Review "Bringing It All Back Home"
Review "Bringing It All Back Home"
Jetzt ist die zweite Veröffentlichung des vergleichsweise neuen Labels Venus Productions - nach "Black Angels In Vegas" - erschienen. Eine Klippe hat man im Vorfeld auf alle Fälle schon umschifft: gab es bei der ersten VÖ noch Diskussionen über den Sinn/Unsinn des Titels hat man dieses Mal alles richtig gemacht. Der Titel ist stimmig und hat sogar die "medizinische Fraktion" (aka Dr. Carpenter) des FECC-Boards überzeugt.
Das Set beinhaltet wie nunmehr hinlänglich bekannt zwei Memphis-Konzerte. Zum einen die Nachmittagsshow vom 16. März 1974 und das Abschlusskonzert der Mai/Juni-Tour 1975 vom 10. Juni. Beide Konzerte sind vormals durch das Label Rock Legends (Konzert 1974) und vom Label DAE (Konzert 1975) veröffentlicht worden. Besonders Ersteres ist schwer zu bekommen und sollte vor allem die, die das Original nicht bekommen konnten frohlocken lassen. Zudem ist die Soundqualität exzellent. Zweiteres gehört - vor allem wegen seines sehr guten Klangbildes - zu den beliebtesten Bootleg-Veröffentlichungen von Elvis überhaupt.
Es handelt sich bei dem neuen Release bei beiden Aufnahmen laut Ankündigung um neue Sourcen. Im Falle des '75er Konzerts eine Aussage, die schnell überprüfbar ist, hatte die VÖ von DAE doch erheblich Reverb, dass sich nachträglich nicht wieder entfernen lässt. Die Venus Version enthält - das vorab - keine künstlichen Echoeffekte, sondern ein trockeneres Klangbild und ist damit zweifelsfrei eine neue/ andere Source. Mir persönlich gefällt diese Variante erheblich besser, zumal DAE für meinen Geschmack zu viel Reverb hinzugefügt hatte. Der Sound ist sehr klar und anders als - teils auf anderen Foren behauptet - nicht flach, sondern natürlich, gut ausbalanciert und druckvoll. Bei entsprechender Lautstärke klingt das Ganze enorm beeindruckend.
Nur nebenbei: ich kann mich noch an Diskussionen betreffend eines Releases von Madison und LMP erinnern (beinhalteten beide die ES vom 8. Juni 1975), wo die Madison-Jünger praktisch Amok gelaufen sind, dass das Parallel-Produkt zu künstlich klang im Vergleich zur Madison CD. Jetzt erhält man ein Konzert ohne künstlich klingende Effekte und die Diskussion geht in die entgegen gesetzte Richtung. Auch bei der FTD-VÖ des Memphis-Konzerts vom 20. März waren sich sehr viele einig, dass zuviel Reverb nicht gut klingt und FTD das Teil verhunzt hat. Wie man es macht in der Elvis-Szenerie, macht man es falsch. Einigen kann man es eben nicht Recht machen.
Das Konzert selbst beinhaltet meines Erachtens die definitive Live-Version von "Fairytale" und neben anderen guten Vorträgen auch eine sehr gute Version von "Burning Love". Insgesamt ist es eines der besten Konzerte der mittlerweile nahezu komplett in Soundboard-Qualität erhältlichen Mai/Juni-Tour 1975. Presley ist stimmlich in absoluter Top-Form und liefert eine sehr gute Show. Wie nicht anders zu erwarten, ist auch dieses Konzert nicht komplett vom 10. Juni. Die letzten 30 Sekunden von "American Trilogy" sind - wie auch die beiden letzten Tracks - vom Konzert tags zuvor in Jackson, MS. Etwaige Fehler bei den Übergängen oder in der Soundqualität sind nicht zu hören. Selbiges Stück ist überdies als kompletter Song als Bonus-Track mit auf der CD enthalten.
Der Sound des '74er Soundboards gilt in Sammlerkreisen als eines der Bestklingenden überhaupt. Ein Re-Release dieses Soundboards kann daher nicht um Welten besser klingen, aber hörbar besser ist die VÖ von Venus trotzdem. Bekannt ist die Aufnahme auch durch die lässige Begrüßung des Publikums seitens Elvis mit "Hello Memphis". Die Aufnahme selbst stellt die eigentliche musikalische Live-Rückkehr nach Memphis nach 14 Jahren dar.
Extrem druckvoll und klanglich nahe an einer offiziellen Veröffentlichung, ist es eine Wonne Elvis singen zu hören. Meines Erachtens ist die März-Tour 1974 ohnehin eine der besten Touren von Presley überhaupt. Das Konzert unterstützt die These eindrucksvoll. Presley singt (fast durchgängig) überwältigend gut. Highlights sind für mich "Trying To Get To You", "Steamroller Blues" (persönliche Lieblingsversion), eine komplette Version von "Johnny B. Goode", "I Can't Stop Loving You" und "American Trilogy". Elvis ist extrem gut bei Stimme und er lässt es hören. Klasse Konzert in unfassbar guter Soundqualität!
Wie bei der ersten Veröffentlichung ist das "BlueRay" ähnliche Format für das Buch beibehalten worden. Der Umfang hat jedoch erheblich zugelegt. Aufgeteilt ist das Buch in fünf Kapitel. Die ersten vier beschäftigen sich wechselweise zunächst mit der März Tour 1974 im Allgemeinen und dann mit einer Konzertbesprechung vom 16. März selbst. Ergänzt wird das Ganze durch einen Reprint eines Zeitungsberichts vom "The Commercial Appeal" vom 17. März 1974. In gleicher Weise ist man mit dem 1975er Konzert verfahren. Zunächst Allgemeines zur Mai/ Juni-Tour 1975 und anschließend Konzertbesprechung vom 10. Juni. Abgerundet wird auch dieser Teil mit einem Reprint eines Zeitungsberichts aus dem Memphis Press-Scimitar vom 11. Juni 1975.
Das fünfte Kapitel ist ein "Pictural Essay" mit ausschließlich ganz- bzw. zweiseitigen Bildern in großteils sehr guter Qualität von der Mai/Juni-Tour 1975. Darunter sind neben durchaus bekannten Bildern (wie könnte es anders sein) auch etliche, die - zumindest - ich, als Bildersammler, noch nirgends gesehen habe. Fanatischere Bildersammler werden hinterher wieder sagen, dass sie jedes Bild kannten, aber ich bin sicher, dass die Allerwenigsten bereits alle kennen und ganz sicher nicht in dieser Qualität.
Die sehr gute Druckqualität und die Wertigkeit des Buches wissen ebenso zu überzeugen. Alles in allem kann man sagen, dass die Aufmachung in dieser Form ihresgleichen sucht!
For the record: Ich kann Kritik an dieser Art von Veröffentlichungen nicht nachvollziehen. ich betrachte mich als Bootleg-Sammler und als solcher möchte ich nicht nur alles haben, sondern vor allem alles in bester oder aber außergewöhnlicher Form haben. Das ist mit einem Release wie "Bringing It All Back Home" in beiden Fällen geboten. Weil das so selten passiert, freue ich mich über ein solches Release enorm. Mal schauen, was Venus als Nächstes veröffentlicht. Denke, man darf gespannt sein.
Jörn
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