbst konnte nicht begreifen, was all der Aufruhr rund um ein verwaistes Mikrofon bedeuten sollte.



Die Leute eilten hektisch zu ihren Sitzen. Plötzlich erloschen die Lichter im Saal. Die Musik begann zu spielen - jedenfalls wußte ich später, daß es so gewesen sein mußte, aber damals konnte ich keinen Ton davon hören, denn die Schreie brachen von allen Seiten los. Der Lärm war erschreckend und aufregend zugleich. Dann flammte mit einem Mal ein einzelner Scheinwerfer auf und beleuchtete ein Stück gold glänzenden Vorhang an der Seite der Bühne. Ich konnte nicht wissen, daß mir eine Erfahrung, die mein ganzes Leben prägen sollte, unmittelbar bevorstand. Elvis kam zwischen dem Vorhang hervorgerannt und sprang die Stufen zur Bühne hinauf. Die Schreie waren nun ohrenbetäubend und tausende Blitzlichter zerrissen die Dunkelheit im Forum. Es war die aufregendste Sache, die ich jemals erlebt hatte. Er trug einen weißen Jumpsuit mit hohem Kragen und einen fast leuchtend roten, geflochtetenen Gürtel mit Quasten an der linken Seite. Er spazierte zu beiden Rändern der Bühne und stand einfach nur da, das hysterische Publikum mit einem Lächeln begrüßend. Das alles war wie ein Erdbeben; mein Herz klopfte unwillkürlich rasend schnell, mein Adrenalinspiegel schoß wie eine Apollo-Rakete in die Höhe. Charlie Hodge gab Elvis seine Gitarre und er eröffnete die Vorstellung mit That's All Right und I Got A Woman.



Er gab die kaum benutzte Gitarre zurück und ging singend auf der Bühne herum. Aus jeder Richtung, in die er sich wandte, flutete eine Woge von Rufen und Schreien und tagehelle Wand aus Blitzlichtgewitter. Inmitten all dem drehte er sich plötzlich nach links, ließ sich auf ein Knie fallen, streckte eine Hand hoch - und schrie Hound Dog mit all der urwüchsigen Kraft des Rock'n'Roll hinaus - das ist genau der Moment, indem das Foto (Titelseite dieses BIB) entstand. Er sang auch Polk Salad Annie, komplett mit den Karatebewegungen und -hieben. Sein Repertoire bestand nicht nur aus vielen seiner alten Hits, sondern auch neue wie You Don't Have To Say You Love Me und The Wonder Of You waren vertreten. Nach etwa 55 Minuten bedankte sich Elvis, verwies kurz auf die Abendvorstellung um 8:00 Uhr und stimmte Can't Help Falling In Love an. Das ganze Publikum schien aus seinen Sitzen zu springen und nach vorne zur Bühne zu drängen, um einen letzten Blick aus der Nähe auf ihn werfen zu können. Die Sicherheitsbeamten waren im Nu überannt. Elvis beendete Lied und Konzert auf einem Knie, beide Arme weit ausgestreckt. Als er die Massen sah, die sich vor der Bühne drängten, sprang er auf und rannte durch den Vorhang hinaus - und war verschwunden. Ein Mann kam auf die Bühne und verkündete, daß Elvis das Gebäude bereits verlassen hatte. Die Menge rief "We want Elvis!" ohne jeden Erfolg. Ich selbst war wie hypnotisiert. Nachdem der letzte Ton verklungen war, kroch ich zwischen den Sitzen herum und sammelte all die Flugblätter der Elvis-Fanclubs auf und beeilte mich dann zu den Souvenirständen, um jedes verfügbare Foto, Poster und T-Shirt zu kaufen. Als wir beim Forum angekommen waren, war es taghell gewesen, jetzt beim Verlassen war es bereits dämmrig. Wir waren so entrückt von dem Konzert, das keiner von uns sich erinnern konnte, wo wir das Auto geparkt hatten. Unser Problem wurde durch den Umstand, daß die Parkplätze kreisförmig rund um das Forum angeordnet waren, nicht gerade kleiner, also mußten wir abwarten, bis beinahe alle anderen weggefahren waren, ehe wir unseren Wagen entdeckten. Kaum notwendig zu erwähnen, aber von diesem Tag an war Elvis mein Idol. Mein Leben bestand daraus, seine Tourneen zu verfolgen, Fotos und Filme zu machen und alles verfügbare zu sammeln. Ich war damals Kinderschauspieler und drehte zu der Zeit mit Dustin Hoffman bei MGM. Die Gelegenheit war günstig und ich freundete mich mit einigen Leuten dort an und bekam auch tatsächlich ein halbes Dutzend unveröffentlichter Fotos von den Dreharbeiten von That's The Way It Is geschenkt. Mit diesen Fotos eröffnete ich eine Art Foto-Club und biete nunmehr seit über 24 Jahren allen interessierten Fans die Bilder, die ich gemacht habe, an. Wer sich für eine Liste der zur Verfügung stehenden Fotos interessiert, möge sich bitte an die untenstehende Adresse wenden!



Bitte schreiben Sie in englisch und legen Sie einen Internationalen Antwortschein (gibt's auf jedem Postamt) oder einen US-Dollar in bar bei:
Tom McAllister, 5831 Trapper Trail , Anaheim, CA 92807-4708, USA

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__Elvis - Artist Of The Century__