Donnerstag, 11. Oktober 1956.
Elvis tritt in der Cotton Bowl in Dallas, Texas, vor rund 26.500 Gästen auf – diesen persönlichen Rekord wird er erst 1970 brechen.
Die Szenen, die sich an diesem Abend abspielen, spotten jeder Beschreibung. Aus ganz Texas und von noch weiter her sind die Teenager angereist, um den Star zu erleben. Und sie alle lassen sich freiwillig in der Cotton Bowl einpferchen – die emotionale Sprengkraft ist gewaltig. Hier darf nichts schief gehen, sonst endet die Show in einem Massaker sondergleichen, das Elvis Presleys Karriere beendet, ihm aber eine zweifelhafte Fußnote in den Geschichtsbüchern gesichert hätte.
Die Arena ist so groß, dass man zwei- oder dreimal hinschauen muss, um zu erkennen, wer da unten gerade die Bühne betritt. Ein paarmal nähern sich Gestalten, doch das sich anbahnende Geschrei erstickt im Keim, als die Zuschauer erkennen, dass Elvis noch nicht darunter ist.
Doch dann kommt er aus dem Tunnel … Wer in diesem Augenblick draußen vor der Cotton Bowl steht und nur den einmütigen Schrei aus 26.500 Kehlen hört, muss denken, hinter ihm stürzt ein Flugzeug ab oder die befürchtete sowjetische Invasion hat begonnen!
Elvis legt sich sofort ins Zeug und der Stimmenterror schwillt noch einmal an. Er legt sich eine Hand hinters Ohr, um die Musik besser hören zu können, doch vergeblich. Die Geräuschkulisse der Fans übertönt alles. Die nächste halbe Stunde singt Elvis seine Lieder, ohne seine Stimme wahrnehmen zu können. Die Band spielt mit – doch was? Es ist fraglich, ob in diesen Minuten wirklich ein Konzert gegeben wird, oder ob die Elvis Presley-Show sich dem Tumult auf den Tribünen anpasst und im musikalischen Chaos versinkt.
Am Schluss wird Elvis seinen „Hound Dog“ gesungen haben – zumindest springt er gegen Ende von der Bühne und beendet auf dem Rasen kniend und liegend sein Konzert, bevor er schleunigst wieder im Tunnel verschwindet und sich aus dem Staub macht. Das unglaubliche Geschrei wegen seiner leibhaftigen Gegenwart geht nahtlos in ein unglaubliches Geschrei wegen seiner erschreckenden Abwesenheit über. Die Show ist tatsächlich nach noch nicht mal einer dreiviertel Stunde vorüber, der Star kehrt nicht zurück, gibt keine Zugabe.
Irgendwie scheint es gelungen zu sein, den Cotton Bowl ohne nennenswerte Zwischenfälle zu räumen, doch sollen die ganze Nacht über Jugendliche durch die Stadt von Hotel zu Hotel gezogen sein – auf der vergeblichen Suche nach ihrem Idol.
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