Da ich den Thread nur am Rande verfolgt habe, weiß ich nicht, ob das hier schon einmal gepostet wurde:
Zitat:
Die Gesangsleistungen der "DSDS"-Kandidaten sind bestenfalls noch Nebensache - das war in dieser Staffel früh erkennbar. Es ging darum, Typen zu erschaffen, die das Publikum lieben und hassen kann. Typen, die für ein boulevardeskes Schmierentheater taugen. Typen, ohne die mittlerweile nicht nur keine Dailysoap mehr auskommt, sondern auch keine Castingshow und kein "Reality"-Format. Die Meisterleistung dieses "Frankenstein"-Fernsehens: Die Figur des "blonden Gifts" Annemarie, dargestellt von einer anfangs verhaltensunauffälligen jungen Frau, die in perfekter Cross-Promotion von "BILD"-Zeitung und RTL in diese Rolle gezerrt wurde.
Es liegt wohl an den glänzenden Quoten von DSDS, dass RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger auf einer Tagung am Wochenende in Köln in ungewohnt offener Form zugab, DSDS sei in diesem Jahr ganz bewusst als "Daily Soap" konzipiert worden. Man habe stark den Soap-Charakter herausgearbeitet, wird er bei "DWDL" zitiert: "Danach haben wir dann die Kandidaten ausgesucht. Da mache ich überhaupt keinen Hehl draus. Die Vision war schon, eine junge Schlagersängerin zu haben, wenn wir sie finden. Die Vision war schon, einen Forrest Gump-Typen am Piano zu finden." Man habe gezielt nach solchen Typen gesucht.
Auch wenn Sänger das offenbar für visionäres Fernsehen hält, ist erstens die konzeptionelle Richtung keineswegs neu, zweitens die Entwicklung sehr bedenklich. In immer mehr Formaten rückt die mehr oder weniger heimliche Inszenierung zunehmend in den Mittelpunkt. Für den Großteil der Zuschauer sind Realität und Fiktion nicht mehr auseinander zu halten - das Publikum wird manipuliert. Manche Reality-Formate im Nachmittagsprogramm setzen inzwischen Laienschauspieler ein. In Casting-Formaten werden die in der Regel jungen und medienunerfahrenen Kandidaten bewusst verheizt, werden von einem angestachelten Publikum nach "Brot & Spiele"-Manier bisweilen gnadenlos niedergebuht.
DSDS unterscheidet sich damit nur noch durch die handwerkliche Perfektion von Formaten wie "Big Brother", die im Grunde dem gleichen Konzept folgen. Auch bei RTL II erklärte der damalige Programmdirektor Axel Kühn - sogar schon vor dem Start der aktuellen BB-Staffel - "Big Brother" sei inzwischen als "Daily Soap" konzipiert. Das Casting, die Bildauswahl, die Aktivitäten mit den Bewohnern werden nach klassischen Daily-Soap-Situationen ausgerichtet, die Kandidaten in bestimmte Rollen gedrängt. Authentisch ist hier gar nichts mehr. In dieser Woche wurde dem Publikum beispielsweise eine mit Hilfe der Bewohner inszenierte Hypnoseshow als Wahrheit verkauft.
Doch ein Fernsehmacher wie Tom Sänger ist weit davon entfernt, die zunehmende Verdrängung der Realität zugunsten soaporientierter Klischeebilder auch nur ansatzweise bedenklich zu finden, denn es zählt in der Branche einzig und allein der Marktanteil, und der ist bei DSDS mit 30% gewaltig. Sänger: "Zehn nett aussehende, nett singende, sich nett behandelnde Konkurrenten wär die Entdeckung der Langeweile. Das ist nicht die Vision, die ich von einem Fernsehprogramm habe. Das ist dann ein schöner Musikwettbewerb, den kann man aber woanders machen und wahrscheinlich auch nicht mit 30 Prozent".
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Mehr gibt es eigentlich dazu nicht zu sagen. An der Show ist nichts mehr echt, gar nichts.
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